Die Sache war schnell klar: Als Nils Kim Porru erfuhr, dass der Geschäftsführer des Jobcenter Hamburg, DIRK HEYDEN, gern italienisch kocht, schlug der Küchenchef ein italienisches Gericht für das Koch-Event vor.

Das hat ja so was von gepasst! Das Treffen von Küchenchef Nils- Kim Porru mit Dirk Heyden sollte beim Italiener stattfinden, und Pasta sollte es geben. Heimspiel also für den Halbitaliener Porru. Als sein Gesprächs- und Küchenpartner, der Chef vom Jobcenter Hamburg, eintraf, war der begeistert vom „Alitalia“ in der Hammerbrookstraße: „Meine Familie und ich sind auf dem Absprung in den Urlaub – nach Italien! 2017 waren wir auf Sardinien, jetzt wollen wir nach Sizilien, in die Gegend zwischen Syrakus und Noto, in ein nettes altes Städtchen mit Kirche und Marktplatz. Da gibt es etwas zum Besichtigen, Schlendern und Verweilen und klassische italienische Küche dazu. Ich mag das sehr.“
Derweil servierte Chefkoch Porru Gnocchi, gefüllt und ungefüllt, mit verschiedenen Soßen, Bolognese, Carbonara und Pesto. Heyden, offenes Hemd, blauer Anzug, groß und schmal, lief sichtlich das Wasser im Mund zusammen. „Meine Frau und ich kochen gern selbst. Ich mag am liebsten Fisch zubereiten, dünsten, braten, grillen. Egal. Aber Pasta gibt es auch.“ Der vierjährigen Tochter werden die Nudelgerichte vermutlich entgegenkommen. Die werden bei schönem Wetter auf einer kleinen Dachterrasse in Alsterdorf verspeist, wie es in Venedig die Familie Brunetti macht, in den Filmen nach Donna Leons Krimis – nur ohne Lagune im Hintergrund.
Dirk Heyden – später wird er mit Porru über die Herstellung der richtigen Tomatensoße fachsimpeln – kam vor zweieinhalb Jahren nach Hamburg, um die Geschäftsführung des Jobcenters zu übernehmen, einer Einrichtung, die von der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt Hamburg getragen wird. Sie kümmert sich, grob gesagt, um HartzIV-Empfänger, besorgt also die Grundsicherung für Arbeitslose, die nicht das normale Arbeitslosengeld beziehen aus der Versicherung, in die sie bei längerer Erwerbstätigkeit Beiträge eingezahlt haben. Jobcenter wollen Arbeitslosen helfen, nach dem Grundsatz des Förderns und Forderns für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Dazu gehört, dass Aus-und Weiterbildung organisiert, aber auch die Kosten für Miete und Heizung übernommen werden. Früher waren diese Leistungen unter dem Begriff Sozialhilfe bekannt, bis durch die Agenda 2010 die Aufwendungen von Arbeitsamt und Kommune zusammengefasst wurden unter der inzwischen üblichen Bezeichnung HartzIV.
Als Heyden (54) Anfang 2016 sein Amt antrat, gab es 16 Standorte über das gesamte Stadtgebiet verteilt, heute sind es 18. „So sind wir näher an den Menschen dran.“ 180 000 Erwachsene und Kinder zählen zum Kundenkreis von Heyden, damit etwa jeder zehnte Hamburger, allerdings mit sinkender Tendenz. „Nach neuesten Zahlen sind erstmals weniger als 100 000 Haushalte betroffen“, sagt Heyden sichtlich erfreut. Er ist unter anderem zuständig für „Aufstocker“, deren Bezüge nicht zum Leben ausreichen, für Pflegebedürftige, für Alleinerziehende und auch für die Geflüchteten, die nach Arbeit und Ausbildung suchen. „Wir streben danach, Arbeitgeber, die händeringend nach Mitarbeitern suchen, mit denen zusammenzubringen, die nach Erwerbsmöglichkeiten suchen.“
Der Diplom-Verwaltungswirt, geboren in Braunschweig, ist bei der Bundesagentur ein alter Hase, insgesamt rund 30 Jahre hat er in verschiedenen Positionen und in mehreren Städten gearbeitet, war auch schon in Hamburg beschäftigt, bis ihn eine Beförderung für fünf Jahre nach Schwerin versetzte. „Ich hätte auch nach Nürnberg in die Zentrale gehen können, aber so war ich näher an der Familie. Meine Frau und ich sind abwechselnd gependelt.“ Frau Heyden, eine Juristin, arbeitet als Personalreferentin am Flughafen. „Sie sucht auch ständig nach Mitarbeitern.“
