Mit der Schneekatastrophe 1979 begann seine Leidenschaft fürs Wetter. Heute ist Frank Böttcher, 52, Meteorologe, TV-Moderator, Speaker, Buchautor – und Initiator eines Science Centers in Hamburg.

Der Rückgang der Emissionen in Folge der Pandemie hat auf das Klima nur einen unerheblich kurzfristigen Effekt. Es ist wie beim Fußball: Wenn man nach der ersten Halbzeit schon 0:7 zurückliegt, ist es zwar besser, in der zweiten Halbzeit weniger Tore zu kassieren. Das Ergebnis wird dadurch aber noch schlimmer. Um das Spiel zu drehen, müssten mit Entschlossenheit viele Tore geschossen werden. Will sagen: Die Chance der Pandemie liegt darin, diese Halbzeitpause zu nutzen, um die Weichen für eine völlig neue Aufstellung zu nutzen. Jetzt werden Milliarden investiert, die umso besser angelegt sind, je stärker sie eine nachhaltige Marktwirtschaft voranbringen. Wir brauchen für ein stabiles Klimasystem langfristig wirksame Entscheidungen und Maßnahmen.
Jede staatliche Hilfe für Unternehmen sollte daran gebunden sein, dass sie bestmöglich zur CO2-Reduktion eingesetzt wird. Wir brauchen inzwischen einen sehr großen Wurf. Bund und Länder haben den CO2-Preis ab 2021 auf zunächst 25 Euro pro Tonne festgelegt. Bis 2025 wird er schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen. Für 2026 wird es einen Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro geben. Damit kann man planen. Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Schritt, aber ich bezweifle, dass er genügt. Die CO2-Preise müssen weltweit greifen. Erst wenn in jedem Produkt die Kosten für die negative Wirkung auf das Klimasystem in beträchtlicher Weise enthalten sind, werden auch Märkte für die Angebote geschaffen, die besser für das Klima sind.
Um das Klimasystem in einem für uns Menschen noch erträglichen Korridor zu stabilisieren, müssen wir viel schneller, viel globaler und viel entschlossener handeln. Klimaszenarien sind ja nichts anderes als eine große „Wenn-dann-Maschine“. Wenn sich die Emissionen in einer bestimmen Weise verändern, dann verändert sich auch das Klima. Physikalisch ist das alles gut verstanden. Daher wissen wir auch, was zu tun ist. Wir dürfen uns nichts vormachen: Wenn wir nicht entschlossener vorgehen, wird sich der Planet für uns Menschen in zwei Generationen so verändern, dass wir größte Schwierigkeiten haben werden, demokratische Strukturen aufrechtzuerhalten. Wenn der Druck auf dem gesellschaftlichen Kessel zu groß wird, besteht die Gefahr, dass sich Populisten durchsetzen. Demokratien müssen zeigen, dass sie in der Krise stark und entschlossen sind. Ich bin optimistisch, dass das gelingt.

 

EIN SCIENCE CENTER FÜR HAMBURG
Die Menschen für Natur und Technik begeistern, das wollen Frank Böttcher und seine Mitstreiter mit dem Science Center Hamburg. Es soll eine wissenschaftliche Erlebnis- und Entdeckerausstellung für Jedermann werden, vom Schulkind bis zum Rentner – damit alle mitreden und mitstreiten können. Aktuell wird die Idee in einer Studie auf Machbarkeit überprüft. Der Senat trägt die Hälfte der Kosten, die andere Hälfte teilen sich HAW Hamburg, Technische Universität Hamburg, HafenCity Universität, Helmut-Schmidt- Universität sowie das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY. Die Präsentation der Ergebnisse ist für Frühsommer 2021 geplant.

 

FOTO: FRANK BÖTTCHER