In seinen 40 Berufsjahren hat sich DR. GERHARD STRATE mit den Großen angelegt, mit Bankmanagern, Wirtschaftsbossen und dem Staat, und durchaus streitbare Mandanten vertreten. Im Business Club erzählte er von den spektakulärsten Fällen.

Es war ein bisschen verkehrte Welt für Dr. Gerhard Strate. Im Strafgericht ist er es, der die Fragen stellt. Im Business Club aber nahmen die Mitglieder den Rechtsanwalt ins Verhör. Der erzählte ausführlich – von der Aufklärung der Göhrde-Morde, dem Fall Gustel Mollath oder dem Cum-Ex-Prozess gegen die Sarasin-Bank. Vom Schweigerecht machte er keinen Gebrauch, sehr zur Freude seiner zahlreichen Zuhörer.

Auf seine Corona-Rundfahrt musste Dr. Gerhard Strate verzichten. Seit dem Lockdown holt ihn seine Lebensgefährtin jeden Abend um halb neun aus dem Büro ab. In der Tür auf der Beifahrerseite steht der Corona-Wein bereit, meistens ein Grauburgunder. Und dann fahren die beiden durch die Stadt. Strate macht auf diesen Touren Fotos von besonderen Orten, zwei davon postet er jede Woche auf Social Media. Immer mit einer kleinen Geschichte.
Diesen Abend im August aber steht der Rechtsanwalt im Business Club. Sehr zur Freude der zahlreichen Mitglieder, die sich zwar über das Onlineangebot des Clubs gefreut haben, aber eine Veranstaltung live zu erleben, ist einfach besser. Und nun war nach dem prominenten Pathologen Klaus Püschel gleich der nächste Hochkaräter zu Gast. „Es geht wieder los – endlich. Und dann haben wir mit Strafverteidiger Gerhard Strate einen so großartigen Redner“, begrüßte Dr. Norbert Wüpper rund drei Dutzend Gäste – und den Protagonisten des Abends.
Gerhard Strate ist Rechtsanwalt, und zwar einer der bekanntesten seiner Zunft. Er hat sich in 40 Berufsjahren mit Bankern, Wirtschaftsbossen und immer wieder mit dem Staat gestritten und spektakuläre Urteile erwirkt. Im Business Club räumte er aber gleich zu Beginn mit einem Irrtum auf. Strafverteidiger, sagte Strate, sei höchstens eine Funktionsbezeichnung. „Der Beruf des Rechtsanwalts ist viel zu komplex, um ihn als Strafverteidiger abzutun – und außerdem hat Strafverteidigung immer auch etwas mit Angriff zu tun.“ Das passte zu Strate, einem Anwalt im Angriffsmodus.
Ohne Skript und ohne Agenda, dafür mit viel Spannung, Witz und Süffisanz berichtete Strate von seinen spektakulärsten Fällen. „Im Strafgericht wird leise gesprochen. Das habe ich mir etwas angewöhnt. Insofern ist es gut, dass hier ein Mikrofon steht“, sagte der Redner und sorgte für leises Gelächter. Seine ruhige Stimmlage aber verlieh seinen Geschichten eine gewisse Note. Eine tragische etwa, als er vom Fall Birgit Meyer erzählte. Jahrelang habe die Lüneburger Polizei den Ehemann für ihren Mörder gehalten. „Alte Kriminologen-Weisheit: Der Mörder ist immer der Gärtner. Und wenn der es nicht war, war es der Ehemann“, sagte Strate. Für seinen Geschmack habe sich die Polizei aber ein Motiv konstruiert, den Ehemann zu Unrecht verdächtigt. Als der Bruder der Toten, der frühere Chef des Hamburger Landeskriminalamtes, Wolfgang Sielaff, nach seiner Pensionierung 2002 auf eigene Faust weiterermittelte, standen ihm Rechtsmediziner Püschel und Anwalt Strate zur Seite. 2013 taten sie Hinweise auf, die für den Serienmörder Kurt-Werner Wichmann als Täter sprachen. Unter dessen früherer Garage fand ein Grabungsteam 2017 tatsächlich die sterblichen Überreste der Birgit Meyer. Wichmann hatte sein Opfer auf einer Party kennengelernt, außerdem pflegte er den Garten der Nachbarin. Am Ende war es also doch der Gärtner.

