Im traditionsreichen Salonwagen „Hanseat“ kredenzte NILS-KIM PORRU dem neuen Vorstand der Hamburger Hochbahn, HENRIK FALK, während einer Stadtrundfahrt auf der historischen Ringstrecke erlesene Fingerfood-Köstlichkeiten.
Nils-Kim Porru ist schon da. Und hat sich Verstärkung mitgebracht. Der Küchenchef des Business Club Hamburg und sein Azubi Nicolas La Rocca werkeln sehr emsig, denn der Schauplatz der Begegnung mit Henrik Falk, dem Vorstandsvorsitzenden der Hamburger Hochbahn AG (HHA) findet in der U-Bahn statt. Jawohl, in der U-Bahn! Und zwar zur Rushhour. Na gut, nicht gerade in einem vollgestopften Waggon auf der Strecke zwischen Dammtor und Hauptbahnhof, sondern im Salonwagen „Der Hanseat“ auf einer wunderschönen Extratour. Aber während der Fahrt bei Geruckel zwischen Anfahren und Bremsen ist filigranes Dekorieren von Tellerchen und Schüsselchen nicht wirklich ein Vergnügen.
Also stehen die beiden Halbitaliener schon ein Weilchen an der Anrichte des Waggons und verteilen in Latexhandschuhen mit Pinzetten winzige Kräuter, Pilze, Kaviar und Rosenblätter auf Beeftatar und Hummerstückchen, Feige und Ziegenkäse, einer Tomatenmousse-Spirale mit Mozzarella und pochiertem Rhabarber mit Beerenfond, drei herzhaften Köstlichkeiten und einer süßen. Porru hat die drängende Frage „Was kochen wir heute?“ geradezu genial beantwortet: „Wir reichen Fingerfood. Diesen Salonwagen kann man mieten für Gesellschaften – da zeigen wir mal, was man den Gästen während der Fahrt anbieten kann.“
Da trifft es sich gut, dass der Waggon, vor 60 Jahren auf die Schiene gesetzt, hübsch umgebaut worden ist: Die beiden mit Durchgang verbundenen Teile bekamen Tischchen vor den 28 Sitzplätzen (50 Personen können mitfahren), Anrichte, Tresen und Zapfanlage. Und reichlich Platz, um das Tanzbein zu schwingen oder jemanden auftreten zu lassen. „Hopfen, Malz, Hamburg, Ratsherrn“ steht auf der Glasplatte an der Wand. Da weiß man doch gleich, was man erwarten kann.
Der „Hanseat“ steht auf Gleis 2 an der U-Bahn-Station Schlump. Es ist warm, es herrscht Berufsverkehr, die Menschen strömen über die Bahnsteige und staunen nicht schlecht über die Köche in ihrer Montur, die Speisenteller auf der Anrichte. Henrik Falk, der Hochbahn-Chef, im korrekten Businessanzug mit Krawatte, einen Rucksack lässig auf der Schulter, springt federnd in den Wagen. Er ist direkt mit der U-Bahn aus der Innenstadt gekommen. Er schüttelt Hände, bemüht sich bei der Begrüßung, den Berliner Tonfall wegzudrücken, und hat den Glanz im Auge, den kleine Jungen haben, wenn sie historische Züge zu sehen bekommen. Später wird Falk mal verschwunden sein und bei den Zugführern Mario und Tanja wieder aufgefunden werden. Vorne beim Fahrer ist es doch immer am tollsten. Falk folgte Anfang 2016 dem SPD-Urgestein Günter Elste auf den Stuhl des Vorstandsvorsitzenden der HHA. Er stammt aus Ostberlin, war 19, als die Mauer fiel. Beide Eltern waren Ingenieure, er studierte aber lieber Jura, wechselte von einer Anwaltskanzlei an die Spitze der Rechtsabteilung der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG), später in den Vorstand, zuständig für Finanzen, Marketing und Vertrieb. Von dort holte ihn Wirtschaftssenator Frank Horch nach Hamburg. Der 48-Jährige brachte seine Frau Steffi mit, eine Kostümbildnerin, und drei Kinder, eine 16-jährige Tochter und 13-jährige Zwillinge. Die Familie wohnt in Bergedorf, von wo der Vater in der Regel mit Rad und Bahn unterwegs ist, selten mit dem Auto. Sein Vertrag mit der HHA wurde bereits verlängert, läuft jetzt bis 2023.
Der Anblick von Porrus Leckereien gefällt Falk ganz offensichtlich. Kann er kochen? „Najaaa – doch schon. Die Kinder bekomme ich auf jeden Fall satt mit allem, was die so mögen. Das sind natürlich hauptsächlich Nudeln aller Arten und reichlich Soße dazu. Da kann ich aber mehr als eine“, sagt er und grinst. Seine Oma war Jägerin, zerlegte die Tiere selbst und verarbeitete sie. Das hat den kleinen Henrik beeindruckt, „besonders natürlich die Messer“, und ans Kochen gebracht.
