Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe, lud Nils-Kim Porru zum Kochen ins Restaurant Harbour Light ein. Das Ergebnis? Ochsenschwanzpralinen mit zweierlei Püree – und äußerst angeregte Küchengespräche.

Das dunkelblaue Jackett ist schnell abgelegt, die Ärmel sind rasch hochgekrempelt. Bernd Aufderheide kommt gerade erst vom Flughafen. Von Anspannung jedoch keine Spur bei Hamburgs Messechef – mit Interesse begutachtet er die Zutaten, die Nils-Kim Porru bereits auf dem Küchentresen des Messe-Restaurants Harbour Light ausgebreitet hat. Der Küchenchef des Business Club hat sich Ochsenschwanzpralinen mit Spinat- und Selleriepüree an feiner Jus als gemeinsames Projekt ausgedacht. „Gefällt mir gut“, sagt Bernd Aufderheide. „In der Küche bin ich ein Fan von einfachen Sachen.“
Und noch bevor der 60-Jährige dem Profikoch dabei helfen kann, den bereits im Ofen mit Portwein, Madeira, Gewürzen und Kräutern geschmorten, dann fein geschnittenen und gezupften sowie anschließend mit einer Geflügel-Farce und Petersilie abgeschmeckten Ochsenschwanz zu Bällen zu formen, überrascht er mit Biografischem. „Kurz vor dem Abitur habe ich regelmäßig im Restaurant eines Freundes meiner Eltern gearbeitet. Sogar meine Kochprüfung hätte ich im Herforder Felsenkeller machen können“, erzählt der gebürtige Ostwestfale. Weil die Entscheidung dann doch zugunsten des Abiturs gefallen sei – durchaus schweren Herzens, wenn man den schelmischen Blick richtig deuten mag – sei es bloß beim „ernsthaft betriebenen Hobby“ geblieben.
Ein Hobby allerdings, das auch heute noch einen festen Platz im Leben von Bernd Aufderheide hat, der seit 15 Jahren für die Hamburg Messe und Congress GmbH tätig ist – zunächst als Geschäftsführer und seit nunmehr zwölf Jahren als Vorsitzender der Geschäftsführung. Am heimischen Esstisch kann dieser in schöner Regelmäßigkeit sogar einen ganz besonderen Gast begrüßen: „Ich hatte das Privileg, im Rahmen der INTERNORGA Johann Lafer kennenzulernen. Mittlerweile haben wir uns intensiv angefreundet.“ Und so komme der beliebte TV-Koch von Zeit zu Zeit mit ein paar Zutaten vorbei, um mit diabolischem Lächeln zu fragen: „Und? Was machen wir jetzt daraus?“
An diesem Tag ist es Nils-Kim Porru, der den Takt angibt: Die Ochsenschwanzpralinen, von der Größe her eher mit einer Rumkugel vergleichbar, werden paniert und dann ausgebacken. Während diese abkühlen, geht es an die Zubereitung der beiden Püree-Variationen. Porru hat bereits Blattspinat à la Crème gekocht, der nun in speziellen Metallbechern sehr fein püriert wird. „Den Knollensellerie habe ich zuvor in Würfel geschnitten und kurz gegart, damit sich die Bitterstoffe verflüchtigen. Danach kommen diese mit Rosmarin, Thymian und etwas Butter in den Ofen“, erklärt der 40-Jährige. Nach dem anschließenden Pürieren müsse nur noch mit Salz und Pfeffer sowie ein wenig Butter und Muskat abgeschmeckt werden. Ob sein Küchenpartner ihm beim Anrichten helfen könne? „Da bin ich eher schlecht drin“, gibt Bernd Aufderheide zu, während er die Portwein-Jus verteilt. „Das Auge isst bei mir so intensiv nicht mit.“ Trotzdem gibt sich der Hobbykoch größte Mühe, den Gaumen- auch in einen Augenschmaus zu verwandeln. Dazu müssen auch noch Spiegeleier zubereitet sowie fein geschnittene und mit Salz, Pfeffer und Paprika gewürzte Schalottenringe mehliert und in der Pfanne geröstet werden. Letztgenannte Zutaten dienen als deftiges Topping.
Nichts ist schlimmer als schlechte Zutaten“, sagt Bernd Aufderheide und gerät ins Schwärmen. Der Messechef, der seine Ferien regelmäßig in der Normandie verbringt, liebt die bodenständige französische Küche. Und kann so wunderbar anschaulich von frischer, in Pergament eingeschlagener Butter, von gebratener Blutwurst oder von mit Calvados flambiertem Kalbsschnitzel erzählen, dass dem Zuhörer unweigerlich das Wasser im Mund zusammenläuft. Nils- Kim Porru zeigt sich äußerst angetan von der Vorliebe des Hobbykochs, bestimmte Gerichte direkt in der gusseisernen Pfanne zu servieren. Und kontert mit einem Rezept seines italienischen Vaters für sautierte Pilze, die mit geröstetem Brot verspeist werden. Während beide noch über den passenden Wein fachsimpeln und das feine Mittagsgericht zu ihrem Tisch tragen, der einen eindrucksvollen Panoramablick Richtung Sternschanze gewährt, ist man plötzlich beim Du. Diese Geste überrascht kaum – Bernd Aufderheide ist alles andere als prätentiös. Passend also, dass er ebenso gern das französische Restaurant „Petit bonheur“ in der Neustadt besucht wie seine Lieblingscurrywurstbude ganz in der Nähe des Messegeländes. „Dem Ostwestfalen unterstellt man ja gemeinhin eine gewisse Sturheit, aber schon meine Mutter hat mir beigebracht, immer alles zu probieren.“
