Digitalisierung und die Notwendigkeit zu mehr Nachhaltigkeit bestimmen die Zukunft der Logistik. Auch Die Hafenstadt Hamburg mit ihren 10 500 Unternehmen in der Metropolregion muss sich wandeln. Ein Blick hinter die Kulissen der großen Transportketten auf Schienen, Straßen, zu Wasser und in der Luft.

Eine ungewöhnliche Prozession zog vor einigen Tagen durch das Gewerbegebiet Winsen-Ost, gleich hinter den Toren Hamburgs. Normalerweise kurven dort schwere Lkw und Lieferfahrzeuge herum, weil Onlinehändler Amazon in dem Gewerbegebiet ein großes Lager betreibt. An diesem Morgen fuhren mehrere schwarze Limousinen mit Dienstkennzeichen vor eine schmucklose Halle im Schatten des Amazon-Lagers. Daraus stiegen politische Entscheider: Bundestagsabgeordnete, der Staatsrat der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Torsten Sevecke, und der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann. „Was wir hier sehen werden, ist ein technologisches Highlight“, sagte Ferlemann und folgte dem Tross in die Halle.
Drinnen standen zwei aufgebockte Lkw und die beiden Männer, die den Auflauf an Politprominenz im Gewerbegebiet ausgelöst hatten – zwei bekannte Hamburger Unternehmer. Zum einen ist es Dirk Lehmann, der Chef der Firma Becker Marine Systems, die vor allem Ruder und Manövriersysteme für die Schifffahrt entwickelt. Lehmann ist zudem der Erfinder der Power Barge „Hummel“, die aus flüssigem Erdgas Strom erzeugt, mit dem Kreuzfahrtschiffe während ihrer Liegezeit im Hafen versorgt werden können. Der andere Firmenlenker ist Dirk Graszt, Vorstand der Spedition Hary AG, die mit 450 Lkw zu den Branchengrößen gehört.
Lehmann und Graszt haben ein Unternehmen namens Clean Logistics gegründet und ein Projekt gestartet, an das sich bisher kein großer deutscher Lkw-Hersteller herangetraut hat. Sie stellen herkömmliche Schwerlast-Lkw auf Wasserstoffantrieb um. Das Verfahren ist noch nicht zu Ende entwickelt, aber die Bundesregierung setzt darauf, um den wachsenden Güterverkehr-nach Ansicht des Verkehrsministeriums wird er bis zum Jahr 2030 um noch einmal 39 Prozent zunehmen – mit den politischen Klimazielen in Einklang zu bringen. Deshalb fördert sie das Projekt mit 3,8 Millionen Euro.
Bisher setzen die Automobilhersteller auf reine Batteriefahrzeuge. Dem Schwerlastverkehr hilft das nicht. „Wenn ein 40-Tonner damit auf die Straße soll, dann transportiert er viel Batterie und wenig Zuladung“, sagte Staatssekretär Ferlemann, als er den Förderbescheid überreichte. „Die Lösung ist die Wasserstofftechnologie, aber kein deutscher Hersteller bietet das an. Da müssen mittelständische Schrauber kommen und zeigen, wie das geht.
Das Geschehen ist keine Randnotiz im Tagebuch der Hamburger Logistik. Es ist eher beispielhaft für das, was Hamburgs Transporteure in diesen Tagen bewegt. Es geht um einen tiefgreifenden Strukturwandel, in dem die Branche derzeit steckt. Einen Wandel, der vor allem von zwei Megatrends vorangetrieben wird: der Digitalisierung sowie der Anforderung, umweltfreundlicher zu werden. Letzteres ist für Energieunternehmen, die Großindustrie und die Mobilitätsbranche besonders herausfordernd.

