Sie ist eine Spezialistin auf ihrem Gebiet. Die Bauingenieurin KATRIN HUPFER führt ein Ingenieurbüro mit dazugehörigem Baustofflabor. Mit ihrem Team versucht sie, gefährliche Hohlräume, Risse und Brüche in alten Bauwerken aus Beton aufzuspüren.
Eine Wohnsiedlung in Meiendorf. Frisches Grün und bunte Blumen umwuchern die viereckigen Kästen und ranken sich hoch an Fassaden aus Kieselsteinen. Reihenhäuser aus Waschbeton, gebaut in den 60er Jahren. Vor dem Eingang des letzten in der Reihe trocknen Strandmuscheln in der Sonne. Auf der Rückseite die Terrasse und der Garten mit Rasen. Eine Gartensäge liegt bereit und Arbeitshandschuhe, die auf ihren Einsatz warten. Eine Idylle im Grünen also, gebaut in Beton. „Ja“, sagt Katrin Hupfer und lacht. „Von Beton verstehen mein Mann und ich am meisten. Ein Reihenhaus aus Waschbeton, da kann nicht viel kaputtgehen. Damit kennen wir uns aus. Beton passt zu uns.“
„Hi!“ könnte man im Scherz hinzufügen. Dieses „hi!“ steht für „Hupfer Ingenieure“. Das ist die Firma der Gastgeberin, die erst vor wenigen Wochen mit der Familie hier eingezogen ist. Der Betrieb mit drei Mitarbeitern ist ein Spezialbüro für Bauwerksuntersuchungen. Und Katrin Hupfer, die Frau im bunten Sommerkleid, vor allem eine Spezialistin für Bauten aus Beton.
Wir haben auf der Terrasse Platz genommen. Die Fachfrau für den Baustoff, der unsere Welt wohl am gewaltigsten verändert hat, schenkt Kaffee ein, „mit Milch bitte“. Drinnen hören wir Jenny, die Achtjährige und Jodie, die drei Jahre jüngere Schwester, über kleine Monster im Fernsehen lachen. „Schon die große Kuppel des Pantheon in Rom ist aus Beton gebaut“, erzählt die Mutter. Seit 2000 Jahren schafft der Mensch Großes mit diesem Baustoff. Aber diese Bauwerke zu untersuchen, sozusagen in die Fundamente, Mauern und Brücken hineinzuschauen, das ist noch ein junger Ingenieurzweig.
Was genau die Aufgabe ihres Ingenieurbüros und des dazugehörigen Baustofflabors ist, erläutert Katrin Hupfer mit zwei Beispielen: „Wenn im Winter Salz gestreut wird, sickert Salzwasser in den Beton. Das lässt Eisen im Spannbeton rosten. Am Ende besteht Einsturzgefahr, beispielsweise bei Brücken. Wir zeigen auf, wo das Eisen schon wie weit weggerostet ist.“ Oder die meterdicken Kaimauern der Hamburger Speicherstadt, die vor 120 Jahren errichtet wurden. „Wie dick die wo genau sind“, zählt die Bauingenieurin auf, „wo Hohlräume, wo Risse und Brüche sind, das finden wir heraus.“
Dass eine Frau auf dem Bau Karriere macht, verblüfft nicht mehr. Mit Staunen und Bewunderung registriert man aber, mit welcher Begeisterung und Freude Katrin Hupfer von ihrer Arbeit erzählt. Sie entstammt einer Familie, in der vom Großvater bis zu Tanten und Schwägern fast alle Bauingenieure sind oder waren. Im 4000-Seelen-Ort Seehausen in der Altmark aufgewachsen, begann sie 1988 ihr Studium an der Bauhaus-Universität in Weimar. „Baustoffverfahrenstechnik konnte ich 1988 nur hier studieren“, erzählt Hupfer und muss kurz Jodie, die Jüngste, mit dem Essen vertrösten. „Das hat mir bei der Wiedervereinigung einen Vorsprung verschafft. Hungrig und neugierig waren wir ja dazu.“
Von ihrem ersten Job in einem Sachverständigenbüro in Hamburg wechselte die Diplom-Ingenieurin zur Hans Jacobs GmbH, einem Baustofflabor. Das Vorstellungsgespräch wird auch Herr Jacobs nie vergessen. „Verkaufen Sie mir Ihre Firma?, habe ich ihn als Erstes gefragt“, sagt Katrin Hupfer. Dann ist da wieder ihr Lachen, das so gut gelaunt und selbstsicher klingt. Das Baustofflabor übernahm Katrin Hupfer zunächst mit Partnern, dann alleine. Und Andy Grey, ihren bester Mitarbeiter, hat sie längst mit einem Sondervertrag an sich gebunden. „Unsere Hochzeitsreise haben wir vor neun Jahren nach Vietnam gemacht“, erzählt die Chefin, wieder mit diesem Lachen.
Bei Fahrten zur Weiterbildung in Krefeld habe sie auf der Autobahn viel Zeit zum Nachdenken gehabt. „Zu analysieren und das Für und Wider nüchtern abzuwägen, das habe ich ja als Technikerin gelernt“, bekräftigt Katrin Hupfer. Dabei ist es nicht das erste Mal bei unserem Gespräch, dass Vergleiche mit der mächtigen Frau in Berlin aufkommen. Für Katrin Hupfer mündete das sorgfältige Nachdenken in der Gründung ihres Ingenieurbüros. Seitdem leuchtet groß in Weiß das „hi!“ auf den Arbeits- Overalls.
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