MARKUS SCHÖTTL spielt im Mehr!Theater den Zauberlehrling aus J. K. Rowlings Welterfolg. Beim Treffen mit dem österreichischen Schauspieler lüftete Chefkoch Nils-Kim Porru sein Geheimnis köstlich schmeckender Eggs Benedict auf English Muffins.

Küchenchef Nils-Kim Porru tuschelt beim Termin mit Markus Schöttl im Foyer des Mehr!Theaters am Großmarkt. Der Darsteller des „Harry Potter“, ein küchenaffiner Österreicher, lauscht aufmerksam dem Geheimnis: „63 Grad“ hört man nur, „darf nicht kochen“ und „Schuss Essig“. Was einem nicht gerade das Wasser unter die Zunge treibt, sollen Teile eines geheimnisvollen Rezepts sein. Eines Rezepts für Eggs Benedict, eine Eierspeise, wohl erfunden in den USA, aber auch beliebt im Lande Harry Potters und zubereitet mit sogenannten English Muffins. „Ich wollte etwas servieren, das ein bisschen zum Theaterstück passt“, sagt Nils-Kim Porru. Seit Herbst 2021 läuft hier das Stück „Harry Potter und das verwunschene Kind“, inspiriert von den berühmten Romanen der Britin J. K. Rowling. Markus Schöttl spielt die Hauptrolle, den erwachsenen Zauberer Harry Potter.

English Muffins also. Keine kleinen Kuchen im Papiermantel, sondern etwa handtellergroße, flache weiche, Hefebrötchen, oft aus Sauerteig. Sie werden im Vereinigten Königreich gern zum Frühstück gegessen, in der Mitte durchgeschnitten und getoastet. Für die Eier Benedikt – auch eine Schreibweise – dient eine Muffin-Hälfte als Unterlage. Sie wird getoastet, mit Butter bestrichen und dann mit allerlei Leckereien belegt: auf gedünsteten Spinat kommt eine Scheibe gekochter Schinken, darauf ein frisch pochiertes Ei und darüber ein ordentlicher Schubs Hollandaise, eine köstliche Soße aus Eigelben und viel Butter. Zur Abrundung hat Porru noch ein paar Streifen gebratenen Bacon mitgebracht und als Farbtupfer etwas Erbsenkresse. „Schnittlauch passt auch“, sagt der Küchenchef.

Markus Schöttl gesteht, dass er gern isst und auch selbst kocht – was man seinem schmalen Körper nicht ansieht. Er stammt aus der Nähe von Klagenfurt in Kärnten, von wo aus es nicht weit ist ins Land der Pasta-Träume, Italien. Aber auch die Küche seines Landes ist nicht gerade etwas für Diätkuren. Gegen die Kalorien fährt er überall mit dem Rad hin und nutzt das anderthalbstündige Aufwärmtraining vor jeder Aufführung intensiv.

Schöttls Lieblingsspeise sind Kletzennudeln, Teigtaschen von ordentlicher Größe, etwa wie schwäbische Maultaschen. Sie werden gefüllt mit einer Mischung aus gedörrten ganzen Birnen, die über Nacht eingeweicht und später püriert werden, Topfen, einer Art Quark, und Zucker, eventuell auch Zimt. Die Füllung kommt auf dünn ausgerollte kreisrunde Teigstücke, die man in der Mitte überschlägt und den Rand mit einem festen Griff von Daumen und Zeigefinger einmal umdreht, um die Füllung am Auslaufen zu hindern. Diesen Dreh, der den Rand am Ende wie hübsch geflochten aussehen lässt, nennt man krendeln und er erfordert eine gewisse Fingerfertigkeit. „Ich kann es nicht“, bekennt Schöttl. „Die Oma, die es konnte, starb leider, bevor sie es mir beibringen konnte.“ Er bekommt die Kletzennudeln manchmal von Freunden aus der Heimat mitgebracht. Sie werden in siedendem Wasser gegart, und dann mit geschmolzener Butter übergossen.

