Bis Ende vergangenen Jahres war JÜRGEN DEFORTH Geschäftsführer der Audi Niederlassung Hamburg, jetzt erfüllt er sich den Wunsch nach Selbstständigkeit. Dass er mit dem Import von Skulpturen aus Afrika auch Gutes tut, ist ihm wichtig.
Es ist ein spektakulärer Auftrieb, als Jürgen Deforth seine Herde freilässt im Park nahe der Elbe: ein Elefant, ein Löwe, ein Gepard und ein Krokodil aus Metall, alle in Lebensgröße, herbeigeschafft auf einem Transporter. Und nun stehen sie da, glänzen in der Morgensonne, und Passanten bleiben stehen, stutzen, mancher fragt: „Bleiben die für immer hier? Ach, wäre das schön.“
„Leider nein“, sagt der Herr der Tiere, „aber wenn Sie eine Skulptur kaufen möchten, geht das natürlich.“ Denn Jürgen Deforth, 67, importiert und verkauft sie mit seinem neuen Unternehmen, der JMP Holding. Wo immer sie stehen, sei es in Haus und Garten, in Unternehmen oder in einer Hotellobby, erzeugen sie Aufmerksamkeit, und Menschen fotografieren sich mit ihnen. Bis Ende vergangenen Jahres war Deforth Geschäftsführer der Audi Niederlassung Hamburg. Altersbedingt musste er nach 36 Jahren in der Autobranche, davon 19 bei Audi, seinen Schreibtisch räumen. Kurzentschlossen erfüllte er sich den Wunsch nach einem eigenen Unternehmen.
Im Garten von Freunden hatte er ähnliche Exponate gesehen und war fasziniert. Die Kunstwerke waren aus Kenia über England importiert worden, und Deforth beschloss, so etwas könne man doch viel besser direkt machen. Monatelang recherchierte er und fand heraus, dass die besten Künstler gar nicht in Kenia, sondern in Simbabwe arbeiten. Er stieß auf eine Organisation namens ZimTrade, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Export in die westliche Welt anzukurbeln, um Simbabwe so eine bessere wirtschaftliche Perspektive zu verschaffen. „Dann bin ich nach Harare geflogen“, sagt Deforth, „und habe begonnen, zusammen mit einem Mitarbeiter von ZimTrade die Gegend zu bereisen, oder besser gesagt: abzusuchen.“
Kein mulmiges Gefühl in einem unsicheren afrikanischen Land? Ach, sagt Deforth, er sei ja auch fünf Jahre lang Präsident von Audi Lateinamerika und verantwortlich für 22 süd- und mittelamerikanische Staaten gewesen, die er dauernd bereist habe: „Ich habe keine Angst, wenn ich in der Welt unterwegs bin.“ In Simbabwe lernte er nun eines der ärmsten Länder Afrikas kennen. Die meisten Familien leben ohne Perspektive. Es herrscht hohe Arbeitslosigkeit, Lebensmittel sind knapp, und die Inflationsrate liegt bei 780 Prozent. Das Jahresgehalt eines Lehrers beträgt wenig mehr als tausend Euro. Einmal fuhren Deforth und sein Begleiter an einer Tankstelle vorbei, an der eine riesige Wartschlange von Autos stand. „Ich fragte: ‚Auf was warten die da?’“, erzählt Deforth. „Und mir wurde gesagt: Die Leute warten auf Benzin. Das kommt morgen oder übermorgen, vielleicht auch später. Deshalb übernachten die Leute in ihrem Auto, um ihre Position in der Schlange nicht zu verlieren.”
Schließlich fand Deforth sieben Künstler, denen er vertraute, deren Kreativität und handwerkliche Präzision ihn überzeugten. „Alle Skulpturen sind Unikate“, sagt Deforth und erzählt, wie akribisch etwa die Metall-Schuppen eines Krokodils gehämmert werden. Oder dass die Schweißarbeiten oft nur nachts gemacht werden können, denn am Tag gibt es meist keinen Strom.
Das Positive ist, dass die Skulpturen aus recycelten Metallen umwelt- und ressourcenschonend hergestellt werden und damit perfekt in das wachsende Umweltbewusstsein unserer Zeit passen. Für die Künstler sind sie zudem nicht nur die wichtigste, sondern die einzige Einnahmequelle. Allein der erste Container, der sich mit 238 Werken auf den Weg nach Deutschland machte, sichert den Lebensunterhalt für die sieben Künstlerfamilien und ihre Mitarbeiter für ein ganzes Jahr. „Das ist ein gutes Gefühl“, sagt Deforth. „Und ich würde mich freuen, wenn die Skulpturen nicht nur vielen Menschen Freude bereiten, sondern auch die Existenz einiger Familien sichern.“ Denn Simbabwe, das Land, über das Jürgen Deforth vor einem guten halben Jahr noch nichts wusste, aber vor allem die Künstler, mit denen er in wöchentlichem Kontakt steht, sind ihm längst eine Herzensangelegenheit geworden.
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