Ein Wesenszug, der gerade in seinen Auslandsjahren, in denen er ebenfalls Führungspositionen bei verschiedenen Messegesellschaften inne hatte, von Vorteil gewesen sei. „Als meine Frau und ich in Singapur heirateten, wo ja kulinarische Einflüsse unterschiedlichster Ethnien miteinander verschmelzen, rieten mir meine Brüder, Kartoffeln für meine Eltern zu besorgen“, erzählt Bernd Aufderheide. „Doch sogar die zwei waren so begeistert von der gebotenen Vielfalt, dass meine Frau und ich später fünf Kilo Kartoffeln zu Reibekuchen verarbeiten mussten.“
Ursprünglich hatte der Herforder einmal Marineoffizier werden wollen. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre und der anglo-amerikanischen Geschichte machte Bernd Aufderheide ein Praktikum bei der Kölner Messegesellschaft – und ist nun seit mehr als 30 Jahren einer Branche treu, die nicht nur extrem abwechslungsreich, sondern auch sehr international ist. Eine Branche, an der ihn besonders auch „das ideologiefreie Miteinander“ fasziniere. „Meiner Meinung nach haben Messen einen hohen politischen Sinn, weil sie auch viel mit Völkerverständigung zu tun haben.“ 2018 veranstaltete die Hamburg Messe und Congress GmbH, zu der mehr als 300 Mitarbeiter gehören, rund 60 Messen und weitere Veranstaltungen. „Wir sind vielleicht nicht der größte Veranstalter, aber wir sind sehr spezialisiert“, sagt Bernd Aufderheide, der sich nicht nur für Leitmessen wie die Internorga oder die WindEnergy Hamburg begeistern kann, sondern sich auch über weniger konventionelle Events wie die „Online Marketing Rockstars“ (OMR) freut. Tatsächlich hat der vielbeschäftigte Messechef noch einige weitere Ämter inne: Er steht diversen Branchenverbänden vor und ist zudem noch ehrenamtlicher Handelsrichter in seiner Wahlheimat. „Wenn etwas Spaß macht, dann empfindet man es auch nicht als Belastung“, sagt er.
Damit ihm privat das Bekochen von Gästen nicht zur Last wird, bevorzugt er eine Runde von nicht mehr als acht Personen: „Ein überschaubarer Kreis – und vielleicht ergibt sich am Ende ja sogar noch eine kleine Skatrunde.“ Wo der Hobbykoch sich Tipps holt, wenn gerade nicht Nils-Kim Porru oder Johann Lafer an seiner Seite sind? „Ich habe von meiner Mutter das ,Kochbuch für die deutsche Hausfrau‘ bekommen. Herrlich! Man erfährt Grundlegendes und hat stellenweise auch noch etwas zu lachen.“ Gerade habe er diesen „Familienschatz“ an seinen Sohn weitergegeben.
Als sich Bernd Aufderheide später vom Küchenchef verabschiedet, verabredet man sich lose für ein Treffen an der Elbchaussee – der Kochfan möchte gern einmal das Reich des Profis sehen. Und so wie man den Messechef erlebt hat, kann man sich ziemlich gut vorstellen, dass es mit dem Wiedersehen klappt.

 

Bernd Aufderheide,
ist seit Januar 2004 Geschäftsführer der Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC). Im April 2007 übernahm der heute 60-Jährige den Vorsitz der Geschäftsführung. 2018 konnte die Gesellschaft mit über 60 Veranstaltungen einen Jahresumsatz von 104,3 Millionen Euro verzeichnen. Zu den Leitmessen, die in den elf Hallen mit 87 000 Quadratmetern Ausstellungs- und noch einmal 10 000 Quadratmetern Außenfläche stattfinden, gehören die INTERNORGA mit etwa 96 000 Besuchern, die WindEnergy Hamburg sowie die SMM – the leading international maritime trade fair. Ein wichtiger Unternehmensbereich ist auch das derzeit wegen umfangreicher Modernisierungsarbeiten geschlossene CCH – Congress Center Hamburg, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade erst federführend die Rotary International Convention mit mehr als 25 000 Menschen aus 170 Ländern auf dem Hamburger Messegelände umgesetzt haben.

 

Text: Alexandra Maschewski Fotos: Martina van Kann