Hamburg ist eine der attraktivsten SHOPPING METROPOLEN Europas – Mönckebergstraße, Neuer Wall, Europa Passage, Flagship Stores oder Kaisergalerie locken immer mehr Käufer in die City.

Ein Bummel durch die Hamburger City offenbart das angesagteste Accessoire dieser Saison: Es ist die prall gefüllte Einkaufstüte. Label? Ganz nach Belieben. Wer den stationären Handel aufgrund zunehmender Onlinekonkurrenz bedroht sieht, der wird in Hamburgs Innenstadt eines Besseren belehrt. Die Hansestadt ist nicht nur Einzelhandelsstandort Nr. 1 im Norden des Landes, sondern auch einer der attraktivsten in Europa. Auf mehr als 318 000 Quadratmetern Verkaufsfläche in der Innenstadt wird pro Jahr ein Umsatz von rund 1,9 Milliarden Euro erwirtschaftet. Armani, Prada, Mulberry, Paul Smith – allein die jüngsten Neueröffnungen im Luxussegment sprechen für die Beliebtheit der Hansestadt. Und deutlich mehr als elf Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr, davon rund 850 000 im Dezember, sowie Millionen Tagesgäste sind Beweis für die Anziehungskraft einer alten Kaufmannsstadt, die es versteht, sich herauszuputzen.

„Der große Vorteil unserer Stadt ist die extrem vielfältige Mischung an Geschäften auf verhältnismäßig kleinem Raum“, sagt Heiner Schote, Leiter der Abteilung Handel der Handelskammer. Die Breite des Angebotes sei enorm: Neben den Luxusmarken fänden sich die repräsentativen Geschäfte von Anbietern wie Apple oder Abercrombie&Fitch und die unverzichtbaren Filialisten. Zusätzlich aber eben auch inhabergeführte Geschäfte wie Ladage&Oelke oder Hut Falkenhagen. Dazu kämen noch die Passagen und Warenhäuser. Laut regelmäßig veröffentlichtem Handelskammer-City-Monitor (Stand Juni 2014) ist die Zahl der Einzelhandelsbetriebe in der Innenstadt seit 2010 um fünf Prozent gestiegen. „Eine besondere Dynamik ist dabei im Bereich Bekleidung und Schuhe zu beobachten, von insgesamt 1017 Geschäften gehören 386 zu diesem Segment.“

Wie groß die Freude am Shoppen ist, zeigen auch die beiden verhältnismäßig neuen Outlet-Center im Umland. Rund 27,3 Prozent der Besucher des Designer-Outlets Soltau stammen aus Hamburg. Man versteht sich als Ergänzung zum innerstädtischen Angebot. „Gleichzeitig hilft ein Designer-Outlet aber auch den Marken, eine neue Zielgruppe zu erschließen“, sagt John Ralston, Centermanager McArthurGlen Designer-Outlet Neumünster.

Neuzugang in Hamburgs Innenstadt ist der edle Concept-Store Zoe an den Hohen Bleichen. Besitzerin Mirela Stanoiu, beheimatet in Hannover, zeigt sich beeindruckt: „Der überwiegende Teil der City sieht aus wie aus dem Ei gepellt. Ganz unmerklich wurde Stückfür Stückjede Immobilie sensibel auf Vordermann gebracht.“ Neue Handelsflächen entstehen allerorten, ob nun das ehemalige Vattenfall-Gebäude an der Spitalerstraße, die Stadthöfe in den denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen Stadtentwicklungsbehörde zwischen Neuer Wall und Große Bleichen oder das Streits-Haus am Jungfernstieg. Impulsgeber für die städtebauliche Entwicklung sind häufig die sogenannten Business Improvement Districts (BIDs), für die die Stadt 2005 als erstes Bundesland in Deutschland den rechtlichen Rahmen geschaffen hat. In den BIDs investieren die Grundeigentümer von 2005 bis 2015 allein in der Innenstadt mehr als 28 Millionen Euro. Dem Beispiel des Neuen Walls, „der 2006 zeigte, was bei der Neugestaltung des öffentlichen Raums möglich ist“, seien seitdem weitere Quartiere gefolgt. Im kommenden Jahr beginnt die Neugestaltung des Nikolai-Quartiers, nachziehen sollen auch der Gänsemarkt und die Mönckebergstraße.

