Citymanagerin BRIGITTE ENGLER liebt Trüffel. Auch deshalb ist sie Nils-Kim Porrus Einladung ins Alsterhaus zum gemeinsamen Kochen im „Artisan de la Truffe“ gern gefolgt.

Ein Highlight im Herbst? Trüffel! Sie duften einzigartig, nach Erde, nach Wurzeln, die sich in die Erde hineingraben und nach Pilzen, die in ihrem Schutz gedeihen, nach Wald eben, Bäumen, Laub. So lag es nahe, dass Küchenchef Nils-Kim Porru beim Treffen mit Citymanagerin Brigitte Engler Trüffel auftischte. Und wo kann man das besser als im „Artisan de la Truffe“ auf der Gourmetetage des Alsterhauses mitten in der City. Denn die City ist schließlich das, was Engler seit mittlerweile schon zwölf Jahren betreut.
Porru hat in einer enormen gelben Box alles angeschleppt, was es für das herbstliche Gericht braucht. Am Ende sitzen sich der Profikoch und die engagierte Familienköchin bei Hirschfilet auf Selleriepüree mit Kräuterseitlingen, Ofengemüse und Trüffelrisotto beim Glas Rotwein gegenüber – allerdings mehr fürs Foto als für den vergnügten Genuss. Es ist schließlich später Vormittag, und beide haben noch gut zu tun. Aber die großzügig gehobelten Trüffelscheiben auf dem Hirschfilet verströmen ihren mundwässernden Duft und künden von den Köstlichkeiten, die die Natur auch im kühlen Herbst bereithält.
Für Engler sind Trüffel „eine späte Liebe“. Sie schätzt sie schlicht, „am liebsten über frische Pasta gehobelt“. Ihr liegen mehr die althergebrachten Genüsse, die sie aus dem Haushalt ihrer Mutter kennt. Die Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb im Münsterland – da gab es keine Fertig- oder Tiefkühlgerichte, „es wurde immer frisch gekocht, und das habe ich genau so gehalten für die Familie.“ Die besteht aus zwei erwachsenen Kindern, 27 und 25, und einem Ex-Ehemann, mit dem es trotz früher Scheidung ein entspanntes Verhältnis gab und gibt. Beide nahmen das Elternsein immer ernst. Charlotte arbeitet heute für den Chef von Hagebau, Sohn Alexander studiert Wirtschaftsrecht.
Studiert hat auch Engler, Betriebswirtschaftslehre, und das in der kürzestmöglichen Zeit, mit 38 Jahren. „Und mit der Unterstützung meines Lieblingsarbeitgebers Peek&Cloppenburg. Ich bekam einen der ersten Verträge, in denen eine Jahresarbeitszeit geregelt wurde. Das gab mir die Flexibilität, zu arbeiten und die Kinder zu versorgen.“ Auch da half der Vater. Jedenfalls blieb immer Zeit für Selbstgekochtes. „Tüten, Geschmacksverstärker oder sonst etwas Künstliches kommt mir nicht ins Haus.“
Die im Ofen gegarten Karotten, von Porru mit etwas Rosmarin aromatisiert, begeistern sie ebenso wie die mit Thymian parfümierten Pilzscheiben des Kräuterseitlings. Die sind geschickt so geschnitten, dass sie wie stilisierte Fischchen aussehen. Als Dekoration kommen noch kleine Blüten der Margerite, winzige Stiefmütterchen und Borretschkresse hinzu – alles essbar. Und alles verbindet sich wunderbar mit Trüffelduft und -aroma.
