Eigentlich ist HENNING PLOTZ Gastronom. Seine große Liebe ist jedoch der Matjes. Als der Fisch in der 90er Jahren auszusterben drohte, entschloss er sich, selbst in die Matjesproduktion einzusteigen. Mit Erfolg.
Wenn Henning Plotz über Matjes reden kann, ist er in seinem Element. Der Glückstädter Matjesproduzent sitzt entspannt in seinem Büro. Hinter ihm beantwortet eine Mitarbeiterin pausenlos telefonische Anfragen und der Drucker spuckt eine Bestellung nach der anderen heraus. Das Geschäft läuft und es scheint, als würde das Quietschen des Tintenstrahldruckers den 48-Jährigen beflügeln, denn er parliert gestenreich über die großen Matjeszeiten, den Niedergang der deutschen Produktion und natürlich darüber, wie er dem veredelten Hering wieder zu Ansehen verholfen hat. Dabei hatte Plotz zu Beginn seines Berufslebens mit Fisch und Gastronomie gar nichts im Sinn. „Ich habe ja nicht Gastwirt gelernt“, verrät er, „sondern nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Gärtner gemacht.“ Doch schon zu jener Zeit hatte er das Gefühl, dass er „sehr gut mit Menschen umgehen kann“ und besser in der Gastronomie als zwischen Rhododendren und Setzlingen aufgehoben sei. Es traf sich, dass die Urgroßeltern das Restaurant Kandelaber am Marktplatz in Glückstadt besaßen. Henning Plotz, damals gerade 20 Jahre alt, hatte sich für ein Leben als Gastronom entschieden und bereitete sich darauf vor, das Kandelaber von den Urgroßeltern zu übernehmen. 1986 war es soweit. Mit 22 Jahren begann sein neues Leben als Restaurantbesitzer. Er denkt an die Anfänge zurück: „Ich war damals der jüngste Gastwirt der Stadt und habe mich durchgeboxt.“
Mit der Produktion von Matjes hatte er zu dem Zeitpunkt noch nichts zu tun. Plotz servierte den Glückstädter Klassiker zwar in seinem Restaurant, das war’s aber auch schon. Mitte der 90er Jahre wurde die traditionelle Herstellung von Matjes in Glückstadt eingestellt. Und der Restaurantbesitzer hatte plötzlich ein Problem. „Ich bekam keinen handgemachten Matjes mehr“, sagt er. Das war der Moment, in dem Henning Plotz begann, sich mit der eigenen Herstellung seines Lieblingsfisches zu beschäftigen.
Er räumte seine Garage aus und bat den letzten Glückstädter Fischhändler, ihn in die Geheimnisse der Matjesherstellung einzuweihen. Irgendwann wurde die Garage zu klein und Plotz zog mit seinen Heringen in eine Produktionshalle ins Glückstädter Industriegebiet. Mittlerweile beschäftigt der Unternehmer bis zu 35 Mitarbeiter, die im Jahr rund 150 Tonnen Hering zu Matjes verarbeiten. Seine Firma beliefert Spitzengastronomien wie Cöllns Austernstuben in Hamburg ebenso wie große Handelsketten (Famila, Edeka, Metro) oder Privatkunden, die ihren Matjes direkt bei ihm bestellen. „Ich habe die deutsche Heringstradition wieder nach oben gebracht“, sagt er stolz.
Doch Plotz wäre nicht Plotz, wenn er es dabei bewenden ließe. Der Matjes hatte den Ruf, ein Essen für alte Leute zu sein. Er roch fischig, war fett und dazu gab’s Bratkartoffel und Speck. Irgendwann fragte er sich, wie es wohl wäre, wenn man den salzigen Matjes mit süßen Sachen kombinieren würde? Er servierte einigen Gästen nach dem Matjesmenü zum „Nachtisch“ eine Portion Matjes mit Erdbeeren und Schlagsahne plus Zwiebeln. „Da war Stimmung in der Bude. Alle haben gelacht und gedacht, dass es gräuslich schmecken würde. Dann habe ich es probiert – und es schmeckte lecker“, erinnert er sich. Inzwischen gibt es seine Matjesvariationen mit den verschiedensten mediterranen Marinaden, in Rot- und Weißwein. Oder mit Koblauch-Chili-Basilikum-Pesto und als neuestem Clou – mit Marzipan.
Zu einem guten Produkt gehört auch ein erfolgreiches Marketing. Das übernimmt der Chef des Hauses persönlich. „Ich habe gesagt, ich kümmere mich selbst darum, dass unsere Produkte bekannt werden. Ich habe mir das alles selbst beigebracht und mache viele Dinge aus dem Bauch heraus“, sagt er. Der eloquente Geschäftsmann nimmt jede Möglichkeit wahr, um seine Erzeugnisse in der öffentlichkeit zu präsentieren. Er talkt im TV, veranstaltet drei bis vier Matjes-Events pro Jahr (wie das Matjesbüfett zur Saisoneröffnung der HSV-Handballer im Business Club) und führt interessierte Besucher bei Besichtigungen höchstpersönlich durch die Produktionshalle. über 150 Reisebusse kommen im Verlauf des Jahres in die Stadt an der Elbe. Des Matjes wegen. Henning Plotz hat in Glückstadt den Matjestourismus eingeführt: „Liebe geht durch den Magen und vor allem wegen unserer Delikatessen kommen viele Leute nach Glückstadt.“
Obwohl er ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, sieht sich Henning Plotz nicht als „Business Man“. Dennoch fühlt er sich im Business Club Hamburg wohl und freut sich darauf, Menschen kennenzulernen, die etwas bewegen. Für die Mitglieder des Clubs hat der Matjes-König eine überraschung parat: „Im nächsten Jahr wollen wir ein Event im Club veranstalten“, sagt Henning Plotz. Es soll ein großes Fest mit Musik und guter Stimmung werden. „Ein Matjesfest in dieser tollen Location, da werden alle viel Spaß haben.“ Henning Plotz natürlich auch, denn er wird wieder viel über den Matjes erzählen können. Und da ist er ganz in seinem Element.
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www.deutscher-matjes.de
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Text: Achim Schneider