club! im Gespräch mit der Compliance-Expertin CHRISTINA STECKER, Partnerin bei PricewaterhouseCoopers in Hamburg.

 

club!: Das Thema Compliance beschäftigt die wirtschaft seit Jahren – und doch kann kaum jemand eine verbindliche Definition dafür geben. warum?

Christina Stecker: Es hat ziemlich lange gedauert, bis die verschiedenen Experten eine gute Definition gefunden haben, die sowohl von Juristen, Betriebswirten und Organisations- und Managementexperten anerkannt wurde. Denn Compliance bedeutet zum einen, dass sich die Teilnehmer am Wirtschaftsleben an Recht, Gesetz und unternehmensinterne Vorgaben halten. Doch das ist nur der Anfang. Von Unternehmern und Führungskräften wird ebenso verlangt, dass sie ihre Mitarbeiter entsprechend anleiten und die Einhaltung der relevanten Vorgaben überwachen. Zudem gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen für eine gute und transparente Unternehmensführung, die es zu beachten gilt.

 

club!: Klingt nach einem Vollzeitjob.

Stecker: Das ist es oft auch. Zumindest in Großkonzernen gibt es inzwischen Abteilungen, die sich nur mit dem Thema Compliance für verschiedene Rechtsgebiete oder Geschäftsfelder beschäftigten. Das ist auch erforderlich. Die Rechtslage verändert sich schnell und die Zahl der zu beachtenden Regelungen wächst beständig.

 

club!: Kleine und mittlere Unternehmen können oder wollen einen solchen Aufwand oft nicht betreiben. werden sie sich diese Haltung in Zukunft noch leisten können?

Stecker: Kaum. Durch die Erfahrungen der Vergangenheit sind viele Großkonzerne so vorsichtig geworden, dass sie nur noch mit Zulieferern arbeiten, die den eigenen Compliance-Standards genügen. Damit hat das Thema den Mittelstand erreicht. Einerseits ist das erfreulich. Andererseits lässt sich an vielen Stellen beobachten, dass manche Unternehmen zwar strikte Regelungen aufstellen, von den Mitarbeitern aber weiterhin gleiche Ziele (etwa im Vertrieb) einfordern. Das ist ein schwieriger Befund. Compliance kann und darf nicht nur auf die Mitarbeiter delegiert werden.

 

club!: wie zum Beispiel?

Stecker: Nehmen Sie etwa das Thema Einladungen. Klar kann es nicht angehen, dass ein Unternehmen potenziellen Kunden und Geschäftspartnern – wie es früher mitunter der Fall war – zwielichtige Annehmlichkeiten spendiert, um sie gewogen zu machen. Aber das muss doch nicht gleich bedeuten, dass Geschäftsessen nun ausschließlich in der Betriebskantine stattfinden müssen – oder sich Vorstände und Betriebsräte bei einer mitgebrachten Käsestulle unterhalten. Hier müssen einige Unternehmen erst noch das richtige Maß finden