„Trüffel ist selten und daher teuer“, sagt Porru. Die Preise schwanken nach Saison, mal gibt es mehr, mal weniger. Weil Gourmets in aller Welt Trüffel lieben, ist die Nachfrage enorm und treibt die Preise in die Höhe. Da wird dann auch schon mal gemogelt, denn Sand und Wasser, die sich in den Rillen der Pilzknollen wohlfühlen, bringen Gewicht auf die Waage. „Ich beziehe Trüffel von einem vertrauenswürdigen Händler in Bayern – geputzt und sauber, ohne Erde an der Knolle.“ Für den Hausgebrauch empfiehlt er den aromatischen Pilz aus der Gattung Tuber eher nicht. „Trüffel werden ja grammweise verwendet. Mit einem sehr scharfen, feinen Hobel werden sie über das Gericht gestreut. Das heißt, man muss den Rest lagern, in Reiskörnern oder Stroh. Duft und Aroma gehen schnell verloren.“
Er hat diesmal Sommertrüffel für den Hirsch verwendet, tuber aestivum, aus Italien, einem klassischen Lieferland, ebenso wie Frankreich mit dem Périgord und Burgund zum Beispiel. Inzwischen kommen Trüffel auch aus anderen Ländern, sogar manchmal aus China. Der stark duftende, unterirdisch wachsende Pilz ist eine seit Jahrtausenden bekannte Delikatesse, die wahrscheinlich von frühen Pilz- und Kräutersammlern entdeckt wurde. Weil selten und teuer, galten Trüffel in frühen Jahrhunderten als Luxus und Aphrodisiakum, was prompt die Kirche auf den Plan rief. Im 18. Jahrhundert trieb Frankreich schon schwunghaft Handel mit Trüffeln, die damals in den Wäldern noch mit Schweinen gesucht wurden, denn sie verstecken sich gern im Wurzelwerk von Eichen. Doch Schweine sind selbst Fans der Tuberaceae, wodurch die Ausbeute oft gering blieb. Heute schickt man speziell abgerichtete Hunde auf die Suche, forstet Eichenschonungen auf, in denen sich die Knollen ansiedeln und hat mit Zuchtversuchen einigen Erfolg.
„In der Edelgastronomie werden Trüffel gern zelebriert“, sagt Porru. „Da werden verschiedene Sorten angeboten zu Grammpreisen von gut und gern über 100 Euro. Dann kommt jemand an den Tisch und hobelt, mit weißen Handschuhen angetan, vorsichtig Trüffelscheibchen auf eine sehr fein eingestellte Waage. Das geht natürlich auch im Business Club. Wenn jemand ein Gericht mit Trüffeln, vielleicht für ein Jubiläum oder einen Geburtstag, bestellt, machen wir es möglich.“
Im „Artisan de la Truffe“ kann man auch im Kleinen am Luxus naschen. Es gibt hier Öl, Essig, Salz, Ricotta, Risottoreis, Cashewnüsse sowie Pasta und Käse, die mit Trüffeln aromatisiert sind, sogar Bonbons. Klingt ein bisschen fremd, schmeckt aber erstaunlich gut. Die Citymanagerin freut sich über interessante Restaurants in der Innenstadt. „Die kann man schließlich nicht online besuchen.“ Als sie vor zwölf Jahren antrat, war das Einkaufen im Internet noch ganz am Anfang. „Wir steuern dagegen mit neuem Straßenmobiliar, moderner Beleuchtung, mit verkaufsoffenen Sonntagen, Veranstaltungen, Investitionen in Bäume, Pflaster und Fassaden. Hamburgs City ist und bleibt attraktiv.

 

Brigitte Engler
Die gebürtige Münsteranerin ist seit elf Jahren Citymanagerin in der Hansestadt. Ihre Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit zwischen Einzelhändlern, Dienstleistern, Grundstückseigentümern und dem Senat voranzutreiben. Sie vertritt rund 830 Geschäfte in der Innenstadt. Die 58-Jährige übernahm 2007 den Posten von Henning Albers, dem „Vater“ der Hummel-Figuren, nachdem sie 17 Jahre in verschiedenen Positionen bei dem Bekleidungsunternehmen Peek&Cloppenburg tätig war. Neben dem Job als Citymanagerin sitzt Engler im Aufsichtsrat der Hamburg Messe und Congress GmbH.

 

 

Text: Gisela Reiners Fotos: Martina van Kann