Professor Dr. Henning Vöpel, 48, ist seit 2014 Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts und lehrt als Professor für Volkswirtschaftslehre an der HSBA Hamburg School of Business Administration. Der Ökonom ist Autor vieler Publikationen.

Die Coronakrise wird eine veränderte Welt hinterlassen. Als direkte Folge werden die wirtschaftlichen Divergenzen zwischen den Ländern zunehmen. Viele Millionen Menschen könnten durch die Krise in die Armut zurückfallen. Aber auch in Europa könnten die Unterschiede gefährlich zunehmen. Deutschland konnte der Krise fiskalpolitisch sehr viel deutlicher entgegentreten als Spanien oder Italien. Für die politische und – mit Blick auf die Europäische Währungsunion – vor allem die währungspolitische Stabilität in Europa könnte dies, auch angesichts gestiegener Staatsschulden, zu einer Belastungsprobe werden. Nicht nur die konjunkturelle Erholung von der Krise, sondern auch die strukturelle Dynamik nach der Krise wird die wirtschaftlichen Unterschiede in Europa verschärfen.
Diese Krise wird darüber hinaus geopolitische Folgen haben. Schon vor der Krise ist es vor allem zwischen China und den USA zu handelspolitischen Spannungen gekommen. Diese dürften sich nach der Krise noch verschärfen, denn fast alle Länder, nicht nur die USA und China, werden versuchen, ihre eigene Wirtschaft zu schützen. Neben den zunehmenden Autarkiebestrebungen auf Ebene der Länder wird es auf Ebene der Unternehmen zu dem Bestreben kommen, Abhängigkeiten entlang internationaler Wertschöpfungs- und Lieferketten zu reduzieren. Als indirekte Folge der Krise wird es zu einer stärkeren Re-Nationalisierung der Wirtschaftspolitik und zu einer De- Globalisierung von Handels- und Produktionsverflechtungen kommen.
Dies Coronakrise hat jedoch, anders als oft behauptet, mitnichten gezeigt, dass Globalisierung uns verwundbar gemacht habe. Im Gegenteil: Globalisierung bietet die Möglichkeit, Risiken zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu reduzieren. Gleichwohl gilt es, die Lehren aus der Krise zu ziehen – auch für eine Neugestaltung der Globalisierung.

 

FOTOS: MARCELO HERNANDEZ, MIKE SCHÄFER