Mit 24 Jahren hat er angefangen und noch heute gründet HENNING CLAASSEN neue Firmen. Für eine gute Idee ist er auch bereit, etwas zu wagen. So hat es der Lüneburger zu einem der erfolgreichsten Unternehmer Norddeutschlands gebracht.

Auf dem Tisch, an dem Henning Claassen Besucher empfängt, steht eine Vase mit einem Strauß Sommerblumen, daneben liegt ein Holzwürfel. Auf der Oberfläche ist ein Spruch eingraviert: „The Secret of Success“– das Geheimnis des Erfolgs. Schaut man genauer hin, bemerkt man, dass sich der Würfel wie ein Zauberwürfel aufklappen lässt. Innen befindet sich die Pointe der Geschichte in Form einer zweiten Gravur: „Work“ – Arbeit.

Natürlich muss, wer wie Henning Claassen in seinem Leben zu einem der erfolgreichsten Unternehmer Norddeutschlands geworden ist, mehr gearbeitet haben als andere. Tatsächlich ist dies aber nur eine Facette seiner Persönlichkeit. Die andere bringt der 70-Jährige selbst kurz und knapp auf den Punkt: „Ich bin häufiger mal im roten Bereich.“ Die Geschichte dazu erzählt er gern. Noch während des Studiums – eigentlich wollte er Zahnarzt werden, entschied sich dann aber für Volkswirtschaft und Psychologie – nahm er an einem Test teil, der Stärken und Schwächen seiner Persönlichkeit ermitteln sollte. Am besten schnitt Claassen in „den roten Disziplinen“ ab: Rot für Risiko. „Ja“, sagt Claassen, er sei nun mal bereit, für seine Ideen gewisse Wagnisse einzugehen. Das sei schon immer so gewesen und habe auch mit dem Alter nicht nachgelassen. Risk-Taker wird so einer genannt.

Zum Beispiel die Sache mit seinem neuen Lieblingsprojekt, dem Parkhotel De Wiemsel in den Niederlanden. Seit Jahren macht Claassen dort zusammen mit seiner Frau Urlaub, wegen der Landschaft, des großzügigen Schwimmbades und der Kunstgalerien (nebenbei ist Claassen Kunstsammler und betreibt in Lüneburg die Galerie im Alten Kaufhaus). Auch die niederländische Königin schätzt das Hotel. Aber als Claassen im vergangenen Jahr wieder buchen wollte, ging seine Anfrage ins Leere. Das Hotel war insolvent. Es folgten Telefonate, Treffen, Verhandlungen und dann gehörte das De Wiemsel Claassen. Kurz darauf begannen Handwerker zu renovieren und zu modernisieren, und vor wenigen Wochen wurde das Hotel wieder eröffnet. „Es war irgendwie eine logische Sache“, sagt Claassen.

Das ist es bei ihm immer. So brachte er es auf so viele Unternehmensgründungen, dass ihm das Handelsblatt den Titel „Dauergründer“ verlieh. Claassen: „Ich dachte immer, ich könnte eine Sache besser machen, und dann habe ich es gemacht.“ Begonnen hat alles mit einem Job während des Studiums in den USA. Um Geld zu verdienen, reparierte Claassen Schreibmaschinen. Und entwickelte nebenbei ein Werkzeug, mit dem er die Arbeit in einer statt in sechs Stunden schaffte. Das beeindruckte die Amerikaner und so wurde er mit 24 Jahren Europa-Repräsentant eines US-Herstellers für Klebstoffanlagen. Weil aber die Anlagen auch nicht so recht waren, wie er wollte, gründete Claassen mit 27 einfach seine eigene Firma; bald hatte er 300 Mitarbeiter. Dann entdeckte er die Oberflächentechnik und hielt sie für eine Branche mit Zukunft, verkaufte seine Meltex GmbH und gründete eine neue Firma: Impreglon SE. Als er dieses Unternehmen im vergangenen Jahr verkaufte, gehörten 37 Werke in 15 Ländern und fast 2000 Mitarbeiter dazu.

Aus dem Fenster seines Büros blickt Claassen auf die Innenstadt und auf alte Kaufmannshäuser, die zum großen Teil ihm gehören. Das Hotel Bergström gehört auch dazu. 1987 hat er es aus zerfallenen Gebäuden entstehen lassen, weil er häufig Geschäftspartner zu Gast hatte, die mangels besserer Alternativen in Hamburg übernachten mussten. „Das war unbequem“, sagt Claassen. „Ich habe gedacht, das muss anders gehen.“ Ob er sich im Hotelfach auskannte? „Natürlich nicht“, sagt Claassen. Er habe „mit diesem Rattennest“ eine Menge Lehrgeld zahlen müssen. Am Ende aber war er Experte. Und wurde auch in dieser Branche zum Dauergründer. Baute eine Firma für Hotelausstattung auf und richtete hundert Hotels ein. Entwickelte ein Hotel- Kommunikationssystem und wurde Deutschlands größter Pay- TV-Anbieter. Gründete eine Gesellschaft zur Finanzierung von Hotels. Und besitzt mittlerweile mit dem Bergström, dem Alten Kaufhaus und dem De Wiemsel selbst drei Hotels. In seiner Freizeit segelt Claassen. „Ich habe immer davon geträumt, einmal von der Terrasse meines Hauses aufs Boot zu steigen und aufs Meer zu segeln“, sagt er. Vor fünf Jahren hat er sich den Traum am Golf von Mexiko erfüllt. Vor der Tür liegt die Yacht. Und dann geht er einfach über die Terrasse, steigt aufs Boot und segelt in den Morgen.

 

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Text: Andreas Eckhoff      Foto: Martina van Kann