In Zeiten, in denen man im Fernsehen scheinbar nur noch Werbung für Onlineshops sieht, wird massiv in den stationären Handel investiert. Es gibt mittlerweile einige Geschäftsleute, die diesen Wettbewerb ausdrücklich als Ansporn verstehen. Einer ist Alexander Franke, Geschäftsführer des Alsterhauses. „Sicherlich macht sich der Onlinehandel bei Produkten des täglichen Bedarfs bemerkbar. Wenn man allerdings über Erlebniseinkauf und exklusiven Service spricht, kann dies der Onlinehandel nicht leisten.“ Dieser habe jedoch dazu geführt, dass jeder Händler mehr leisten müsse als in der Vergangenheit. In seinem eigenen Haus ginge es stets darum, dem Kunden ein überdurchschnittliches Einkaufserlebnis zu bieten: „Vor allem in Bezug auf Sortimente und Dekoration. Alles, was wir tun, muss jederzeit besonders sein.“

Ein ganz neuer und sehr besonderer Anziehungspunkt in der Innenstadt ist die Kaisergalerie. Dort, wo sich einst das Ohnsorg-Theater befand, locken nun in prachtvollem Ambiente vor allem hochwertige Modegeschäfte. Tatsächlich sind es mit Braun und Uzwei, dem etwas jüngeren Unger-Store, auch zwei Hamburger Firmen, die sich ein Stückweit neu erfunden haben. „Direkt in der Innenstadt am Alsterkanal, dazu die großzügig und bildschön restaurierte Galerie – eine bessere Location konnte ich mir gar nicht vorstellen“, sagt Unger-Geschäftsführer Florian Braun. Er ist sich sicher: „Es ist ein totaler Irrglaube, dass sich E-Commerce und stationärer Handel gegenseitig ausschließen.“ In Zeiten eines sich stark verändernden Konsumverhaltens („Die Kunden sind informierter und zumeist auch interessierter.“) ginge es darum, neue Anreize zu finden. „Wir müssen unseren Kunden durch neuartige Warenpräsentationen Freude beim Einkaufen vermitteln.“

So dankbar ihm „Fashionistas“ für die exklusiven Artikel von Stella McCartney und Diane von Fürstenberg auch sein mögen – es geht ihm nicht bloß darum, nebeneinander verschiedene Luxusmarken zu präsentieren, sondern um das Erschaffen von Themenwelten. Flexibilität ist gefordert: „Legen wir in diesem Winter zum Beispiel große Schwerpunkte auf Active Sports und Loungewear – vom Nike Sneaker bis hin zur Yogamatte – und übernehmen den aktuellen Trend von Cold Pressed Juices aus New York, so kann es sein, dass wir im nächsten Sommer schon wieder ganz andere Akzente setzen.“

Interessanterweise haben die Betreiber von Hamburgs Concept- Stores ein ganz anderes Bild vom Kunden, als mancher vermuten mag. „Viele haben zwei Bilder des typischen Hanseaten vor Augen. Entweder ausgerüstet mit Stepp- oder Regenjacke, sportlicher Baumwollhose und Lederslippern, oder aber man stellt sich den weltoffenen Hanseaten im cleanen Jil-Sander-Style vor“, sagt Apropos-Chef Klaus Ritzenhöfer, der sein Kölner Konzept 2013 an die Binnenalster holte und am Neuen Jungfernstieg Designer-Mode und –Accessoires inszeniert. Tatsächlich sei beides falsch: „Unsere Hamburger Kundinnen greifen in der Regel zuerst zu den Trend-Pieces. Basics hat die Kundin ohnehin schon genug im Schrank.“

Aufgeschlossen und kosmopolitisch – so beschreibt er die Shopping-Metropole, die auch bei Touristen sehr beliebt ist. Viele Kunden kämen aus Dänemark oder Schweden zum Einkaufen nach Hamburg. „Gerade auch durch die Nähe zum Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten besuchen uns viele Asiaten und Russen, die Stadt hat ein internationales Publikum vorzuweisen.“

