Es klingt wie ein Werbeslogan der Ausstellungsbranche: «Paris ist eine Messe wert.» Aber als dieser Ausspruch am 25. Juli 1593 getätigt wurde, hatte er mit dieser Art von Messen wenig zu tun.
Er stammt von Heinrich von Navarra, bis dahin Führer der französischen Protestanten (Hugenotten), der an diesem Tag zum katholischen Glauben wechselte. Um König von Frankreich zu
werden, musste man damals noch Katholik sein, und nur dort werden die Gottesdienste auch «Messe» genannt.

Ein Jahr später wurde er tatsächlich als Henri IV. zum König von Frankreich gekrönt. Ein knappes Jahrhundert später wurden die von ihm so schmählich verlassenen Hugenotten unter Ludwig
XIV. aus Frankreich vertrieben. Viele fanden eine freundliche Aufnahme in Preußen, das nicht zuletzt dank hugenottischem Gewerbefleiß den Aufstieg zur europäischen Supermacht schaffte. Die
Einigung Deutschlands unter preußischer Führung im 19. Jahrhundert geht also nicht zuletzt auf diese eine Messe aus dem 16. Jahrhundert zurück.

Ja, die heutigen Ausstellungen verdanken ihren Namen katholischen Gottesdiensten. Denn wenn ohnehin für die geistliche Messe alles Volk auf dem Kirchplatz zusammenkam, konnte man ihm ja auch gleich alles mögliche andere unterjubeln. Die Verkaufsausstellung beruht ebenso auf dieser Tradition wie das Volksfest, was sich im Dialektwort «Kirmes», also Kirchmesse, bis heute erhalten hat. Aber, nein, Katholizismus ist schon lange keine Voraussetzung mehr, um eine Messe zu veranstalten oder zu besuchen. Das deutsche Messewesen hat sich ganz weltlich zu einer europaweit und
oft auch weltweit führenden Branche entwickelt. Von der Buchmesse in Frankfurt über die Hannover-Industriemesse bis zu Branchenmessen wie Drupa oder Anuga, der Kalender ist voll von internationalen Leitmessen made in Germany.

Der jüngste Aufsteiger in die Leitmessen-Liga ist wohl die WindEnergy Hamburg. Im Jahr 2014 übernahm sie die Leitmessen-Eigenschaft von der «Husum Wind». Die wiederum war bei ihrer ersten Austragung im Oktober 1989 die weltweit erste Messe der Windkraftindustrie – mit ganzen 20 Ausstellern in eine Viehauktionshalle.

Eine ganz andere Leitmesse hatte Otto von Griechenland im Kopf. Der aus Bayern stammende erste König Griechenlands (von 1832 bis 1862) wollte deutsche und griechische Traditionen zusammenbringen. Die aus der Antike stammenden Sportwettkämpfe verband er mit einer landwirtschaftlichen Ausstellung, wie er sie vom Münchner Oktoberfest kannte. Mit diesem Mix wurden
in Athen zwischen 1859 und 1889 viermal Veranstaltungen unter dem Namen “Olympien” durchgeführt – eine nur selten gewürdigte Kombination von sportlichem Kräftemessen, ökonomischen
Leitmessen und gastronomischen Maßkrügen.

Das 19. Jahrhundert war ohnehin Boomzeit für Messen. Was heute „Leitmesse“ heißt, hieß damals „Weltausstellung“ und sollte allen Fortschritt des rasenden Industriezeitalters an einem Platz zusammenführen. Unangefochtener Weltmarktführer für Weltausstellungen ist: Paris. Seit 1855 war die französische Hauptstadt 9mal Austragungsort einer vom „Bureau International des Expositions“
(BIE) offiziell anerkannten Ausstellung. Berlin war bislang dreimal dabei, München und Hannover jeweils einmal; Hamburg hingegen kann in der BIE-Statistik nur zwei internationale Gartenbauausstellungen vorweisen (1963 und 1973).

Dafür ist Hamburg auf ganz andere Art untrennbar mit einer Weltausstellung verbunden: mit der von St. Louis im Jahr 1906. Dort wurde nämlich erstmals die klassische deutsche Frikadelle unter dem Namen „Hamburger“ angeboten – von Auswanderern aus, genau, Hamburg, die dieses Produkt mit nach Amerika gebracht hatten.

 

ILLUSTRATION: Raphaela Schröder