Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, machte den Business Talk mit Moderator Jürgen Pfeiffer zu einem glanzvollen Abend. Für seine offenen, direkten und menschlichen Ausführungen erhielt er stürmischen Applaus.
Als Dörthe-Julia Zurmöhle, Geschäftsführerin des Business Club Hamburg, zur Begrüßung den zahlreichen Gästen „einen wunderschönen guten Abend“ wünschte, fügte sie lächelnd hinzu: „Bei diesem Gast mussten wir sogar eine Warteliste anlegen.“ Hätten alle geahnt, welch charmanter und humorvoller Entertainer der Bahnchef Dr. Rüdiger Grube ist – es hätte vor dem Eingang eine Schlange gegeben, bis hin zur Elbchaussee.
Dieser „wunderschöne gute Abend“ fing auch gleich gut an. Ob der Gast, der in den zurückliegenden 30 Jahren die deutsche Industrie so entscheidend mitgeprägt habe, von den rund 3000 Briefen, die er täglich erhalte, tatsächlich einige persönlich beantworte? Mit dieser Frage eröffnete Jürgen Pfeiffer das Gespräch. Mit seiner Antwort „Fast alle diese Schreiben beginnen übrigens mit ‚Da Sie diesen Brief ohnehin nie lesen’“, sorgte der Vorstand der Deutschen Bahn für den ersten Lacher. Dann erzählt der Herr mit dem weißen Haar und dem lebensfrohen Lächeln von einem Beschwerdebrief mit dem Briefkopf von Heidi Klum. „Am Telefon war aber ihr Vater. Als ich ihm sagte, wer ich bin, hat der zurückgeblafft: ‚Doubelt die Bahn jetzt schon den eigenen Vorstand?’ Der hat mich richtig durchgecheckt, ehe er sicher war, das ich persönlich am Telefon bin.“ Amüsant, diese kleine Begebenheit. Und sie macht deutlich: Dr. Rüdiger Grube ist ein Wirtschaftsführer, der auf Menschen zugeht, offen und direkt. Auch an diesem Abend im Business Club. Bei diesem Gast auf dem Podium gehörte auch nicht viel Phantasie dazu, um sich vorzustellen, der Junge vom Bauernhof sei zu Besuch nach Moorburg zurückgekommen. Und er säße im Dorfkrug und erzählte Schulfreunden und Nachbarn von der großen weiten Welt, zu der er sich hochgearbeitet hat. Und der Chef des Mammutunternehmens Deutsche Bahn erzählt und plaudert und hält offen Rückblick auf sein Leben. Von der Mutter und ihrem Obst- und Bauernhof hat er die Erkenntnis mitgenommen: „Wenn das Euter der Kuh anschwillt, muss die Kuh gemolken werden. Zupacken und tun, was getan werden muss.“ Treffender kann man die Karriere dieses Mannes nicht auf den Punkt bringen. Rüdiger Grube erzählt, wie er als Lehrling im Metallflugzeugbau (Pilot hatte er ohne Abitur nicht werden können) vom Chef Werner Blohm monatlich 300 Mark für sein anschließendes Ingenieurstudium bekam. Wie er die „rechte und die linke Hand“ von Hartmut Mehdorn wurde, damals Geschäftsführer von Airbus in Hamburg. Wie er über seine Laufbahn in der deutschen Luftfahrtindustrie zu Mercedes kam. Wie er beim Daimler-Chrysler-Deal Finanzierungsverhandlungen in New York wütend abbrach, einen Privatflug zurück nach Deutschland nahm und am anderen Morgen doch wieder um sieben Uhr am East River vor den Finanzinvestoren saß und die fehlenden drei Milliarden locker machte. So hat er seinen Zuhörern die Welt der Großen im Wirtschaftsleben menschlich und humorvoll nahegebracht. Und fasziniert haben alle gelauscht. Selbst Jürgen Pfeiffer, der schweigende Moderator. Zum Ausklang kam der noch ein wenig auf die kritischen Bahnthemen. Aber da lässt sich ein so gewiefter Routinier wie Dr. Grube natürlich nicht aufs Glatteis führen. Lassen wir ihn deshalb zum Schluss erzählen, wie er im Mai 2009 Nachfolger von Hartmut Mehdorn an der Bahnspitze wurde. „Kurz vor Mitternacht erhielt ich von Frau Merkel eine SMS, ob ich am anderen Morgen nach Berlin kommen könne. Um sieben Uhr empfing mich Jens Weidmann, der heutige Bundesbankpräsident, der im Kanzleramt für Wirtschaftsfragen zuständig war. ‚Ich habe für Sie vier Stunden Zeit reserviert’, empfing er mich. Ich habe aber nur zehn Minuten Zeit, antwortete ich. Ich bekam die Zusage und war pünktlich zu einem wichtigen Termin in Wien.“ Als sich Jürgen Pfeiffer mit den Worten „Herr Dr. Grube, wir alle danken Ihnen für diesen unterhaltsamen Abend, den Sie alleine gestaltet haben, ohne dass ich viel dazu beisteuern musste“, gab es Gelächter und stürmischem Beifall. Es war wirklich ein „wunderschöner guter Abend“.