Wichtige Drehscheibe im Norden
Man kann auch sagen, es ist eine besondere Herausforderung für Hamburg, denn in der Hansestadt gehört diese Branche zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen. Mehr als 10 500 Unternehmen arbeiten in der Metropolregion in der Logistik, sei es im Landverkehr, in der Schifffahrt, der Luftfahrt, der Lagerei oder in Kurier- und Expressdiensten. Die Bruttowertschöpfung liegt bei zehn Milliarden Euro. Verpasst diese Branche bei der Entwicklung gerade in der Digitalisierung und Automatisation den Anschluss, schwächt das den gesamten Wirtschaftsstandort.
Die besondere Bedeutung dieser Branche für die Hansestadt liegt in ihrer Geschichte. Schon im Mittelalter war sie ein wichtiger Umschlagplatz für Waren. Der Hafen und seine angeschlossenen Dienstleistungen bildeten das Fundament, auf dem mutige Hamburger Kaufleute den Warenhandel vorantrieben und dafür sorgten, dass das Tor zur Welt immer weit offen stand. Der Hafen entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem der größten in Europa. Zudem ist die Hansestadt der größte Knotenpunkt im Eisenbahnverkehr Nordeuropas. Dabei profitiert sie von einer guten Schienenanbindung in den Osten, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden war. Eine weitere Zäsur bildete die Wiedervereinigung, die Hamburg geopolitisch von einer Westlage am Zonenrand in den Mittelpunkt Nordeuropas rückte und der Transportbranche zusätzlichen Auftrieb gab. Hamburg wurde zu der logistischen Drehscheibe im Norden. Unterstützt wurde die Entwicklung von einem anderen Megatrend, der Globalisierung, und damit einhergehend dem stark wachsenden Handel und der zunehmenden Arbeitsteilung.

Die Zeiten waren also immer spannend für Hamburgs Transporteure, aber jetzt sind sie besonders herausfordernd. Da ist zum einen das herannahende Problem des Fachkräftemangels. Schon jetzt suchen Transportfirmen händeringend Lkw-Fahrer. Zu Engpässen kommt es auch immer wieder in der Infrastruktur. Besonders schwere Gütertransporte meiden inzwischen Hamburg, weil die Traglast zahlreicher Brücken und Straßen nicht ausreicht, um sie zu passieren. Zudem ist die 1974 eröffnete Köhlbrandbrücke inzwischen so marode, dass sie bis 2030 ersetzt werden muss. Bereits 2012 hatte der damalige Bürgermeister Olaf Scholz, den Planungsbeginn für einen Ersatzbau gefordert. Bis heute liegen keine konkreten Ergebnisse vor. Hauptaufgabe der Branche mit ihren rund 85 000 in Hamburg Beschäftigten sind aber die grundlegenden Umwälzungen, die die immer schnelleren technologischen Neuerungen des Digitalzeitalters mit sich bringt. Die Branche ist bisher abgesehen von konjunkturellen Schwankungen quantitativ stetig gewachsen und hat ihre Prozesse mit der Zeit auch modernisiert. Jetzt aber wandeln sich die logistischen Transportketten von Grund auf.
Bestes Beispiel ist der Hafen. Drittgrößter Umschlagsplatz für Seegüter in Nordeuropa und das Gateway nicht nur für den Import und Export der Metropolregion, sondern für Firmen aus Skandinavien, Tschechien, Polen, Österreich und der Schweiz. Knapp 140 Millionen Tonnen werden hier jährlich umgeschlagen, davon vieles in Containern. Neun Millionen Standardcontainer gehen dabei über die Kaikante – aber seit Jahrzehnten auf die gleiche Weise. Die Schiffe sind größer geworden, die Terminals weiteten ihre Kapazitäten aus, aber im Ablauf änderte sich nichts.
Den Zwang zur Veränderung bringen nun Digitalisierung und Automatisierung mit sich. Eingesetzt hat das bereits mit der Inbetriebnahme des Containerterminal Altenwerder des größten Hamburger Hafenkonzerns HHLA. 2002 wurde dieses Terminal in Betrieb genommen und galt damals als das modernste der Welt, denn der Verkehr der Container zwischen der Kaikante und den Lagern läuft komplett automatisch. Ist ein Container erst einmal von einem Kranführer an Land gesetzt worden, hebt ein Portalkran ihn automatisch an und setzt ihn auf ein bereit stehendes selbstfahrendes Transportfahrzeug. Dieses bringt die Ladung ins Zwischenlager, wo sie von Portalkränen bereits identifiziert an der richtigen Stelle geparkt wird. Menschen werden hier nicht mehr gebraucht. Im Gegenteil: Verirrt sich beispielsweise ein Lkw-Fahrer in diesen Teil des Terminals, wird der gesamte Transportprozess automatisch gestoppt.