Und neben Sehenswürdigkeiten wie dem Hafen sind es längst auch die Geschäfte, die Touristen in die Stadt holen. „Shopping gehört weltweit zu den Hauptmotiven, um eine Stadt zu bereisen“, sagt Dietrich von Albedyll, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hamburg Tourismus und Hamburg Marketing. Das gelte für Tagesgäste aus der Region wie für Gäste aus China oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Und weil Hamburg „als eine der beliebtesten Shopping-Metropolen Europas“ gelte, gehöre das Einkaufserlebnis zugleich zu den Hauptthemen in der touristischen Vermarktung. „Wir haben eine seit Jahren wachsende Nachfrage aus Dänemark. Spitzenreiter im Ausgabevolumen sind allerdings Chinesen, Araber oder Amerikaner.“ Dass sich Hamburg in den vergangenen Jahren auch zur „attraktivsten Weihnachtsstadt in Nordeuropa“ entwickeln konnte, ist für den Tourimus-Chef auch auf die Investition in die festliche Beleuchtung oder die Weihnachtsparaden zurückzuführen. Immer noch beliebt, gerade bei Paaren und Familien aus der Metropolregion, sind überdies die verkaufsoffenen Sonntage – neben Weihnachtsparade oder Märchenschiffen ein weiteres Projekt vom Verbund City Management Hamburg, dem mittlerweile mehr als 800 Unternehmen angehören. „In einer Zeit, in der der stationäre Einzelhandel sich gegenüber dem Onlinehandel behaupten muss, haben Sonntagsöffnungen eine neue Bedeutung erlangt“, sagt Geschäftsführerin Brigitte Engler. „Unsere vielen ausländischen Touristen sind es zudem gewohnt, auch an Sonntagen einkaufen zu gehen. Häufig informieren diese sich im Vorwege über die Termine und planen ihre Reisen entsprechend.“ Neu: Schon der erste Sonntag im neuen Jahr soll für das Einlösen von Geschenken und die Suche nach Schnäppchen genutzt werden können. Brigitte Engler ist zuversichtlich: „Hamburg ist so gut aufgestellt, dass wir auch weiterhin von einem moderaten Umsatzwachstum ausgehen können – was bei stagnierenden Einzelhandelsumsätzen bundesweit ein Erfolg ist.“

Konstant beliebter Anziehungspunkt nicht nur in der immer stärker werdenden zweiten Wochenhälfte: das Passagen-Viertel in der City West. Das Hanse-Viertel kann im kommenden Jahr bereits seinen 35. Geburtstag feiern. „Unsere langjährigen Stammkunden sind sehr treu, trotzdem sind auch wir natürlich immer bemüht, gewisse Umstrukturierungen vorzunehmen“, sagt Centermanager Uwe von Spreckelsen. Er setzt auf individuellen Branchenmix. So findet sich Hanse-CD, seit vielen Jahren Spezialist für Klassik und Jazz, neben neuen Shop-Ideen wie dem Buchladen „stories!“ oder dem Amsterdamer Männertaschen-Label „Property of“, das in Hamburg seinen ersten deutschen Laden überhaupt eröffnet hat. Mit Konzepten wie dem neuen Herrenlabel Paisley oder Me&My Style (individualisierbare Cashmere-Teile) beherbergt die vielleicht bekannteste Passage der Stadt bereits eine Reihe an Hamburger Newcomern, die gleichzeitig auch im Internet eine gewisse Präsenz vorweisen können – man erhofft sich so eine Win-win-Situation. „Uns liegen junge Konzepte am Herzen, die wir auch als Pop-up-Store integrieren“, sagt von Spreckelsen und meint damit etwa das Fachgeschäft für Vintage-Bikes „Le Vélo“, das gerade den Standort austestet und gleichzeitig frischen Wind mitbringt. Besondere Mietmodelle können dabei helfen, auch kleineren Unternehmern ein Schaufenster in einer sonst zu teuren Lage zu ermöglichen.