Heydens Etat liegt bei 1,2 Milliarden Euro im Jahr, jeweils 500 Millionen verschlingen das Arbeitslosengeld II (HartzIV) und die Mietkosten. Der Rest geht für IT-, Personal- und andere Kosten drauf. Über 120 Millionen kann Heyden aus Mitteln des Bundes verfügen – für zum Beispiel Deutschkurse und Leistungen an diejenigen, die ausbilden oder lernen oder ein Praktikum machen. „Wir zahlen an Arbeitgeber wie an Arbeitsuchende.“ Damit kann man viel machen. In Schwerin hat Heyden als Leiter einer der flächenmäßig größten Arbeitsagenturen für Jobs gesorgt. „Es ist uns gelungen, Nestlé mit einem Werk für Kaffeeprodukte in Schwerin anzusiedeln. Nestlé schwankte zwischen Frankreich und Mecklenburg-Vorpommern. ‚Bringen Sie die Produktion, ich bringe die Arbeitskräfte‘, habe ich gelockt. Es hat schlussendlich geklappt.“ Zufrieden nascht Dirk Heyden ein bisschen von der fabelhaften Carbonara, die Porru aus Speck, Schalotten, Rosmarin und Sahne einfach, aber köstlich zusammengerührt hat.
„Hier in Hamburg funktioniert die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sehr gut. Alle brauchen Fachkräfte, also müssen sie auch Menschen ausbilden. Das Jobcenter arbeitet vorzüglich zum Beispiel mit der Hochbahn, der Stadtreinigung und dem Handwerk zusammen. Ich sehe mich da als absoluter Netzwerker, bringe alle Seiten an einen Tisch. Viele Geflüchtete bringen Fertigkeiten mit, auf denen man aufbauen kann. Da ist zwar die Sprache das Problem, aber da kann man ja helfen. Wir haben sehr viele hochmotivierte junge Leute, die wir an deutsche Erfordernisse anpassen können. Und wir versuchen, sie so fit zu machen, dass sie nicht ihr ganzes Leben von Transferleistungen abhängig sind. Das gilt für Männer wie für Frauen, auch wenn die noch in der Unterzahl sind.“
Noch ein Löffelchen von der Bolognese? Inzwischen etwas kalt geworden, aber immer noch lecker. Das Hack schwitzt Porru mit Schalotten an und löscht mit etwas Rotwein ab. Das Ganze wird mit einer Tomatensoße aufgegossen nach dem Rezept von Porru senior. Wichtig: Viel Olivenöl! Ein Schluck roten Portweins gibt den letzten Pfiff.
Aber Heyden will nicht nur Maurer, Mechatroniker oder Logistiker zum Beispiel für Amazon in Winsen/Luhe ausbilden lassen, auch Busfahrer „nach dem Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetz. Das Wort musste ich auch erst lernen“. Im Business Club wird er am 26. November auftreten, um Unternehmer aus der Gebäudereinigungsbranche zu treffen. „Das wird ein spannender Abend. Ich freue mich darauf.“ Porru sammelt die verschiedenen Pastasorten ein, die er als Deko mitgebracht hat: Tagliatelle weiß, rot und grün, Raviolini mit Trüffelfüllung, Rigatoni und Taglarini. Heyden hat Bedauern im Blick, das wird aber abgelöst durch schiere Vorfreude auf den Urlaub und jede Menge Pasta.

 

Christian Heyden
Hamburg ist so etwas wie die zweite Heimat für den 54-Jährigen. So war er vor seinem fünfjährigen Aufenthalt in Schwerin (2010 bis 2015) unter anderem bereits von 2007 bis 2010 als Geschäftsführer Inter Service in der Agentur für Arbeit tätig. Am 1. Januar hat Heyden die Leitung des jobcenter. team.arbeit.hamburg übernommen. Über die Rückkehr in die Hansestadt freut sich auch die Familie. Denn jetzt können Vater, Mutter und Tochter endlich die Lieblingsplätze per Spaziergang oder mit dem Fahrrad wiederentdecken.

 

Text: Gisela Reiners Fotos: Martina van Kann