VIKTORIA KICKINGER ist promovierte Philosophin, hat als Journalistin gearbeitet, als Managerin und als Aufsichtsrätin. Dann hat sie ein Start-up gegründet: die Weiterbildungsplattform Directors Academy. Mit fast 70 Jahren.

Wer an Gründer denkt, hat in der Regel ein bestimmtes Bild im Kopf. Junge, smarte Menschen um die dreißig in Kaputzenpullovern und Sneakern, Laptop unterm Arm und Smartphone in der Hand. Typ Digital Native. Und dann steht da Viktoria Kickinger, beinahe 70 Jahre alt, elegant mit Blazer über dem Blusen-Shirt und einem roten Gürtel als Eye-Catcher, Typ Klassiker, und sagt mit einer gehörigen Portion Stolz in der Stimme: „Wir sind eben ein Senioren-Start-up.“
Wir, das sind Dr. Gerhard Aminger, 73, Dr. Gunter Dunkel, 68, und Dr. Viktoria Kickinger, die im September 70 wird. Und ihr Start-up, das ist die Directors Academy, das einzige multimediale Portal zur Aus- und Weiterbildung von Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland. „Uns ist aufgefallen, dass es so ein Onlineangebot für Aufsichtsräte gar nicht gab“, sagt Kickinger, „dieses Vakuum füllen wir“.
In einer Sache ist das ungewöhnliche Gründertrio ihren jungen Mitstreitern dabei garantiert überlegen: Berufserfahrung. „Wir haben alle unseren Proof of Concept schon hinter uns“, sagt Kickinger dazu. Das stimmt, denn gemeinsam kommen die drei Österreicher auf mehr als ein halbes Jahrhundert Management- und Wirtschaftserfahrung. Gerhard Aminger ist emeritierter Professor für Statistik und lehrte an den Universitäten in Linz und Wuppertal. Gunter Dunkel war Vorstandsvorsitzender der Nord LB, Vorstand des Bundesverbandes Öffentlicher Banken und später als Honorarkonsul für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in Niedersachsen tätig.
Und dann ist da Viktoria Kickinger. Die promovierte Philosophin aus Wien arbeitete als Journalistin beim Österreichischen Rundfunk. Erst als Volontärin in der Wissenschaftsredaktion, später in der Verkehrsredaktion des Radiosenders Ö3. 1996 leitete sie für zwei Jahre die Marketingabteilung des ORF, ehe sie zur Österreichischen Bundesbahn wechselte. An der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik hielt sich Kickinger dann viele Jahre auf. Von 2002 bis 2004 zum Beispiel leitete sie den Bereich Wirtschaftskommunikation bei der Österreichischen Industrieholding, die Unternehmensbeteiligungen der Regierung verwaltet. Danach wurde sie Generalsekretärin der österreichischen Post und verantwortete unter anderem die Konzernentwicklung und die Lobbyarbeit. Außerdem war sie maßgeblich in den Börsengang der Post involviert. Mitte der Zweitausender dann nahm Kickinger ihr erstes Mandat als Aufsichtsrätin an, damals bei der Omnimedia. Es war der Beginn eines neuen Karrierekapitels, das sie unter anderem in die Räte des Technologiekonzerns S&T oder des Autozulieferers Polytec gebracht hat.
Die Idee zur Directors Academy kam Kickinger dann mitten in der Finanzkrise. „Damals wäre es gut gewesen, wenn es etwas gegeben hätte, das uns zuverlässig auf dem Laufenden gehalten hätte“, sagt Kickinger. Gab es aber nicht. Deshalb hat sie 2013 den Directors Channel gegründet, einen TV-Sender exklusiv für Aufsichtsräte, aus dem 2016 schließlich die Directors Academy wurde. „Bewegtbild ist auch in der Academy noch das Mittel der Stunde“, erklärt die Gründerin. Gut 400 kurze Videos wurden bisher produziert, in denen Experten über aktuelle Themen sprechen und die den Kunden auf der Plattform zur Verfügung gestellt werden. Jeder Nutzer kann sich sein Angebot individuell zusammenstellen, je nach Mandat und je nach Erfahrung.
Als erfahrene Aufsichtsrätin möchte Viktoria Kickinger aber kürzer treten. Einzig zwei Mandaten kommt sie noch nach. „Für Directors Academy würde ich das weiter reduzieren“, sagt sie. Denn ihr Start-up läuft gut. Corona hat dem Geschäft mit der digitalen Weiterbildung sogar noch einen Schub gegeben. Aber auch privat hat Corona ihr Leben verändert. Statt aus dem mobilen Büro im Zug der Deutschen Bahn, das sie führ ihre Dienstreisen genutzt hat, lenkt sie die Geschäfte seit zwei Jahren aus ihrem Haus in den Bergen nahe Wien. Das gehe gut, sagt sie, „schließlich lässt sich ein digitales Produkt am besten digital erklären“. Ganz analog hat Kickinger im Lockdown vor allem die Treffen mit Menschen vermisst, insbesondere in den Wiener Kaffeehäusern, wo sie sich auch geschäftlich immer wieder verabredet. „In Wien ist das üblich“, sagt sie. Außerdem ist die passionierte Jägerin ein leidenschaftlicher Fan klassischer Musik, war Aufsichtsrätin der Wiener Staatsoper, des Wiener Burgtheaters und der Wiener Volksoper. Zeitweise hatten alle diese Häuser geschlossen.
Trotz ihrer 70 Jahre möchte Kickinger nicht ans Aufhören denken. „Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als Unternehmerin zu sein.“ Diese Euphorie unter Gründern ist keine Frage des Alters.

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Directors Academy GmbH
Lilienstraße 11
20095 Hamburg
+49 174 695 62 82
kickinger@directorsacademy.de
www.directorsacademy.de

 

Text: Alexander Siebert Foto: Martina van Kann