Gute Nachrichten für Manager: Wer regelmäßig Golf spielt, wird nicht nur im Spiel, sondern auch im Business besser.

Der Weg zum Ziel ist von Hindernissen verstellt: Stuhlbeine, Schreibtischbeine, Computer-, Telefon- und Elektrokabel sowie ein großer Konferenztisch müssen fehlerfrei passiert werden. Erst wenn alles gut gegangen ist, fällt der weiße Ball in ein kleines metallenes Loch und es macht leise „plopp“.

Golf goes Office. Alle zwei Monate treffen sich Hamburger Geschäftsleute aus verschiedenen Branchen zu einer neuen Art des Freizeitvergnügens – Bürogolf. In Online-Netzwerken diskutieren sie, verabreden sich und finden Kontakt zu anderen Interessierten. Und dann geht’s los: Banker, Juristen, Werber – wer etwas auf sich hält, schlägt ab. Und ist stolz drauf, ein Golfer zu sein.

Denn egal ob beim Bürogolf oder bei der echten Variante auf Fairways und Grüns – als erfolgreicher Manager muss man sich heutzutage nicht mehr schämen, seine Freizeit auf dem Golfplatz zu verbringen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass Unternehmenslenker, die in ihrer Freizeit Golf spielen, den besseren Job machen. Amerikanische Forscher etwa fanden heraus, dass Konzerne, deren CEO’s Golfspieler sind, eine signifikant bessere Performance auf dem Börsenparkett abliefern als Unternehmen mit Golfmuffeln an der Spitze.

Denn Manager, die Golf spielen, erwerben Kompetenzen, die sie im Job effizienter und erfolgreicher machen. 88 Prozent der Teilnehmer einer Untersuchung der Business School Lausanne, die ein Manager- Golfcoaching über drei Jahre absolvierten, bestätigten einen deutlichen Fortschritt ihrer Leistungsfähigkeit gerade auf Berufsebene. Damit wurde bewiesen, dass zwischen Golf und Management echte Parallelen bestehen in Bezug auf Entscheidungsprozesse, Zielsetzungen, Verhandlungen, Einfallsreichtum, Offenheit für Veränderungen, Planung und Umsetzung von Strategien.

Auch Ron Last, Sohn der Musiklegende James Last und Life-Business-Sportcoach in Hamburg, zieht erstaunliche Parallelen zwischen Golfplatz und Chefbüro. „Ob Golfschlag oder wichtiger Auftritt im Job – beide müssen sauber vorbereitet und durchgeführt werden“, weiß Last. „Wenn im Business ein Deal gut geplant wird, dann steigen die Erfolgsaussichten. So ist es auch bei einem Golfschlag.“ Viele Jahre arbeitete Last als Musikproduzent mit seinem Vater zusammen und coachte Musiker, um sie zu Topleistungen zu bringen. Golf spielt der 53-Jährige auch selbst, sein Handicap: 3. Früher, während seiner Zeit in den USA, brachte er es sogar auf Handicap +1.

Als Businesscoach hilft er heute Managern, entscheidungssicherer zu werden. „Beim Golf erfahre ich, wie ich mit kniffligen Situationen umgehe. Wähle ich den riskanten Schlag oder gehe ich lieber auf Nummer sicher?“ Golf hat für Führungskräfte, meint Last, großes Potenzial zur Selbsterkenntnis, weil „ich mich auf einer Runde mit 18 Löchern in vier Stunden gefühlte tausendmal mit mir auseinandersetzen muss“.

