Das HAMBURGER START-UP matched.io vermittelt erfolgreich Software-Entwickler an Unternehmen – dank eines Algorithmus‘ in Sekundenschnelle. Die Gründung wurde mit einem dreimonatigen Aufenthalt im Silicon Valley belohnt..

Während in ihrer Heimatstadt längst herbstliches Schmuddelwetter herrscht, sitzt Manuela Sayin in einem lichtdurchfluteten Großraumbüro im Silicon Valley und startet bestens gelaunt in einen weiteren Tag – vollgepackt mit viel Arbeit und noch mehr Inspiration. Im Sommer haben die Unternehmerin und ihr Team den zweiten Platz beim „StartUp Camp“ des Landes Schleswig- Holstein belegt. Nun dürfen die 34-Jährige und ihr Mitgründer Cagdas Sayin drei Monate lang in den Räumen des weltweit bekannten Accelerators „Plug and Play“ versuchen, das eigene Unternehmen matched.io nachhaltig wachsen zu lassen – so wie “Plug and Play“ schon Unternehmen wie Google, Paypal und Dropbox mit groß gemacht hat.

Dreieinhalb Jahre ist es her, seit das insgesamt dreiköpfige Gründerteam mit matched.io an den Start gegangen ist – eine Jobplattform ausschließlich für Software-Entwickler. Das Besondere: Dank eines speziellen Algorithmus „matcht“ das Hamburger Start-up IT-Jobs automatisiert mit Profilen passender Developer. Entwickelt hat diesen „Graph-Algorithmus“ der dritte Mitgründer und Informatiker Stefan Frehse.

„Unternehmen benötigen nicht mehr als fünf Minuten, um ihre Stellenbeschreibung zu erstellen, unser Algorithmus dann maximal fünf Sekunden, um eine Auswahl an potenziellen Bewerbern zu finden“, sagt Manuela Sayin. Sie kann ganz gut damit leben, dass matched.io wegen der leichten Handhabung auch mit der Dating-App Tinder verglichen wird – betont jedoch, dass die berechneten Matches ihrer Plattform kuratiert sind. Längst gehören Unternehmen wie Fielmann, Wechselpilot und Otto zu denjenigen, die dieses schnelle und vor allem smarte Recruiting-Tool nutzen.

Das Verfahren halten die Macher nicht nur für kostengünstiger, sondern vor allem für effizienter als zum Beispiel Headhunter-Modelle. Bezahlt wird pro Bewerber, pro Einstellung oder nach einem gestaffelten Abo-Modell. Zudem berücksichtigt es nicht nur die Wünsche der Arbeitgeber, sondern hat vor allem die Bedürfnisse der Entwickler im Blick: „Wir beziehen nicht nur Faktoren wie die angestrebte Stundenzahl, die gewünschte Hardware oder bevorzugte Programmiersprachen ein, auch welche Jobziele die Talente langfristig verfolgen, gehört in die Bewertung“, sagt die Unternehmerin, die sehr genau weiß, dass ihre Zielgruppe die ständige Herausforderung liebt.

Mehr als 2.800 Interviews zwischen Unternehmen und Bewerbern sind durch matched.io bereits zustande gekommen. „Wie es nach dem Erstkontakt weitergeht, wissen wir nicht immer“, sagt die Start-upperin. „Aber natürlich ist klar, dass eine Plattform wie unsere nie komplett den persönlichen Kontakt wird ersetzen können.“

Bevor die gebürtige Rostockerin in die Start-up-Szene eingetaucht ist, hat sie erfolgreich in der Finanzbranche gearbeitet. Hat neben ihrem Vollzeitjob sogar noch ein berufsbegleitendes internationales Managementstudium absolviert, weil sie schon früh begann, sich zu langweilen. „Ich habe irgendwann realisiert, dass ich nicht intrinsisch für das brenne, was ich tue. Und nachdem ich mich in meiner Abschlussarbeit mit der Start-up-Nation Israel beschäftigt hatte, beschloss ich zu kündigen. Meine Familie hielt mich für völlig wahnsinnig!“ Sie selbst hingegen habe anschließend begeistert als Personalberaterin für Software-Entwickler gearbeitet – zunächst noch analog für das Unternehmen „Team Hy“, aus dem die Idee zu matched.io geboren wurde.

Drei Investoren sind mittlerweile mit im Boot, das Unternehmen steht kurz vor Ende der nächsten Finanzierungsrunde. Zusätzlich zur Recruiting-Plattform hat das mittlerweile 14-köpfige Hamburger Team Stack-stream.com ins Leben gerufen – eine Plattform, auf der sich Software-Entwickler live zu bestimmten Themen oder akuten Problemen austauschen können, und die künftig auch Unternehmen offenstehen soll, um Einblicke in deren Entwicklungsabteilung zu gewähren. „Ein bisschen wie Twitch für Developer“, zieht Manuela Sayin den Vergleich mit dem Live-Streaming-Videoportal. Das Herz von matched.io schlage eindeutig für die Entwicklernische – daran ändere auch der Umstand nichts, dass man häufig von großen Unternehmen angesprochen werde, doch bitte auch andere Branchen zu bedienen.

„Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren dermaßen an Fahrt aufgenommen – verstärkt noch durch die Pandemie. Und egal, welche Idee man umsetzen möchte: Es funktioniert nicht ohne Developer. Eigentlich sind das die Rockstars der Arbeitswelt.“ Ob es Konkurrenzangebote zu matched.io gebe? Bei rund 26 Millionen Developern weltweit bereitet der Gedanke an Nachahmer der Unternehmerin wenig Kopfzerbrechen.

Unter kalifornischer Sonne schauen sich Manuela und Mitgründer Cagdas sowie andere ausgewählte deutsche Start-ups nun in Ruhe den US-Markt an und betreiben das, wofür „das Valley“ ebenfalls steht: Networking. Jeden Tag treffen die Hamburger auf Gleichgesinnte, auf Mentoren, potenzielle Investoren und mitunter sogar auf weltbekannte Gründer. „Alles Menschen, die das Thema verstehen“, schwärmt Manuela Sayin. Und alles Menschen, die ebenso für eine Sache brennen wie sie selbst.

KONTAKT
matched.io
Bei den Mühren 70
20457 Hamburg
+49 40 60 77 90 70
www.matched.io

 

Text: Alexandra Maschewski  Foto: Manuela Sayin