Die Zeit der schweren Bratengerichte ist vorbei. Zum Start in den Frühling zaubert Küchenchef  NILS-KIM PORRU seinen Gästen feine Menüs mit Wolfsbarsch, Heilbutt und Seeteufel auf den Teller.

„Fisch muss nach Meer duften“, sagt Nils-Kim Porru und bekommt glänzende Augen. „Ein wunderbares Essen fürs Frühjahr, wenn man die schweren Gans- und Kohlgerichte gern durch etwas Leichteres ersetzen möchte.“ Sein Favorit ist der Weiße Heilbutt, für den sich der Küchenchef des Business Club Hamburg eine feine Zubereitung ausgedacht hat. Der Fisch ist ein Alleskönner. Er schmeckt gleich gut, egal welche Verwendung man vorhat. Man kann ihn braten, dünsten, kochen, pochieren – immer schmeckt er vorzüglich. Geadelt wird er durch beste Zutaten. Porru hat sich für Morcheln entschieden.

Wenn der Koch vom Duft nach Meer spricht, hat er schon ein wesentliches Kriterium dafür genannt, wie man die Frische eines Fisches erkennt. Er darf nicht „fischig“ riechen. Die Augen müssen möglichst klar sein, die Kiemen innen frisch rot und beim Druck auf das Fleisch soll es sich fest und elastisch anfühlen, nicht weich nachgeben. „Kauft man ein Filet, wird es natürlich schwierig, die Frische zu erkennen. Ein gutes Fischgeschäft ist zu empfehlen.“ Der alteingesessene Fischhandel H. D. Petersen am St. Pauli Fischmarkt ist der Lieferant von Porrus Vertrauen.

„Da haben wir es gut in Hamburg. Durch die Nähe des Meeres gibt es hier immer exzellenten Fisch.“ Er hat in seiner Karriere gern mit Fisch gearbeitet, war in Amerika Chefpoissonier in einem Restaurant. „Es ist ein anspruchsvolles Produkt. Fisch verdirbt schnell und muss präzise verarbeitet werden. Schneidet man ihn, vielleicht noch mit einem falschen Messer, gegen die Struktur, fällt er auseinander, ist zwar essbar, aber Gästen nicht mehr anzubieten.“ Porru ist auch sensibel gegenüber der Art der Fischerei. „Ich kaufe der Nachhaltigkeit wegen nur Fische, deren Art nicht bedroht ist. Sie tragen ein Siegel, auf das ich achte. Fische aus Aquakultur sind nicht schlechter als wild gefangene, die meist teurer sind. Züchtung hilft, die weltweit riesige Nachfrage zu befriedigen. Bei der Qualität hat sich in letzter Zeit viel verbessert.“

Der Heilbutt ist einer seiner Lieblingsfische neben Loup de Mer (Wolfsbarsch) und Seeteufel. „Das sind so schöne, große Fische.“ Aber auch Aale mag er. „Mit Schwarzbrot und Rührei.“ Er sagt das so verträumt, dass einem beim Zuhören das Wasser im Mund zusammenläuft. „Oder gefüllte Sardinen. Rochen, kurz gebraten, mit Senf bestreichen, ein wenig Panade und dann unterm Salamander garen lassen.“ Die Geschmacks- Fantasie im Mund des Zuhörers wechselt immer schneller. „Seezunge – im Ganzen gebraten. Oder mit Kartoffelpüree zwischen den Filets. Dazu Artischocken-Chips, Nussbutter und grüner Spargel. Oder Blattspinat.“ Das ist natürlich nichts für ein Club-Mittagessen. Aber wer eine Veranstaltung plant für Gäste, hat in Porru den richtigen Ansprechpartner.

Dann serviert er auch mit Vorliebe Schalentiere, Hummer, Langusten, Langustinos, Kaisergranat. Die hat er bei einem anderen Job in Dubai gern verarbeitet, „gekocht, gebraten, lauwarm oder kalt“. Begleitet von Avocado, Lauch und Chili zu Mayonnaise, geröstetem Quinoa, einer alten Reissorte. „Ebenso wie Thunfisch sollten auch die Schalentiere innen noch etwas glasig sein. Auch Lachs kann innen gern noch einen roten Kern haben. Dann schmeckt er einfach besser, als wenn alles gleichmäßig durchgegart ist.“ Aber Porru freut sich auch schon wieder auf die Schollen-Zeit. „Das ist etwas Bodenständiges. Dazu Speckstippe, Kräuterkartoffeln und ein kleiner Salat. Das ideale Gericht für die Terrasse.“ Seine Gäste werden nicht darben müssen.

Mann, ist der groß: Der Heilbutt bringt rund 20 Kilogramm auf die Waage. Bei der Verarbeitung werden zuerst die Bäckchen gelöst, dann trennt der Chefkoch die vier Filets von der Hauptgräte heraus. Am Ende zeigt Porru das feine, weiße Filetstück, das er für sein Menü verwendet.

Aber jetzt steht der Weiße Heilbutt an. Er ist ein Plattfisch aus der Familie der Schollen, nicht der Butte, und von enormer Größe. Er kann bis zu drei Meter lang und 400 Kilo schwer werden in einem Lebensalter bis zu 50 Jahren. Aber das sind Ausnahmen. Sein Lebensraum ist der kühle Ostatlantik, in Norwegen hat er große Bedeutung, auch als Wappentier. Heute kommen die Fische in der Regel aus der Zucht, sind drei bis vier Jahre alt und werden bis zu sieben Kilo schwer. In dieser Größe schmecken sie am besten.

Weißer Heilbutt ist ein Edelfisch und nicht billig. Das Fleisch zwischen der oliv-grauen Ober- und der weißlichen Bauchseite ist fest und weiß, der Geschmack sanft und dennoch ausdrucksvoll. „Man darf den schönen Eigengeschmack nicht überlagern mit zu viel Kräutern oder Gewürzen“, warnt Porru. Er brät ihn sanft in der Pfanne („Keine Schwanzstücke nehmen!“) mit etwas Thymian und einer angedrückten Knoblauchzehe, gibt beim Backen im Ofen noch ein Zweiglein Thymian dazu. Den Rest macht die Morchelsoße.

Sie vollendet das feine Fisch-Aroma. Die Pilze müssen sehr gut gewaschen sein, sonst knirscht es. Sie werden gebraten mit angeschwitzten Schalotten, gewürzt mit Salz, Pfeffer und etwas klein geschnittenem Knoblauch, mit Sherry abgelöscht, in Geflügelfond und Sahne geköchelt und mit Streifchen glatter Petersilie verfeinert. Dazu gibt es Erbsen, Speck und Kräutergnocchi. „Die Gäste sollen ja bei all dem Gesunden des Fisches – er hat reichlich Omega-3-Fettsäuren – auch satt werden.“ Porru zwinkert ein bisschen.

Und was macht der Fischexperte, wenn seine Küche kalt bleibt? „Manchmal gehe ich an einen Forellenteich in der Nähe von Hamburg zum Angeln. Das ist wunderbar zum Runterkommen.“ So kann man sich seine Fische auch selbst besorgen.

Text: Gisela Reiners Fotos: Martina van Kann

Gisela Reiners, früher Politikchefin bei der Tageszeitung „Die Welt“, schreibt heute als freie Autorin über ihre Leidenschaften Stil, Design und Kulinarik.