Der frühere ProSieben-Programmdirektor BORRIS BRANDT will den lokalen Fernsehsender Hamburg 1 zu einer medialen Heimat für alle Hamburger machen, die sich auf die guten, alten Werte konzentrieren.
„Wir werden den Fernsehsender Hamburg 1 zum Franzbrötchen unter den Lokalsendern machen“, sagt Borris Brandt. Umgeben von Fernsehkameras, Tonangeln und Scheinwerfern erklärt der Mann, der den Spielfilmsender ProSieben einst zu einem der quotenstärksten Entertainment-Sendern Deutschlands umgestaltete, wie er aus dem hanseatischen Lokalsender in seinem neuen Job ein mediales „Lieblingsstück“ machen will. Hamburg 1 hatte im vergangenen Jahr Insolvenz angemeldet und war zunächst von Ex-HSV-Präsident Jürgen Hunke und Medienunternehmer Frank Otto gerettet worden. Anfang 2023 dann verkauften die beiden ihre Anteile an Godd Media Broadcast GmbH weiter, die neben Hamburg 1 mehrere Lokalsender in Deutschland besitzt. Das Berliner Unternehmen setzt nun auf Fernsehprofi Brandt, um ihren Hamburger Neueinkauf wieder auf Spur zu bringen.
„Eins meiner Talente ist, dass ich heute fühle, was die Menschen morgen bewegt und was sie brauchen“, sagt Brandt. Aktuell gehe es in der Medienwelt vor allem um Geschwindigkeit und Lautstärke. Künftig aber würden die Menschen wieder stärker nach Geborgenheit, Zugehörigkeit und Heimat suchen. „Die Menschen brauchen Rituale, Konzentration, Sicherheit und Ruhe. Und die findet man in Vereinen, bei gemeinsamen Hobbies, in der Kultur“, sagt der 62-Jährige. Genau an diesem Punkt will der neue Hamburg-1-Macher ansetzen: „Bei uns sollen die Zuschauer eine mediale Heimat finden, die sie über ihr Umfeld informiert und sich auf gute, alte Werte konzentriert. Der Sender werde zu einer mit Herz und Liebe gemachten Plattform von Hamburgern für Hamburger, mit allem, was die Stadt bewegt und einer offenen, breit angelegten politischen Berichterstattung.“
Brandt selbst ist in der Unterhaltungsindustrie groß geworden. Als Sohn der Schauspieler Volker Brandt und Linde Fulda machte er eine Ausbildung zum Werbekaufmann und startete seine Karriere als Filialleiter eines Plattenladens in Eppendorf. Später arbeitete Brandt bei der Economia Werbeagentur, wurde Marketingleiter bei 20th Century Fox. 1998 übernahm er erst die Eigenentwicklungund wenig später die Programmdirektion von ProSieben. „Dort habe ich den Sender neu strukturiert und Formate wie ‚Galileo‘ oder ‚TV Total‘ oder Genres wie ‚Reality TV‘ etabliert.“ Als erster Programmdirektor der Welt kaufte er das Format Big Brother. Die TV-Show wurde wurde in rund 70 Ländern ausgestrahlt. Schließlich wechselte Brandt als CEO zu Endemol in Köln. Als die Zusammenarbeit 2009 endete, zog es ihn zurück in seine Heimatstadt Hamburg.
Dort erhielt der vierfache Vater einen Anruf, dem er zunächst wenig abgewinnen konnte: „Ein Headhunter fragte mich, ob ich für AIDA arbeiten will. Mein erster Gedanke war: Singen, tanzen und klatschen für alte Menschen mache ich nicht.“ Ein genauerer Blick ergab: Die Kreuzfahrtbranche hat Potenzial. Als Geschäftsführer von AIDA Entertainment konstruierte Brandt ein komplett neues Unterhaltungsprogramm und brachte Fernsehshows wie ‚Wer wird Millionär‘ und ‚The Voice‘ an Bord der Schiffe. Brandt bezeichnet sich selbst als kreativen Netzwerker und Erbauer unterhaltsamer Brücken zwischen Produkten, Dienstleistungen und Kunden oder Zuschauern. „Wenn ich morgens aufwache, dann habe ich schon tausend neue Ideen. Mein Kopf arbeitet die ganze Zeit.“ Und jetzt also Hamburg 1.
Um hin und wieder abschalten zu können, hat sich der begeisterte Konzertgänger und bekennende Take That Fan gemeinsam mit seiner Frau ein besonderes Hobby gesucht: „Auf der Suche nach einer Tätigkeit, bei der man sich vollkommen konzentrieren und an nichts anderes denken muss, als das, was man gerade tut, bin ich zum Schießsport gekommen. Und es funktioniert: Meine Frau und ich schneiden bei Wettbewerben besser ab als so mancher Polizist.“ Ruhe findet der Besitzer von drei italienischen Hirtenhunden auch in seinem Ferienhaus in Frankreich.
Und was passiert, wenn sich Borris Brandt irgendwann einmal aus der Medienwelt zurückzieht? Dann gibt es schon jemanden in nächster Generation, der die Branche mit tausend neuen Ideen bereichern will „Mein Sohn macht gerade ein Praktikum in einer Multimediaagentur“, sagt Brandt. „Und ich höre, er ist mir ähnlich.“
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