Für Last ist Golf auch ein „Instrument, um andere besser einzuschätzen“. Wie jemand auf Druck reagiert, wie mit eigenen Fehlern umgeht – eine Partie Golf bringt die Wahrheit schnell ans Licht. „Wenn man sich auf neue Geschäftspartner einlässt oder eine wichtige Stelle besetzt, sollte man vorher eine Runde Golf spielen gehen“, rät der Coach, „denn beim Golf kann sich niemand verstecken.“

Golfpro Bruce McAlister entdeckt sogar noch eine weitere Komponente im Spiel. Der Schotte, der Führungskräften wie dem Manager der Boxweltmeister Wladimir und Vitali Klitschko in speziellen Seminaren nicht nur den Schwung korrigiert, sondern sie auch mental stark macht, sagt: „Golf findet in der Natur statt und die äußeren Bedingungen – Wind, Licht, Boden – ändern sich ständig. Du glaubst, du kannst ein Loch spielen, aber das ist ein Irrtum.“

Genau wie im Job. Wer sich nur auf seine Routine verlässt und zu wissen glaubt, wie es geht, liegt meist daneben. Weil sich Markt und Mächte oft genauso schnell ändern wie das Wetter. „Im Golf lernt man, demütig zu werden“, sagt McAlister. Viele Führungskräfte seien es gewohnt, Anordnungen zu geben oder Druck auszuüben, damit etwas funktioniere. Doch damit komme man im Golf nicht weiter. Golf kann man nicht beherrschen, sondern nur spielen, meint McAlister: „Mit dem Kopf durch die Wand geht nie.“

Marion Klimmer, Mentalcoach und Inhaberin der Agentur Klimmer Coaching &Training, hat darüber ein Buch geschrieben. Der Titel: „So coachen sich die Besten“. Um dies herauszufinden, hat sie erfolgreiche Macher wie den ehemaligen Hamburger Bürgermeister Ole von Beust oder Bernd Buchholz, Vorstandsvorsitzender des Hamburger Verlages Gruner+Jahr, interviewt. Dabei konnte sie ein übereinstimmendes Erfolgsprinzip ausmachen: Um Spitzenleistungen punktgenau abzurufen, bedarf es eines guten Selbstmanagements. Wer sich zu hohe Ziele setzt oder durch ablenkende Gedanken quasi „geistige Sabotage“ betreibt, überfordert sich. Wer nachlässig oder unehrgeizig ist, unterfordert sich. „Wenn man es schafft, das Pendel weder in die eine noch in die andere Richtung ausschlagen zu lassen, ist man fokussiert und im Flow“, erklärt Klimmer.

Beim Golf, sagt die Management-Trainerin, gerate man an dieselben Grenzen wie im Job: „Aber beim Golf kann man diese Grenzen besser erkennen und bearbeiten.“ Wie schnell diese Grenzen überschritten werden, weiß jeder Golfspieler, wenn Frust und Enttäuschung sich ins Spiel mischen. Wer seinen Emotionen dann freien Lauf lässt, bringt sich aus dem Rhythmus. Marion Klimmer hat diesen Abwärtstrend wissenschaftlich analysiert. Zunächst seien es nur Sinnesreize wie Bälle im Bunker, ablenkende Gespräche oder gute Schläge der Kollegen, auf die man achtet. Durch einen persönlichen Filter werden die Reize bewertet und mit Emotionen wie Wut oder ärger belegt. Dies führt zu Stress und Verlust der emotionalen Balance. Der Körper reagiert mit Herzklopfen, flauem Magen, Schweißausbrüchen; der Muskeltonus erhöht sich. Dies wiederum wirkt sich auf die Schwungausführung aus, Rhythmus und Präzision gehen verloren. Die Folge: Es kommt zum Fehlschlag. Dieses Muster lässt sich exakt auf Managementaufgaben übertragen. Denn dort setzt sich der Kreislauf genauso in Gang, wenn schwierige Gespräche oder Präsentationen anstehen.

Übrigens: Auch manche Politiker vertrauen auf die erhellenden Kräfte des Golfspiels. So waren oder sind nahezu alle amerikanischen Präsidenten von William Taft (Präsident von 1909 bis 1913) bis Barack Obama Golfspieler. Ob das ein gutes Zeichen für die Weltordnung ist oder nicht, bleibt allerdings offen.

Text: Thomas Kosinski