Professor Norbert Aust, 77, ist Jurist, Unternehmer und Kulturmanager. Seit 2020 ist er Präses der Hamburger Handelskammer. Er prägte die Stadt in vielen Funktionen, war u. a. Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Politik, sowie Mitbegründer und Geschäftsführer des Schmidt Theaters.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir uns heute schon über unsere Zukunft Gedanken machen müssen. Wie wollen wir in Hamburg künftig leben – und wovon? Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, diese Frage zu stellen. Hamburg droht im Standortwettbewerb abgehängt zu werden. Wenn wir nicht konsequent gegensteuern, hat das gravierende Folgen für unseren Wohlstand und die Lebensqualität in der ganzen Region. Auch für Hamburgs klassische Wirtschaftsmotoren bestehen ernste Risiken. Corona belastet den Luftverkehr und den Hafen schwer. Es fehlt eine Anpassungsstrategie an sich weltweit verändernde Handelsströme und Lieferketten. Wir müssen diese und auch andere Bereiche zukunftsfähig machen. Wir sind der Überzeugung, dass wir diese wirtschaftlichen Herausforderungen nur im norddeutschen Verbund lösen können. Wir arbeiten daher aktuell an einer ambitionierten Strategie für den Standort, welche Antworten bietet auf die Fragen „Wie wollen wir in Hamburg künftig leben – und wovon?“ Dabei spielt eine Ermöglichungskultur eine große Rolle. Wir müssen lernen schneller und flexibler zu werden, neue Geschäftsmodelle zu durchdenken und Trends rechtzeitig zu erkennen. Wir müssen mehr unternehmerische Freiheiten gewährleisten, weil diese Freiheiten die besten Chancen bieten, in die Offensive zu gehen und aus der Krise herauszukommen.
Die Gesellschaft wird nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im privaten Leben Veränderungen angehen müssen. Das wird Auswirkungen auf das Leben in den Städten und den Innenstädten haben. Wir fordern schon lange die lebendige Innenstadt, in der viel mehr Menschen wohnen. Auch den Quartieren kommt eine besondere Bedeutung bei der Erhöhung der Lebensqualität zu. Dafür setzt sich die Handelskammer schon seit Jahren ein.
Die Krise wird im nächsten Jahr noch nicht überwunden sein, aber es wird eine spürbare Aufwärtsbewegung stattfinden. Ich könnte mir vorstellen, dass die Krise den notwendigen Umstrukturierungsprozess in der Wirtschaft so beschleunigt, dass wir in fünf Jahren vielleicht sogar besser dastehen als vor der Krise.