Sie meinen, Sie kennen sich mit Netzen aus? Na dann: Was ist gemäß der Netztheorie der optimale Faserwinkel für Zweischichtlaminate bei einem unter Innendruck stehenden Zylinder? Sie können natürlich in DIN 2413 nachschauen, da steht die allgemein für den Bau von Druckbehältern verwendete «Kesselformel », aber im Spezialfall des Zylinders dürfen Sie auch die wesentlich einfachere «Bockwurstformel» verwenden. Die Umfangsspannung ist dabei ja bekanntlich doppelt so groß wie die Spannung in Längsrichtung, weshalb Würste bei unsachgemäßer Erwärmung stets in Längsrichtung aufplatzen. Dieses 1:2-Spannungsverhältnis müssen Sie nur noch in die Schichtwinkel- Formel aus der Netztheorie einsetzen, und schon ergibt sich der optimale Faserwinkel von 57,4o. Einfach, oder?
Lust auf mehr? Aber lieber aus der Praxis? Okay, dann vielleicht gleich zum wichtigsten Netz der Welt – dem Tornetz. Wie das Internet musste ja auch das Löchrige hinter dem Eckigen, in das das Runde muss, irgendwann irgendwoher gekommen sein. 1889, genau 100 Jahre bevor der Brite Tim Berners-Lee das World Wide Web erfand, erhielt ein anderer Brite, John Alexander Brodie, ein Patent für eine „Netztasche“, die an Fußballtoren angebracht werden konnte. Das Mutterland des Fußballs ist also auch das Mutterland des Tornetzes; und seine Mutterstadt ist – Liverpool. Denn dort arbeitete Brodie als Ingenieur in der Stadtverwaltung.
Fußball ist in Hamburg gerade kein so gutes Thema? Schade, wo doch der Hamburger Fußball seine beste Zeit ausgerechnet in jenen Jahren hatte, als ein Netzer HSV-Manager war… Na gut, ich hör ja schon auf damit.
Rein ökonomisch sind natürlich andere Netze wichtiger: Straßen-, Strom-, Schienen-, Telefonnetze zum Beispiel. Und die sind auch alle älter als das Tornetz, sogar das so modern klingende Telefonnetz. Das erste seiner Art wurde 1877 in New Haven im US-Bundesstaat Connecticut konstruiert. Der Telegrafist George W. Coy verband damals 21 Teilnehmer miteinander. Für seinen Netzknoten – die Schalttafel der Telefonvermittlung – verwendete er unter anderem Draht aus ausrangierten Reifröcken. Noch rustikaler vernetzten sich Ende des 19. Jahrhunderts in vielen ländlichen Regionen der USA die Farmer. Sie verbanden die Stacheldrahtzäune zwischen ihren Grundstücken miteinander, wodurch sie wie eine Telefonleitung funktionierten – fertig war das Country-Style-Telefonnetz.
Die Vernetzung war übrigens schon eine Lösung, als es noch weder Computer noch Telefone noch Eisenbahnen gab. Das belegt unter anderem das Märchen von der klugen Bauerntochter aus der Sammlung der Gebrüder Grimm von 1815. Dem Mädchen war vom König das Rätsel aufgegeben worden, nicht bekleidet und nicht nackt, nicht geritten und nicht gefahren zum Schloss zu kommen – worauf sie sich in ein Fischernetz hüllte, das sie von einem Esel ziehen ließ.
Während für Fische die Vernetzung ein massives Problem darstellt, ist sie für Spinnen eher die Lösung. Allerdings auch nicht für alle: Die weltweit mehr als 5000 Arten der Familie der Springspinnen fangen ihre Beute nicht in Netzen, sondern indem sie sich auf sie stürzen. Die Spinnen mit den Netzen hingegen bilden die Ordnung der Web-Spinnen. Worldwide.

 

Text: Detlef Gürtler