Effizientere Arbeitsprozesse
Aber auch für dieses Problem werden derzeit Lösungen erarbeitet, nämlich selbstfahrende Lkw. Sie werden auf verschiedenen Strecken in Deutschland getestet, auch im Hafen. So experimentieren die Hamburger Hafen und Logistik AG und die VW-Tochter MAN mit autonom fahrenden Lkw, die künftig Lieferungen und Abtransporte selbstständig übernehmen. Der Lkw-Fahrer kann in der Zwischenzeit in der Hafenkantine Pause machen, um seine Ruhezeiten einzuhalten.
Die Digitalisierung macht Logistikprozesse im Hafen schneller und effizienter. Das gilt nicht nur für den Umschlag, sondern auch für den Weitertransport. Technologische Innovationen reformieren dabei die Abläufe, wie die Slotbuchung für Lkw, die Wartezeiten und Staus auf den Hafenzufahrten minimieren soll. Slotbuchungsverfahren werden überall da eingesetzt, wo sich viel Verkehr drängt, aber wenig Platz ist. In der Luftfahrt ist es seit langem üblich, dass Fluggesellschaften Slots für Starts und Landungen erhalten, weil täglich Zehntausende Maschinen in der Luft sind, aber die meisten Flughäfen nur ein oder zwei Landebahnen haben. Auch im Hamburger Hafen ist wenig Platz, aber großes Gedränge. Insbesondere seit die Containerschiffe immer größer werden und immer mehr Ladung bringen, wachsen auch die LKW-Transporte. Deshalb werden Container von den großen Terminalbetreibern nur noch nach Voranmeldung der Lkw angenommen oder ausgeliefert. Sobald sich ein Lkw-Fahrer über eine App auf seinem Smartphone am Terminal anmeldet, bekommt er einen Slot zugewiesen – ein Zeitfenster, innerhalb dessen er an der Terminaleinfahrt erscheinen muss. Die Slotbuchung erfolgt automatisch. Computerprogramme steuern das. Die Digitalisierung macht das möglich und noch vieles mehr.

Lieferroboter und Mikro-Hubs
Bahn, Binnenschiff oder Lkw sind derzeit noch die Transportmittel, um Seegüter ins Hinterland zu bringen. Die HHLA plant aber einen Quantensprung im Seegütertransport und steigt in die Hyperloop-Forschung ein. Beim Hyperloop sollen Containerzüge mittels der Magnetschwebetechnik mit 1200 Kilometern pro Stunde durch Vakuum-Röhren geschossen werden. Damit würden Tausende Lkw-Fahrten am Tag überflüssig. Ein Warenlager in Frankfurt, könnte von Hamburg aus innerhalb einer halben Stunde beliefert werden. Das klingt nach Science Fiction. „Das kommt nie“, sagen Kritiker. Tatsächlich baut die HHLA aber derzeit auf ihrem Gelände in Altenwerder eine Containerübergabestation für einen Hyperloop, um die Technik zu testen.
Doch nicht nur der Fernverkehr, auch der Transport in der Stadt wandelt sich. „Die Innenstadtlogistik der Zukunft ist sauber, leise und effizient“, sagt die Logistik Initiative Hamburg (LIHH). Mit mehr als 550 Mitgliedsunternehmen aus der Metropolregion Hamburg ist sie das größte Standort-Netzwerk der Branche in Europa und die erste Anlaufstelle zu allen Fragen der logistiknahen Wirtschaft. Als Public-Private-Partnership ist sie zugleich ein Steuerungsinstrument des Senats. In einem Projekt mit der Wirtschaftsbehörde testet sie intelligente und innovative Konzepte für die Innenstadtbelieferung. „Die negativen Effekte des florierenden E-Commerce sind für die Bürger insbesondere in Form eines erhöhten Verkehrsaufkommens und von Verkehrsbehinderungen, verursacht durch Zustellfahrzeuge, die in zweiter Reihe stehen, sowie steigende Lärm- und Schadstoffemissionen spürbar“, erklärt die LIHH. „An diesem Punkt setzt das Projekt SMILE (Smart Last Mile Logistics) an.“ Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) sagt im Gespräch mit club!: „Hamburg ist schon heute eine Modellstadt für Mobilität und smarte City-Logistik, aber wir müssen die Belastungen durch Lieferverkehre deutlich reduzieren und stadtverträglicher gestalten.“ Das Projekt „SMILE“ konzentriere sich dabei auf das Thema einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Logistik auf der sogenannten letzten Meile. Beispiele seien der Einsatz von Lieferrobotern, die Warensendungen bis vor die Haustür bringen und die Einrichtung sogenannter Mikro-Hubs. Dabei handelt es sich um zentrale Lager, die von allen Paketdiensten wie DHL, UPS oder Hermes angefahren werden. Von dort aus werden die Warensendungen dann nur noch von einem Dienst in die Quartiere geliefert. „Unternehmensübergreifende Lösungen sind von der Stadt sehr gewünscht“, sagt Westhagemann. Es sollen nach ersten Tests weitere Mikro-Hubs entstehen, beispielsweise in Bergedorf und in Altona.
Die Margen im Transportgewerbe sind nicht besonders groß. Um so wichtiger sind Geschwindigkeit und Masse. Das gilt nicht zuletzt für den Bereich, in dem praktisch kein Geld verdient wird, die Lagerlogistik. Damit wären wir wieder beim Gewerbegebiet Winsen-Ost. Amazon versendet von dort aus 100 000 Pakete am Tag, also mehr als 4000 Pakete in der Stunde. Ohne eine digitalisierte Warenlogistik wäre das gar nicht möglich. Computer sorgen dafür, dass die bestellten Artikel im Lager abgeholt und aufs Förderband gelegt werden. Menschen benötigt das Lager nur noch zur Verpackung.