Brückenschlag zur City Ost und der Mönckebergstraße, die am stärksten frequentierte Geschäftsstraße, ist die 2006 eröffnete Europa Passage mit mehr als 120 Shops – trotz Größe setzt man zur besseren Kundenbindung auch hier etwa auf Events wie Kunstausstellungen. Und ist stolz, mit dem Se7en Oceans das erste Sterne-Restaurant in einem Einkaufszentrum zu besitzen. „Befragt man die Touristen, was sie am Einkaufsort Hamburg ganz besonders schätzen, so wird neben der fußläufigen Erreichbarkeit und den zahlreichen Passagen häufig auch die gefühlte Sicherheit genannt“, erklärt Centermanager Gerhard Löwe. Außerdem schätze man individuelle Angebote, die für jeden Geldbeutel etwas bieten.

Wie attraktiv die Viertel abseits der Innenstadt für Kunden sind, hängt ein Stückweit auch mit Alter und Lebenssituation zusammen. „Schanze, Eimsbüttel, Eppendorf oder die Neustadt bieten Läden mit einzigartigen Angeboten“, sagen die beiden Designerinnen Kathrin Müller und Ullinca Schröder, die sich seit Jahren erfolgreich mit ihrem Modelabel Garment im Karolinenviertel behaupten können. Jenseits des „Mainstream-Einkaufsangebotes“, wie sie es nennen, bummelt häufig auch jüngeres Publikum aus dem Ausland. Christian Villwock vom Designer-Store Anita Hass in Eppendorf spricht einen weiteren Aspekt an, der die innenstadtnahen Viertel von dieser unterscheidet: „Es ist spannend, da zu verkaufen, wo die Menschen auch leben. Shoppen raubt einem hier keine Nerven, es entspannt fast ein bisschen.“ Was der Modeexperte zu bemängeln hat, betrifft eine Komponente, die kaum vom Shopping-Erlebnis zu trennen ist: „Hamburg ist irgendwie schüchtern, was Gastronomie-Angebote angeht. Was sich im Handel entwickelt, scheint in der Branche noch etwas schleppend. In anderen Städten wie London oder New York habe ich immer das Gefühl, der Handel lässt sich vom Food-Business inspirieren.“

Weder an Wohnraum noch an einem gastronomischen Angebot mangelt es in dem Viertel, für das sich Modedesigner Stefan Eckert entschieden hat: die HafenCity. Die Lage wird öffentlich oft angezweifelt, er übt sich trotzdem in Geduld und glaubt fest an die nachhaltige Entwicklung des Standorts: „Das Quartier ist noch sehr roh und in ständiger Bewegung. Dieser Charme des Unfertigen ist für Künstler sehr inspirierend.“ Der Fortschritt, den er seit seinem Zuzug vom Mittelweg vor rund einem Jahr habe beobachten können, sei unglaublich. „Vor allem die kreative Szene hat hier einen neuen Ankerpunkt gefunden, und es eröffnen stetig neue Galerien, Ateliers, Clubs und Restaurants.“

Auch der Handelskammer-City-Monitor bescheinigt der HafenCity das stärkste Wachstum aller Innenstadtquartiere. Und so hofft auch Experte Heiner Schote, dass die Achse Innenstadt-HafenCity eines Tages ganz selbstverständlicher Weg für Konsumenten wird – genauso wie die zum Großneumarkt, zur Langen Reihe oder ins Karoviertel. „Hamburg hat das Potenzial für ein feines Gewebe von Straßen und Passagen, wo es überall etwas zu sehen gibt.“ Wenn es nach ihm ginge, würde das alles so sehr zusammenwachsen, dass man am Ende gar nicht mehr wisse, wohin man eigentlich zuerst gehen soll.

 

Text: Alexandra Maschewski      Foto: www.mediaserver.hamburg.de, s.Schwarz

Alexandra Maschewski kennt sich aus mit den schönen Dingen des Lebens. Ihre Reportagen zu den Themen Food, Mode und Shopping erscheinen in der Welt am Sonntag und im Hamburger Abendblatt.