Im Alter von 38 Jahren wurde Dr. Michael Otto Geschäftsführer des Otto Konzerns und stellte die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft. Im Club-Talk sprach er über Start-ups, Digitalisierung und unternehmerisches Pflichtgefühl.
„Wollten Sie als kleiner Junge tatsächlich Bürgermeister von Hamburg werden?“ Mit dieser schmunzelnd-freundlichen Frage eröffnet Moderator Matthias Wolk das Gespräch. Die Besucherzahl im Business Club ist rekordverdächtig. Und die erste Antwort von Prof. Dr. Michael Otto deutet schon an, was diesen Abend so herausragend macht.
„Aber nicht, weil ich als Sechsjähriger schon so für Hamburg geschwärmt hätte“, korrigiert der Gast. „Ich fuhr mit meiner Mutter in der Straßenbahn. Mich hat fasziniert, dass der Schaffner so viel Geld kassierte. Ich will auch Schaffner werden, habe ich da gesagt. ‚Aber der muss das doch seinem Chef abgeben‘, sagte meine Mutter. Dann werde ich Chef der Straßenbahn. ‚Aber der muss das Geld dem Hamburger Bürgermeister geben‘. Dann werde ich eben Bürgermeister von Hamburg“.
Der Saal lacht, und jeder erkennt, wie unbeirrbar und zielstrebig der Aufsichtsratsvorsitzende der Otto Group schon als kleiner Piefke war.
„Und wie war das neulich mit dem Gin-Tonic in der Berliner Disco?“ Zum Ausklang eines sehr intensiven Abends noch einmal solch eine Lockfrage ins Private.
Auf dem Weg ins Hotel genehmigten sich Michael Otto und sein Freund noch einen Drink. Aber beim Griff zum Glas war ein junger Bursche schneller. „Als ich sagte: ‚Jetzt musst du mir einen spendieren‘, bekam ich zu hören: Opa, sei doch froh, dass wir dich reingelassen haben.“
Er lächelt, und die ihm zuhören spüren: Die Klugheit und Lebensweisheit dieses Mannes kommt aus dem Herzen.
„Nur Geld verdienen“, bilanziert Michael Otto, der mit 28 Jahren in das Versandhaus seines Vaters eintrat und mit 38 die Geschäftsführung übernahm, „das wäre zu simpel. Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft haben wir doch alle. Als Unternehmer aber habe ich mehr Möglichkeiten und damit auch größere Verantwortung.“ Das hört man gern, und das hört man oft. Michael Otto aber lebt, was er fordert.
Es war 1972, als der „Club of Rome“ mit seiner Studie „Die Grenzen des Wachstums“ die Welt alarmierte. „Mich hat das aufgerüttelt und aktiv werden lassen“, blickt der Mann auf dem Podium zurück. „Anfang der 90er Jahre haben wir unser gesamtes Sortiment auf Nachhaltigkeit überprüft und umgestellt“, erzählt der Gast und öffnet wie ein Prediger seine Hände. „Und wir waren 1986 die ersten, die ihren Katalog auf chlorfreiem Papier drucken ließen. Auf Anraten von Greenpeace übrigens.“
Vor einem Jahr im Dezember erhielten Otto-Kunden nach 68 Jahren das letzte Mal einen gedruckten Katalog. „Inzwischen machen wir 97 Prozent unseres Umsatzes online“, so Michael Otto. Auch weil er mit seinen Mitarbeitern Mut und Weitblick bewies. „Denn als wir 1997 damit anfingen, hatten in Deutschland erst wenige hunderttausend Menschen überhaupt Zugang zum Internet.“ Doch bei „Otto“ war man längst überzeugt von der IT-Revolution.
Seit Anfang der 80er Jahre schon waren Michael Otto und seine Fachleute Dauergäste im Silicon Valley, als ziemlich die ersten Deutschen. Und noch heute lockt die Neugierde den Großvater, der seine Enkel so aufregend findet, zu den Kreativen, die unsere Zukunft immer weiter vorantreiben. Und der 76-Jährige lässt sich mitreißen und begeistern. „In Israel haben wir Start-ups besucht, die sind einfach fantastisch. Die sind längst den Amerikanern und sicher auch den Chinesen um Längen voraus.“
Als letzte Frage erinnert eine Dame aus dem Publikum noch einmal an den Club of Rome und seine Grenzen des Wachstums. „Wie, Herr Otto, beurteilen Sie das heute?“
„Schwellenländer benötigen Wachstum. Darin sind wir uns doch sicher einig“, kommt die Antwort vom Podest. „Bei uns muss das Wachstum aus höherer Effizienz und höhere Qualität statt höherer Quantität kommen. Das wird uns helfen, die Gegensätze zwischen Ökonomie und Ökologie niederzureißen. Dafür werden wir innovative Lösungen finden. Ich bin da ganz zuversichtlich.“
Eine kräftige Portion frischer Zuversicht und Hoffnung haben die Gäste an diesem Abend mitnehmen dürfen. Ihr Schlussapplaus war geradezu frenetisch. Und der unerfüllte Wunsch des kleinen Jungen, der Hamburger Bürgermeister werden wollte? Da mag mancher auf dem Heimweg gedacht haben: „Schade eigentlich.“
Das sagen Die ClubGäste:
Ute Claus
Rechtsanwältin
Kanzlei Ute Claus
„Ein beeindruckender Abend mit einem beeindruckenden Gast. Diese Lebenshaltung von Herrn Otto, seine soziale Verantwortung, sein unbeugsamer Geist. Jeder spürt, das sind keine Sprüche. Er lebt das. Ich nehme von diesem Abend sehr gute Denkanstöße und Anregungen mit.“
Kai-Momme Osburg
Niederlassungsleiter Facility Service
ENGIE Deutschland GmbH
„Faszinierend, diesen Mann, Unternehmer, Umweltschützer live zu erleben. Dass er sympathisch ist, wissen wir alle. Besonders berührt hat mich seine Ehrlichkeit, wenn er beispielsweise sagt: ‚Wir alle müssen Verantwortung übernehmen – und ich habe als Unternehmer die besseren Möglichkeiten’.“
Heino Volkmann
Strategic Account Director
Micro Strategy Deutschland GmbH
„Ein spannender, kurzweiliger Abend mit einem faszinierenden, visionären Unternehmer, der die Mitarbeiter mitnimmt und für neue Themen begeistert. Schon früh in den 80ern hat er die ITRevolution kommen sehen und vertraut deshalb heute eher Daten als früher seinem Bauchgefühl.“
Birgit Dreifert
Gebietsverkaufsleiterin Objekt Nord
IVC Group
„Ein großes Erlebnis, den Unternehmer mit seiner unglaublichen Weitsicht sowohl in der Ökonomie wie auch der Ökologie zu erleben. Das war für mich sehr beeindruckend. Auch dieses Werte- hochhalten, das heute in unserer schnelllebigen Zeit ja leider immer mehr verloren geht.“