Emissionsfreier Transportverkehr
Auch im Ersatzteillager des Hamburger Gabelstaplerherstellers Jungheinrich in Kaltenkirchen haben Roboter das Sagen, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Fehlt einem Jungheinrich-Kunden ein Ersatzteil, wird es innerhalb Europas über Nacht ausgeliefert. Wer bis 15 Uhr bestellt, erhält die Ware bis spätestens acht Uhr morgens am Folgetag. Damit das klappt, hat das System gerade einmal eine halbe Stunde Zeit, um eine Bestellung aus den mehr als 110 000 Lagerplätzen abzuholen. Menschen würden das kaum schaffen, Mikroprozessoren und Laderoboter machen es möglich. Allerdings müssen diese Bestellungen von Menschenhand in Computer eingegeben werden.
Die Körber AG denkt noch einen Schritt weiter. Der Hamburger Konzern, der einst mit der Herstellung von Zigarettenmaschinen in Bergedorf berühmt wurde, hat sich von einem Maschinenbauer zu einem Technologieunternehmen gewandelt und investiert in Australien und Großbritannien in Unternehmen, die sprachgesteuerte Logistiksoftware herstellen. Vorgänge in einem Lager, wie die Zählung des Bestands oder Befehle zum Auffüllen und Entnehmen können dabei mündlich von den Lagermitarbeitern mit einem Headset erteilt werden. Bestellungen mittels einer Tastatur in den Computer oder gar per Laufzettel entfallen.
„Hamburg setzt sich für nachhaltige und umweltverträgliche Logistiklösungen ein“, sagt der Wirtschaftssenator. Transportverkehre müssten also nicht nur kundenfreundlich, flexibel und transparent erfolgen, sondern auch nachhaltig und künftig emissionsfrei. „Für Lieferungen bedeutet das, dass wir uns darauf fokussieren, den Kraftstoffverbrauch und Emissionen zu reduzieren. Das sind unsere Kernanforderungen für die Zukunft“, so Westhagemann.
Ein Unternehmen, das Digitalisierung und Klimaschutz trefflich miteinander verbindet, ist Kühne + Nagel, eines der größten Logistikunternehmen und weltgrößter Seefrachtspediteur. Das Unternehmen hat vor zwei Jahren eine riesige Datenbank aufgesetzt, die alle Daten zu den internationalen Seefrachtdiensten speichert, Schiffsabfahrten, Routen und Ankünfte. Mittlerweile hat das Unternehmen mehr als 63 000 Hafenverbindungen gesammelt. Die Datenbank speichert aber auch das aktuelle Geschehen, die Verweildauer auf See, Verspätungen oder Informationen über den Zustand der Schiffe. „Wir sammeln am Tag 200 Millionen Datensätze“, sagt der Seefracht-Vorstand bei Kühne + Nagel, Otto Schacht, „indem wir alle zehn Sekunden die Daten aller Schiffe erhalten“. Kühnes Kunden können anhand dieser Daten selbst entscheiden, welcher Reederei sie ihre Fracht anvertrauen wollen. Mittlerweile verzeichnet diese Datenbank aber auch den durchschnittlichen Kohlendioxidausstoß der Schiffe. Diese reichen von 31 Gramm für den Transport eines Standardcontainers (TEU) pro gefahrenen Kilometer bis zu 98 Gramm. Und das auf derselben Strecke. Manche Schiffe stoßen also auf der gleichen Route 300 Prozent mehr CO2 aus als andere. „Das zeigen wir unseren Kunden, und dann können sie ihre Lieferkette entsprechend klimafreundlich gestalten.“