Inzwischen ist die Bahn angefahren. Unter den verblüfften Blicken der Fahrgäste aus Parallelzügen hat Küchenchef Porru aufgetischt. In gläsernen Schalen präsentieren sich die Köstlichkeiten, auf schwarzen Steinen und in goldfarbenem Blech in der Form von Sardinendosen. Alles sehr appetitlich und attraktiv. Es schuckelt ganz schön – aber alles bleibt an seinem Platz, die Blüten, die Yuzu-Tapioka-Perlen, das Wachtelei. Nichts kullert weg oder verrutscht. Porru hat an alles gedacht, mit Basilikum-Mayonnaise oder Schokoladenmousse für Haltendes gesorgt.
Schon nach kurzer Zeit fährt die Bahn raus ans Licht, und bei strahlendem Wetter zeigt sich Hamburgs Schokoladenseite. Wer mürrisch in den Norden kam und Hamburg für eine Steinwüste am Rande der Tiefebene hielt – hier wird er eines Besseren belehrt: Wasser glitzert, Schiffe ziehen vorbei von der Barkasse bis zum Containerriesen, Kräne schwingen, die Musicalhäuser setzen Tupfer, die Elbphilharmonie thront am Ufer. Von den Hochbahnbrücken sieht man unten die Autos im Stau stehen, während die Fassaden der modernen Büro- wie der altmodischen Kaufmannshäuser zum Greifen nah scheinen.
Der Zug fährt die alte Ringlinie von 1912 am Elbufer entlang auf der heutigen Strecke der U3, vorbei an den Museumsschiffen am Baumwall, durch die Innenstadt und wieder hinaus, vorbei an blühenden Kastanien und weißen Gründerzeithäusern. (Zwei Stunden Miete kosten 780 Euro inklusive Personal und Mehrwertsteuer). Er gleitet über Kanalbrücken, gibt den Blick frei auf Paddler und Tretbootfahrer, die unter maigrünen Bäumen an den Wasserrändern den Feierabend genießen. Im Hintergund schimmert blau die Alster, gesprenkelt mit weißen Dreiecken der Segelboote. Hamburg vom Feinsten.
Falk ist in Hamburg angekommen. „Ich fand kein Vorurteil bestätigt. Die Leute sind offen und freundlich. Ich vermisse nichts.“ Und schließlich sei Berlin ja auch nur gut 90 Minuten Bahnfahrt entfernt. Er kaut genüsslich, probiert alles und berichtet von der Weihnachtsgans, die er mal zubereitet hat: „Die beste meines Lebens.“ Dann fügt er hinzu: „Naja, es war auch die einzige.“ Jungenhaftes Grinsen! Aber berühmt sei seine Vinaigrette. Natürlich nehme er Dijon-Senf, klar, und Balsamico, und auch sonst nur feine Zutaten. Aber die richtige Mischung beherrsche er jedenfalls ganz vorzüglich. Er selbst liebt Fisch, vor allem aber Sushi. „Gibt es natürlich auch in Berlin jede Menge, aber hier sind Sushi irgendwie noch besser und frischer. Dafür kommt man in Hamburg nicht an meine geliebte Currywurst ran, natürlich die ohne Haut!“
Der „Hanseat“ ist auf dem Rückweg Richtung Schlump. Porru reicht pochierten Rhabarber mit Vanille Crunch. „Köstlich!“ Leider hat sich der Küchenchef die Mühe ein bisschen umsonst gemacht. Aufträge von „Hanseat“-Buchern wird er leider nicht bekommen. Die HHA hat eine eigene Gastronomie. Aber auch auf anderen Events wird man sein Fingerfood zu schätzen wissen.
Henrik Falk
Der gebürtige Berliner machte eine Ausbildung zum Maschinenbauer und studierte später Jura in Berlin. Nach fünf Jahren als Anwalt wechselte er zu den Berliner Verkehrsbetrieben, ehe der dreifache Familienvater von Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch zur Hamburger Hochbahn „abgeworben“ wurde. Seit zwei Jahren versucht Henrik Falk die Hanseaten von seiner Philosophie der Digitalisierung des Personennahverkehrs zu überzeugen. Ein Leuchtturmvorhaben ist dabei die flächendeckende Einführung des kostenlosen WLAN, die Ausstattung der neuen DT5-Züge mit USB-Ladebuchsen. Und sehr bald sollen alle Fahrten mit dem Handy gebucht und auch bezahlt werden – immer zum bestmöglichen Preis.