Veranstaltung im Club 25.02.20:
Wie Fußballclubs erfolgreich vermarktet werden: Im Gespräch mit St. Pauli-Vermarktungs-Chef Dirk Schluenz

Der FC St. Pauli ist, obwohl Zweitligaklub, einer der schillerndsten Fußballvereine Europas. Vermarktungschef Dirk Schlünz, seit Jahren im internationalen Sport-Management erfolgreich, will das enorme Potential noch konsequenter nutzen.

Dirk Schlünz ist viel herumgekommen im Leben, ein weitgereister Mann. Gerade ist er wieder mal in Hamburg; zum sechsten Mal. Meistens war der Job der Grund, in die Stadt zu kommen, auch diesmal. Vor zwei Jahren, damals lebte er mit seiner Familie in Tel Aviv, las er, der FC St. Pauli habe beschlossen, seine Vermarktung künftig nicht mehr einer externen Agentur zu überlassen, sondern selbst zu übernehmen. „Das ist genau mein Job“, dachte er. Zudem trug sich die Familie nach elf Jahren Israel ohnehin mit dem Gedanken an einen Wechsel nach Deutschland. Auch seine Frau, eine Israelin, war offen für Neues. Es passte also alles. Und nun sitzt Dirk Schlünz in seinem Büro in der Südtribüne des Millerntorstadions und legt seine Visitenkarte auf den Tisch: „Dirk Schlünz. FC St. Pauli. Prokurist Vermarktung“. Die meisten Klubs der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga haben in den vergangenen Jahren ihre Vermarktung Fremdagenturen überlassen. Der Vorteil sind die sicheren Einnahmen. Der Nachteil die Provisionen, die fällig werden, und zwar nicht zu knapp. „Jetzt dreht sich das Geschäft“, sagt Schlünz. „Viele Klubs übernehmen die Vermarktung wieder selbst.“
Wie der FC St. Pauli. Acht Mitarbeiter durfte Schlünz einstellen, als er im vergangenen Jahr den Job antrat. Die Erwartungen an das Team waren hoch, die Fallhöhe auch. Schlünz’ Abteilung ist die Cash Cow des Klubs. Die Mannschaft, die Entwicklung des Vereins, der Stadionausbau, alles hängt stark am Ergebnis der Vermarktung. Die Akquise und Pflege von Sponsoren, das VIP-Ticketing und der Verkauf der bis zu 3.300 Business Seats sind die wichtigsten Einnahmequellen in jedem Profiklub.
Es ist ein Job wie gemacht für Dirk Schlünz, den Architektensohn und ehemaligen Jurastudenten. Schon seine ersten Praktika als Student hatten mit Sport und Marketing zu tun. Während des Studiums jobbte er bei einer Agentur mit Namen „Das Unterhaltungsbüro“, war Basketballtrainer beim Eimsbütteler TV und arbeitete für eine Agentur, die Golfturniere veranstaltete. Dann sah er die Anzeige der Sportfive GmbH: „Sponsoring Manager gesucht“, auf die er sich umgehend bewarb und genauso schnell den Zuschlag erhielt. Der Job bestand zur einen Hälfte aus der Betreuung des Zweitligavereins 1. FC Nürnberg, zur anderen aus der Koordination der Sponsoring-Aktivitäten von Siemens Mobile, damals Handyhersteller und Sponsor von 24 europäischen Spitzenklubs, darunter Paris St. Germain, Real Madrid, AC Mailand. Da kommt man rum im Fußballgeschäft.
Schritt für Schritt kletterte Schlünz die Karriereleiter hoch, am Ende war er bei Sportfive Geschäftsführer und Mitglied des Vorstandes. Dann kam das Angebot, von Tel Aviv aus das erste Sportmarketing-Unternehmen Israels aufzubauen. Schlünz sagt, so etwas „kann man nur aus dem Bauch heraus entscheiden: Mache ich es oder mache ich es nicht“. Er machte, klar. Betreute Maccabi Tel Aviv, das Bayern München Israels, und die Nationalmannschaft. Als sich sein Arbeitgeber später wieder aus dem Land zurückzog, übernahm er das Geschäft. Die Themen: Handel mit Medienrechten, Verkauf von Sponsorships, Beratung für HighTech Technologie im Sport. Israel, sagt Schlünz, habe ihn geprägt. „Das Leben dort ist das Gegenteil von unserem Leben. Wenn man sich darauf einlässt, großartig, wenn nicht, hat man keine Chance.“ Was ihn als Manager beeindruckte, war die Start-up-Mentalität im Land: „Projekte werden einfach angefangen. Über Probleme denkt man nach, wenn sie da sind.“
Ist der FC St. Pauli für einen, der an internationales Arbeiten gewöhnt ist, nicht eine Nummer zu klein? „Danke für die Frage“, sagt Schlünz, aber nein, das sei ganz und gar nicht so. Sicher, St. Pauli sei momentan sportlich zweite Liga, die Marke dagegen alles andere als zweitklassig. „St. Pauli gehört zu den Top Five in Deutschland“, sagt Schlünz. „Da steckt noch jede Menge Potential drin.“ Genau sein Job also.

Kontakt
FC St. Pauli v. 1910 e.V.
Harald-Stender-Platz 1
20359 Hamburg
040 31 78 74 0
dirk.schluenz@fcstpauli.com
www.fcstpauli.com

 

Text: Andreas Eckhoff Foto: Martina van Kann