Was ist der Treibstoff der Zukunft?
„Energieeffizienz und Umweltschutz sind mittlerweile für jedes Unternehmen unserer Branche extrem wichtig“, sagt beispielsweise Ulfert Cornelius, Geschäftsführer von Oiltanking Deutschland in Hamburg. Oiltanking ist seit 1972 im Bereich Tanklagerlogistik tätig und einer der größten unabhängigen Partner für die Lagerung von Mineralölen, Chemikalien und Gasen. Das Unternehmen hat rund acht Millionen Euro investiert, um eine Rückverflüssigungsanlage zu entwickeln. Wenn Tankfahrzeuge geleert werden, bleibt immer noch ein benzinhaltiges Gas im Tank zurück. Beim Wiederauffüllen des Tanks wurde dieses Gas bisher in die Umgebungsluft abgegeben. Jetzt fängt Oiltanking es wieder auf, sammelt es in einem 10 000 Kubikmeter großen Tank und verflüssigt es wieder zu handelsüblichem Benzin. „Damit sparen wir Ressourcen und tun etwas für den Umweltschutz“, sagt Cornelius.
Was Cornelius derzeit besonders umtreibt, ist die Frage, die auch alle Reedereien derzeit beschäftigt: Wie sieht der Treibstoff der Zukunft aus? Die Vorgaben der Internationalen Seeschifffahrtsvereinigung IMO (International Maritime Organization) zur Minderung von Schadstoffemissionen sind noch moderat und erzwingen zunächst einmal eine Absenkung des Schwefelgehalts. Mehrere Reedereien bauen derzeit Schiffe, die mit flüssigem Erdgas LNG (Liquefied Natural Gas) angetrieben werden. LNG hat das Potenzial, in der Schifffahrt die Emissionen von CO2 um 15 bis 30 Prozent sowie von Schwefeldioxid und Feinstaub um mehr als 90 Prozent zu reduzieren. Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd lässt eines ihrer größten Schiffe derzeit nachträglich auf LNG umrüsten. Doch allen ist klar, das ist nur eine Übergangslösung. Denn das Fernziel der IMO ist es, den Treibhausgasausstoß der Schifffahrt bis 2050 zu halbieren. „LNG funktioniert nur als Zwischentechnologie“, sagt Wirtschaftssenator Westhagemann. „Die Kanzlerin will bis 2050 klimaneutrale Produktion haben, dann kann man nicht mehr mit LNG fahren. Wir müssen also den Hafen stärker in Richtung Wasserstofftechnologie positionieren, und zwar als Treibstoff, als Erzeugungsquelle für Strom und in der Wärmeversorgung.“
Und so ist auch Spediteur Graszt dazu gekommen, seine 40-Tonner in Winsen auf Wasserstoffantrieb umrüsten zu lassen. „Ich habe vor drei Jahren angefangen, mir zu überlegen, wie ich mein Geschäftsmodell als Transporteur in die Zukunft retten kann“, sagt er. So hat er sich jetzt auf den Weg gemacht, wie alle Logistiker in der Stadt. Mit neuen Ideen, zukunftsfreudig und agil nehmen sie die Herausforderungen des Strukturwandels an.

 

Text: Martin Kopp Fotos: HHLA/ Thies Rätzke, Hamburg Marketing.de/Andreas Vallbruch, Geheimtipp Hamburg, Archiv

Martin Kopp, Jahrgang 1968, arbeitete mehr als zehn Jahre als Politikredakteur für den Hamburg-teil der Welt, bevor er ins Wirtschaftsressort wechselte. Seit fünf Jahren ist er Wirtschaftskorrespondent beim Hamburger Abendblatt. Seine Schwerpunkte sind maritime Industrie und Logistik.