Eigentlich wollte er Innenarchitektur studieren. Er wurde Tischler. Sein Herz jedoch schlug für das Fuhrunternehmen der Familie. Heute leitet STEPHAN GUSTKE die von seinem Großvater gegründete Spedition.

Vollblut-Spediteur: Die Fahrzeugflotte von Unternehmenschef Stephan Gustke ist auf mittlerweile über 100 Transporter angewachsen. Tendenz steigend.

Wer behauptet, die Familie Gustke aus Rostock sei mit dem LKW durch achtzig Jahre deutscher Geschichte gefahren, trifft, obwohl es etwas übertrieben klingt, genau den Punkt. Als das im Schicksalsjahr 1933 gegründete Transportunternehmen nach der Wende 1990 vor seinem dritten Neubeginn stand, hatte es zwei Diktaturen samt Krieg und Enteignung durch die Rote Armee überlebt.

Stephan Gustke, 47 Jahre alt, führt als Inhaber das Unternehmen nun in der dritten Generation. Und so viel ihm die Historie des von seinem Großvater Heinrich gegründeten Unternehmens auch bedeutet, er sieht kaum einmal auf sie zurück. Dazu ist im Tagesgeschäft einfach keine Zeit. „Um acht ist der Chef morgen im Büro“, hatte die Sekretärin gesagt, „dann können Sie mit ihm sprechen.“ Um acht ist er aber schon wieder fort. Zwei Stunden später ist er zurück, die Telefonleitung ist tatsächlich gerade mal frei. Aber jetzt ist er am Handy. So geht das Stunde um Stunde, Tag für Tag. Stephan Gustke sagt: „Spedition, Logistik, das ist nichts Normales. Für diesen Job müssen Sie Herzblut haben.“ über 100 Fahrzeuge modernster Ökotechnik tragen europaweit die Aufschrift „Gustke Logistik“ über die Straßen. Hängerzüge, Sattelzüge. Baustoffe, Gefahrenstoffe, Stückgutverkehr. Mehr als 250 000 Sendungen pro Jahr mit nahezu einer halben Millionen Tonnen bewegter Güter. Ein Logistikzentrum mit 30 000 Quadratmetern Lagerflächen und Gleisanschluss. Beschaffungslogistik, Baustofflogistik, Lebensmittellogistik… über 200 Mitarbeiter, Jahresumsatz über 15 Millionen Euro. Geträumt hatte er davon nicht.

Wenn er als Junge seinen Vater auf einer Fahrt begleiten durfte, bestaunten beide auf den Raststätten der Transitautobahn die Luxus- Brummis aus dem Westen. Und wenn er auf seinem Schulweg die große Hauptstraße überquerte, die direkt zum Fährhafen Warnemünde führte, sah er den skandinavischen Trucks nach. Blinkend, bunt lackiert und von einem anderen Planeten. „Wenn ich die gesehen habe, das war einfach Bombe“, erzählt er. Da kam Vaters LKW nicht mit, obwohl der ebenfalls bunt lackiert war mit einem westlichen Michelin-Männchen auf dem Führerhaus. Zum Missvergnügen einiger Parteifunktionäre, denen das private Transportunternehmen Gustke ein Dorn im Auge war.

In jenen Jahren wurde wohl in ihm der Wunsch genährt, selbst einmal ein Transportunternehmen mit eigenen LKWs zu haben. Er wusste es bloß nicht. Es war zu unwirklich. Als er 1990 seinem überraschten Vater Manfred eröffnete, er würde gerne in seine Firma einsteigen, besaß das Familientransportunternehmen nur noch einen einzigen LKW. Wie zu Großvater Heinrichs Zeiten. Ein altes, reparaturanfälliges Modell, an dem Senior Manfred Gustke immer wieder nachts schraubte, um es in Form zu halten. Neue LKWs durften sie sich nicht anschaffen. „Als privates Unternehmen waren wir Kapitalisten.“ Die „Kapitalisten“ hatten mit ihrem von Jahr zu Jahr veraltenden Fuhrpark gegen die Konkurrenz der staatlichen Kombinate mit ihren volkseigenen mausgrauen Fahrzeugen keine Chance. Wirtschaftlich war das väterliche Unternehmen eigentlich sinnlos, bot ihm weder eine berufliche noch eine existenzielle Perspektive. Aber es gab ihm eine Haltung zum Leben. Stephan Gustke wurde Tischler und machte seinen Meister. Eigentlich wollte er Innenarchitektur studieren. Doch er war ein „Kapitalistensohn“… „Ich dachte damals ganz blauäugig: Ein bestehendes Unternehmen mit Tradition, da muss doch was zu machen sein“, erzählt er von seinem Sprung ins neue Leben. Sein Vater aber, obschon glücklich darüber, dachte: Nun gibt der Jung dafür seinen Beruf auf. Sie sahen sich im Westen nach neuen Möglichkeiten und Partnern um.

Ein freundschaftlich verbundener Spediteur in Hamburg sagte zu seinem Vater: „Dein Junge soll mal für ein halbes Jahr nach Hamburg kommen, dann zeig ich ihm alles, und dann kauft ihr zwei, drei LKWs und legt los.“ Daraus wurden vier Jahre mit Büro in Hamburg. Als Stephan Gustke 1994 nach Rostock zurückkehrte, hatte er Lehrgänge und Schulungen hinter sich und war fit für die Unternehmensführung. „Hamburg ist mir natürlich ans Herz gewachsen“, erklärt er. „Wir wollen versuchen, hier etwas mehr Fuß zu fassen.“ Die Reise mit dem LKW geht schließlich weiter. Ob im 21. Jahrhundert die vierte Generation Gustke am Steuer sitzen wird, ist zwar noch nicht ausgemacht. Doch Stephan Gustkes jetzt neun Jahre alter Sohn wurde schon mal auf den Namen Heinrich getauft – nach dem Firmengründer vor nunmehr 81 Jahren.

 

KONTAKT
Spedition Heinrich Gustke GmbH
Hanseatenstraße 1
18146 Rostock
Tel: 0381 6 67 71-51
info@gustke-logistik.de
www.gustke-logistik.de

 

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Text: Uwe Prieser Foto: Carsten Lange