Die Hansestadt liegt im Trend. Die Besucherzahlen steigen. Im Hamburg-Talk spricht Thorsten Kausch, zehn Jahre lang Geschäftsführer der Hamburg Marketing GmbH, über die Bemühungen, die Stadt immer besser zu vermarkten.
„10 Jahre Stadtmarketing – Bilanz und Perspektive“. Der Abend im Business Club ist auch eine Art Abschiedsvorstellung für Thorsten Kausch, der zehn Jahre lang der führende Kopf der Hamburg Marketing GmbH war.
Es war einer dieser schönen, freundlichen Tage, an denen die Sonne mit der Stadt an Elbe und Alster spielte und flirtete. Und die „schlafende Schöne“, wie Helmut Schmidt sie einmal nannte, beste Werbung für sich selbst machte. Von schlafen kann in Hamburg ohnehin nicht mehr die Rede sein, denn die Elbmetropole ist seit einigen Jahren bei Touristen im Trend – das ist auch ein Verdienst des Stadtmarketings. „Wie aber funktioniert das eigentlich, dass unsere Stadt eine solch internationale Strahlkraft entwickelt und so viele Menschen anzieht wie nie zuvor?“, eröffnete Business Club-Geschäftsführer Peter Richard Stoffel den Hamburg-Talk. Und man hätte hinzufügen mögen: „Kann man Hamburg als Marke überhaupt noch besser verkaufen?“ Jörn Lauterbach aber, der ebenso wissende wie gewitzte Redaktionsleiter „Die Welt“ und „Welt am Sonntag“ Hamburg, provozierte seinen Gesprächspartner Thorsten Kausch – sie spielen übrigens gemeinsam in einer Fußballmannschaft – gleich mit der Frage: „Erfolgreiches Stadtmarketing mit kreativen Aktionen und vielen schönen Bildern – wie viel davon aber ist wahr?“ Die Frage sorgte für Gelächter beim Publikum. Der Abend aber zeigte, wie zielgenau Lauterbach damit ins Zentrum getroffen hatte. Stadtmarketing und Wahrheit – wie kompliziert das in den Abhängigkeiten zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft sein kann, das offenbarte Thorsten Kausch mit einem amüsanten Beispiel.
Es war in der Amtszeit von Karin Freifrau von Welck als Kultursenatorin (2004 – 2010). „Hummel-Hummel und Zitronen-Jette hatten wir schon entsorgt“, erzählt der Mann, der im September die Kommandobrücke der Hamburg Marketing GmbH verließ. „Aber neben dem Schönen und Traditionellen müssen wir auch einmal die raue, die Malocher-Seite Hamburgs zeigen, hatten wir uns vorgenommen.“ Und ein Bild mit dem Hafen als Hintergrund in Auftrag gegeben, dessen Blickfang ein Seemann mit freiem Oberkörper und tätowiertem Anker auf dem Bizeps war. Darüber war Freifrau von Welck gar nicht amüsiert. Die Kultursenatorin untersagte sogar energisch, dass mit dem halbnackten Seemann für Hamburg geworben werde. „Wir durften das Bild wenigstens auf unserem Server lassen“, sagt Thorsten Kausch und lächelt. „Es wurde das mit Abstand beliebteste aller Werbebilder.“
Aber das mit der Wahrheit im Leben und Empfinden einer Stadt, das ist ja ohnehin eine wankelmütige Angelegenheit. „Mit der Elbphilharmonie zu werben, da liegst du ja ohnehin ganz vorne“, sagt der Marketing-Stratege. „Auch in der Bevölkerung. Die Hamburger sind doch so stolz auf ihr neues Wahrzeichen.“
Thorsten Kausch:
„Wir müssen auch einmal die raue Malocher-Seite Hamburgs zeigen.“
Aber Augenblick, war da nicht noch etwas? Horrender Kostenanstieg, ständige Verzögerungen! Vergiss es. Die Pariser haben ihren Eiffelturm und wir jetzt unsere Elbphilharmonie.
„Thorsten, was hat sich in den zehn Jahren, in denen du unsere Stadt als Marke mitgeprägt hast, am stärksten verändert?“, wollte Jörn Lauterbach noch wissen. „Wachstum um jeden Preis, vor allem im Tourismus und in der Wirtschaft, das war zu Beginn unser Mantra“, blickt der 43-Jährige zurück. „Und das haben wir laut hinausposaunt. Die Besucherzahlen steigen kontinuierlich weiter, Hamburg gilt als einer der attraktivsten Wirtschaftsstandorte Nordeuropas. Das Stadtmarketing aber muss heute viel genauer hin- und zuhören. Vor allem auch auf das, was die Bewohner in den einzelnen Stadtteilen wollen und was sie nicht wollen. Auch da gibt es ja Widersprüche. Auf das Schanzenviertel war doch kein Hamburger stolz. Das war nur ärgerlich. Viele junge Menschen aber sind gerade deshalb nach Hamburg gekommen. Mit dieser Jugend kam Frische und Kreativität in die Stadt und die wiederum haben neue Firmen angelockt. Oder nehmen wir das Reeperbahn-Festival, was für ein Erfolg ist daraus geworden. Dieses Marketing nach innen, darauf hören, was die Hamburger eigentlich wollen – nur in diesem Einklang kann man Hamburg als internationale Marke in Zukunft verkaufen.“
Text: Norbert Scheid Fotos: Martina van Kann
Das sagen die Clubgäste
Susan Molzow
Geschäftsführerin
Morgenpost Verlag GmbH
„Als ich kam, hatte ich bei Stadtmarketing die Vorstellung, die machen Plakate, wie schön Hamburg ist. Ich gehe mit der Erkenntnis, wie komplex deren Arbeit doch ist. Allein wie man versucht, die Touristenströme so zu steuern, dass sie auch Akzeptanz bei den Hamburgern finden.“
Jan-Niko Lafrentz
Geschäftsführer
hamburg.de
„Nehmen wir nur die halbe Million Besucher bei den Hamburger Cruise Days. Oder das Reeperbahn- Festival, das sich durchgesetzt hat. Inzwischen ja auch die Elbphilharmonie. Der Erfolg der Marke Hamburg hat viele Väter. Einer der wichtigsten ist Thorsten Kausch. Schade, dass er geht.“
Dr. Ulrich Kampffmeyer
Geschäftsführer
Project Consult
„Das Gespräch wurde sehr professionell geführt und trotz der persönlichen Bekanntschaft der beiden mit der nötigen Distanz. Sehr interessant fand ich die Beispiele, die die internen Schwierigkeiten des Stadtmarketings im Dreiecksverhältnis von Politik, Wirtschaft und Verwaltung offenlegten.“
Doris Petersen
Senior Representative
Deutsche Messe AG
„Die erfrischende Ehrlichkeit von Herrn Kausch, mit der er Einblicke in die Arbeit des Stadtmarketings gegeben hat – das war wieder ein spannender Diskussionsabend. Kurzweilig auch seine Anekdoten, zum Teil ja auch mit kritischen Untertönen. Thorsten Kausch wird Hamburg fehlen.“