Es gab auch noch eine Oma in Wien. Mit der hatte er eine erste Begegnung mit Harry Potters Metier: der Zauberei. „Als Kind nahm sie mich mit in einen bekannten Laden, in dem Zauberartikel verkauft wurden. Die Tricks wurden einem vorgeführt, wenn man ernsthaft etwas kaufen wollte. Aber die Oma war sehr gewitzt und flüsterte mir manchmal zu, dass sie irgendein Zubehör auch selber herstellen konnte. So ein Besuch war immer spannend.“

Spannend ist es auch in „Harry Potter und das verwunschene Kind“, denn es spielt rund 15 Jahre nach Erscheinen des letzten Buches. Harry Potter ist mit Ginny, geborene Weasley, verheiratet und hat drei Schulkinder. Das Jüngste, Albus Severus, hat sich im Zauberer-Internat Hogwarts ärgerlicherweise mit Scorpius, dem Sohn von Potters ehemaligem Erzfeind Malfoy verbündet und stiftet Unruhe. Als es aber gefährlich wird durch die Verbrüderung mit den dunklen Mächten, muss Vater Harry zusammen mit den alten Freunden Ron und Hermine doch noch einmal die Welt retten.

Ursprünglich wurde das Stück, geschrieben von Jack Thorne nach einer Geschichte von J.K. Rowling und John Tiffany, in zwei Teilen gezeigt. Aber das, was seit der Uraufführung 2016 im Londoner Westend, später in New York, Melbourne und San Francisco gut lief, wurde für Hamburg in Nach-Corona-Zeiten umgeschrieben und ist nun als Einteiler zu sehen. 35 Mitwirkende sind an der Aufführung beteiligt. Gecastet wurden sie aus 3000 Bewerbern, darunter der vielseitige Markus Schöttl. Der Elementarpädagoge hatte sich mit der Erziehung kleiner Kinder beschäftigt, ehe er ans Wiener Konservatorium wechselte, und fast 20 Jahre als Musical- und Theaterschauspieler in Österreich und Deutschland sowie als Synchronsprecher arbeitete. Doch „Harry Potter“ ist ein Theaterstück, bei dem Schöttls Bariton nicht gefragt ist, ebenso wenig wie seine Stepptanzfähigkeiten.

In Hamburg hat er sich, trotz der Premierenstartverschiebung auf Herbst 2021 durch die Pandemie, gut eingelebt. Beim Wohnen sei er „aufgestiegen“, grinst Schöttl. Anfangs habe er in Hamm gewohnt, dann in einer „abgelebten“ Wohnung aus den 60er Jahren am Fischmarkt. Nun ist er an der Grenze
zwischen Hohenfelde und dem edlen Uhlenhorst gelandet. Bleibt zu klären, was zu Beginn des Treffens getuschelt wurde. Der Koch lüftet das Geheimnis, wie ein pochiertes Ei sicher gelingt: „Ganz einfach! Das Ei wird mit Schale bei konstant 63 Grad Wassertemperatur 90 Minuten erwärmt.
Nach dem Abkühlen, am besten über Nacht im Kühlschrank, wird es vorsichtig gepellt, auf ein Sieb gelegt und in nicht mehr kochendem Wasser, mit einem Schuss Essig darin und zu einem leichten Strudel gerührt, pochiert.“ Was Profiköche so „einfach“ nennen! „Doch, wirklich! So habe ich 60 Eier als Einlage für eine Entensuppe für chinesische Gäste zubereitet.“ Echt einfach ….

Markus Schöttl wurde vor 43 Jahren in der Nähe von Klagenfurt am Wörthersee geboren. Der Schauspieler spielt am Mehr!Theater die Hauptrolle in „Harry Potter und das verwunschene Kind“. Nach dem Studium der Elementarpädagogik wechselte Schöttl ans Konservatorium, wurde bald Mitglied im Ensemble des berühmten Theaters in der Josefstadt. Er singt, steppt, spielt Gitarre und Querflöte. Als Ausgleich zum anstrengenden Bühnenjob wurde er zum passionierten Radfahrer. Der Vertrag als Harry-Potter-Darsteller läuft bis Mitte 2023.

 

Text: Gisela Reiners Fotos: Martina van Kann