DR. MICHAEL HOPPE war erfolgreicher Unternehmer. Irgendwann hatte er genug vom Job und stieg aus. Er suchte eine neue Aufgabe. Mit seinem Hilfsprojekt „steps for children“, das Waisenkinder in Namibia unterstützt, fand er sein Glück.

Glückliche Kinder und ein strahlender „Helfer“: Dr. Michael Hoppe erhielt für sein Projekt „steps for children“ die Friedenstaube der United Nations Awards.

Michael Hoppes Augen ist anzusehen, dass sie viel und an vielen Orten in die Sonne gesehen haben. Er kam gerade aus Namibia zurück, wo er die Aufgabe seines zweiten Lebens fand. Ein Leben, das inzwischen zahllose Fu.abdrücke hinterlassen hat: „Steps for children“.

„Der Abdruck, den dein Fuß hier im Sand hinterlässt, wird niemals vom Winde verweht“, sagte der traditionelle Stammes-Chief Kambazembi im August 2005 in Okakarara, als er Hoppe das Einverständnis der Gemeinde für „steps for children“ mitteilte. Weder er, noch sein Gegenüber ahnten, dass dieses Projekt eines Tages mit der „Friedenstaube“ des United Nation Awards ausgezeichnet würde, den auch die Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow und die burmesische Freiheits-Ikone Aung San Suu Kyii erhalten hatten.

Okakarara ist eine kleine Stadt. Sechstausend Einwohner, vielleicht mehr… Die meisten Menschen in den Slums und Camps sind nicht registriert. Dort begann „steps for children“ mit einer Suppenküche, einer Vorschule für 30 Kinder, zwei Lehrern, einer Köchin und einem lokalen Manager. In Gobabis kamen später Patenfamilien in Slums hinzu, die Waisenkinder bei sich aufnehmen und dafür unterstützt werden. Das ist jedoch erst eine Hälfte des Projekts. Hoppe nennt sie die „sozialen Steps“. Die andere Hälfte besteht aus „Einkommen erzielenden Steps“: Eine Nähstube, eine Computerschule mit Internet-Café, Verkauf gebrauchter Fahrräder, Oliven- und Gemüseanbau, ein Tischlerwerkstatt. Die dort erzielten Profite fließen in die „sozialen Steps“. Ein ans Wunderbare grenzender Kreislauf: Die Hilfebedürftigen finanzieren ihre eigenen Hilfsprogramme.

Überdies werden Arbeitsplätze geschaffen in einem Land, dessen Arbeitslosenquote in manchen Bereichen bei 60 bis 65 % liegt. „Wir haben jetzt 20 bis 25 Mitarbeiter“, erzählt Hoppe. „Doch wer in Namibia Geld verdient, versorgt bis zu zehn weitere Menschen.“

Die Idee eines sich selbst finanzierenden Hilfsprojektes, um unabhängig von Spendern zu werden, konnte nur von einem Mann mit unternehmerischer Logik und Fantasie kommen. Beides trat in Michael Hoppes Lebenslauf früh zutage. Mit 22 Jahren gründete er als Student sein erstes Unternehmen, ein kleines Marktforschungsinstitut. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich, verband sich 1995 mit internationalen Partnern, und stieg zum weltweit drittgrößten Unternehmen seiner Art auf.

Dr. Michael Hoppe war als Mitglied des „International Management Board“ ständig weltweit in wichtigen Missionen unterwegs. Und als er im Jahr 2002, nun 54 Jahre alt, auf einmal statt 250 Mitarbeitern 500 hatte, stand er plötzlich einer Frage gegenüber, für die ihn bis dahin das Leben keine Zeit gelassen hatte: „Was möchte ich eigentlich mit meinem Leben noch machen?“

„Es war keine Sinnkrise“, sagt er, „denn mein Leben war ja nicht sinnlos gewesen.“ Die Frage aber war nun einmal da. Und sie veränderte sein Leben, noch ehe er eine Antwort hatte. Hoppe verkaufte seine Unternehmensanteile – und stieg aus. Finanziell unabhängig, brauchte er ein neues Ziel. Also machte er sich auf den Weg, und weil er das Ziel noch nicht kannte, führte dieser Weg nach innen.

Zwei Wochen mit Mönchen in einem Kloster. Eine Pilgerreise über den Jakobsweg. Und schließlich in Nevada 14 Tage allein in der Wüste, der klassischen Stätte der Erkenntnis. Nichts als Wasservorräte, Schlafsack, ein Zelt. „Ich musste diesen Abstand haben, um neu zu mir zu kommen.“ Als er zurückkam, hatte er manches neu geordnet, auch seine Spiritualität, sein Verhältnis zu Welt und Leben. Und er wusste, dass er etwas machen wollte, dessen Wirkung langfristig war, etwas mit Kindern…

Afrika, hörte er von allen Seiten, geh doch mal nach Afrika. Er ging zum Jahresbeginn 2005 und erlebte unvorstellbares Elend, sah zum ersten Mal Menschen auf der Straße sterben. War in Kenia, Südafrika, in Namibia blieb er dann hängen.

Inzwischen gibt es dort drei Projekte. Weitere sollen hinzukommen. „Wir geben den Kindern nicht nur zu essen, sondern auch Schulgeld, eine Ausbildung bis zum Studium. Hoffnung und die Chance auf ein besseres Leben“, sagt Michael Hoppe. Dafür gibt es das „Schutzengel-Programm“. Ein Schutzengel ist ein Mensch, der mit 96 Euro jährlich ein Kind auf seinem Weg in eine bessere Zukunft unterstützt. Zur Zeit seien es erst 40, doch jedes Jahr kämen neue hinzu.

Und weil Schutzengel Menschen sind und gerne auch mal ein Bier trinken, stiftet Carlsberg zur Weihnachtszeit im Business Club Duckstein Bier aus der Braukunst Edition 2012, „das pro Flasche für 30 Euro plus zu erwerben ist“. Der Erlös bringt „steps for children“ wieder einen kleinen Schritt voran.

„Wenn ich 100 bin, möchte ich das 100. Projekt einweihen“, sagt Michael Hoppe und seinen Augen ist dabei anzusehen, dass sie viel in die Sonne gesehen haben. Und dies an Orten, wo sie immer wieder neu aufgeht – in Kinderaugen.

Text: Uwe Prieser

Uwe Prieser ist Schriftsteller und Journalist. Für seine Arbeit wurde er unter anderem mit dem Egon Erwin Kisch-Preis ausgezeichnet.