GERHARD STRATE

„Der Mörder ist immer der Gärtner. Wenn der es nicht war, war es der Ehemann.“

Viele Zuhörer kannten Geschichten wie diese nur aus dem Fernsehen oder aus Büchern. Wie er damit umgehe, solche Fälle als Realität zu erfassen, wurde Strate gefragt. Seine Antwort: „Sie dürfen das nicht so sehr an sich heranlassen.“ Keine leichte Aufgabe, wenn das Schicksal der Opfer so dramatisch ist wie beim Parkhausmord an einer älteren Dame in der Münchner Innenstadt, die mit 17 Schlägen auf den Kopf ermordet wurde, oder beim Fall Gustl Mollath. Der wurde 2006 gerichtlich in die Psychiatrie eingewiesen. Strate übernahm „pro bono“ – und erwirkte 2014 einen Freispruch. „Gustl Mollath ist ein Verrückter, aber er durfte nicht in die Psychiatrie“, sagte Strate. Warum verteidige er einen Verrückten, wollte ein Clubmitglied wissen. „Jeder hat ein Recht auf Verteidigung. Ich nehme meine Mandanten als Gotteskinder, so, wie sie sich mir gegenüber präsentieren“, sagte er. So verteidigte Strate erfolgreich den Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer gegen die Sarasin-Bank und Ferdinand Piëch im Dieselskandal gegen Volkswagen.
Allzu nachvollziehbar war da die Frage nach seinem Erfolgsrezept. „Auf einen Erfolg folgen neun Niederlagen“, sagte Strate. „Und die muss man aushalten.“ Dementsprechend suche er sich seine Fälle auch nicht nach Aussicht auf Erfolg aus – sondern danach, ob sie interessant sind, „entweder in der Sache oder beim Honorar“. Immerhin: drei bis vier Anfragen erhalte er – jeden Tag. Arbeit gibt es genug, berichtet er am Ende der anderthalb kurzweiligen Stunden. „Aber jetzt brauche ich erst mal eine Zigarette“, sagte Strate und trat vom Mikrofon zurück.

 

RALF THELEN
Geschäftsführender Gesellschafter
Bramble Germany GmbH

„Diese Veranstaltung fand für mich unter zwei Überschriften statt. Zum einen: Klasse, es geht endlich wieder los, wir können wieder unter Leute. Und zum anderen: großer Respekt vor Herrn Strate, dem Mann für die schwierigen Fälle. Wirklich spannende Einblicke und ein erhellender Abend.“

 

UTE CLAUS
Rechtsanwältin
Fachanwältin Für Familienrecht

„Ein Vortrag über „Frust und Freude“ eines passionierten Rechtsanwalts, gewürzt mit ein paar interessanten Anekdoten. Sorgfältige Bearbeitung geht einher mit der nötigen Distanz zu Fall und zu Ergebnis. „Wir sind alle Gottes Kinder“: Jeder verdient anwaltlichen Beistand und eine gute Verteidigung.“

 

RALF SIEBERT
Inhaber
KCI GmbH

„Diesen Abend bin ich ganz unvoreingenommen angegangen und habe spannende Geschichten gehört. Die Perspektive eines Rechtsanwalts ist beeindruckend, genau wie das große Wissen, über das Herr Strate verfügt. Auch die Abgrenzung zu den Gewaltgeschichten hat mich fasziniert.“

 

STEFAN DENKER
Geschäftsführender Gesellschafter
Q-Data Service GmbH

„Der Referent des Abends, Gerhard Strate, ist wirklich eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die mich auf drei Ebenen fasziniert hat. Erstens: durch seine Detailversessenheit. Zweitens: mit seinem Durchhaltevermögen. Und drittens: dass er die Menschen niemals vorverurteilt.“

 

Text: Alexander Siebert FOTOS: MARTINA VAN KANN, ARCHIV