Im National Liberal Club in London, dem neuen Partner des Business Club Hamburg, geht es zu wie bei Hofe. Beinahe zumindest. Unser Autor war da – und hat eine Menge gelernt.

Im National Liberal Club wird Tradition und Eleganz gelebt: egal, ob im großen „Smoking room“ mit seinen roten Ledersesseln, den opulenten Leuchtern und den vielen Säulen oder im klassischen Clubraum mit seinen Rundbögen und der antiken Ausstattung – überall besticht der gediegene Charme des britischen Understatements, und es herrscht eine Atmosphäre der Ruhe und Entspannung.

1 Whitehall Place, SW1. Mehr als eine Adresse: ein Anspruch, ein Programm. Whitehall ist das Regierungsviertel Londons, das Herz des britischen Establishments. Noch näher am politischen Mittelpunkt des Landes zu sein, ist fast nicht möglich, dafür müsste man schon zur Untermiete in das fünf Spaziergang-Minuten an der Themse entlang gelegene Parlament einziehen. Es gibt hier keine Häuser, nur Jahrhunderte alte Kalksandstein-Paläste, glorreiche Monumente eines verblichenen Imperiums. Von Whitehall aus wird zwar nicht mehr die Welt regiert. Doch das sonst so hektische London wirkt hier wie aus der Zeit gefallen: Die vornehmen Menschen auf den sauberen Straßen reden im Flüsterton miteinander, der ungeheuren Noblesse der Umgebung verpflichtet.

 „Die Noblesse der Umgebung ist eine Verpflichtung.“

Eine dezente Gold-Plakette markiert den Eingang zum „National Liberal Club“. Hinter der schweren Drehtür verbirgt sich eines dieser halb-geheimen, mythischen Etablissements, die der normalsterbliche Brite nie betreten wird, geschweige denn ein zugezogener Ausländer. Erst recht nicht, wenn er naiverweise ohne Krawatte und in dunkelblauer Jeans Einlass begehrt. Der Portier zieht mit einer leicht verächtlichen Geste eine Schublade mit Behelfs-Schlipsen hervor. Was das anstößige Beinkleid betrifft, hat er einen höflichen Rat, der mehr wie ein Befehl klingt. Ob es „Sir“ möglich wäre, die Jeans baldigst „unter einem Tisch“ zu verstecken?

Janet Berridge, unsere Gastgeberin, muss ob des strengen Protokolls ein wenig schmunzeln. „Hier wird großer Wert auf Tradition gelegt“, sagt sie, während wir auf einer marmornen Treppe in den ersten Stock gehen. Man versteht jedoch schnell, warum der Klub auf ein Mindestmaß an Eleganz besteht. Die zwei Haupträume, der ganz in Grün gehaltene „Smoking Room“ – Rauchen nicht erlaubt – und der von roten Tapeten dominierte „Dining Room“ sind von überwältigender, viktorianischer Grandezza. Schwere Samtvorhänge, mit glänzenden Kacheln verzierte Säulen und schwere Ölschinken mit Politiker-Porträts schmücken die hohen, von deutschen Weltkriegsbomben wundersam verschonten Wände. Seit 1887, dem Jahr der Fertigstellung des NLC-Gebäudes, hat sich hier kaum etwas verändert. Wie ein Filmset, schießt es einem durch den Kopf, und das stimmt natürlich. „An Wochenenden, wenn der Klub geschlossen ist, wird hier oft gedreht“, erzählt Berridge. Zuletzt war der Klub im John-Le-Carré- Politthriller „Der ewige Gärtner“ zu sehen, passenderweise als verschwiegener Treffpunkt der bestimmenden Kaste.

Als 1882 der Grundstein für das von Alfred Waterhouse im neugotischen Stil gehaltene Haus gelegt wurde, waren die Liberalen die führende Partei im Königreich. Der NLC wurde bald zu einem der wichtigsten „Gentlemen’s Clubs“ in der Hauptstadt, neben zahlreichen Politikern traten auch viele Schriftsteller und Journalisten dem Klub bei. Es wurde nicht nur debattiert, sondern auch kräftig gefeiert. Ein Buch aus dem Jahre 1925 beschreibt, dass NLC-Mitglieder spätnachts gerne in die angrenzende Themse sprangen.

Heute geht es etwas gesitteter zu, versichert Berridge, die in mehreren Klub-Gremien sitzt und seit sieben Jahren Mitglied ist. „Hier werden Frauen schon seit 1976 zugelassen“, sagt sie nicht ohne Stolz. Der Gebrauch von Mobiltelefonen ist verpönt, Internet-Surfen auf dem Laptop undenkbar. Wer unbedingt einen Computer benutzen will, muss in das Business-Centre ausweichen, ein fensterloses Zimmer in der Nähe der Toiletten. „Wir wollen eine Oase der Ruhe sein“, sagt die als selbstständige Übersetzerin arbeitende Dame in perfektem Deutsch bei einem Kaffee auf der weiten Sommerterrasse. Wie zum Beweis schläft ein Mitglied in einem der schwarzen „Smoking Room“-Ledersessel. Vielleicht träumt er von besseren Zeiten für die Liberal Democrats, die als Juniorpartner der Konservativen in der Regierung derzeit von einer Krise in die nächste schlittern.

Die Mitglieder sind zumeist politikinteressiert, aber keinesfalls nur Parteigänger der Liberalen, so Berridge, „liberal schreiben wir hier mit kleinem L“. Das NLC ist in erster Linie ein gesellschaftlicher Treffpunkt, ein Ort für ein Gala-Diner, einen Vortrag oder auch nur ein Platz zum Kartenspielen.

Viele alteingesessene (Herren-)Klubs haben in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren, die Mitgliedschaft in einem exklusiven Club ist wieder ein Statussymbol. Die Briten lieben Vereine, ähnlich, aber doch ganz anders als die Deutschen. Entscheidend ist hier weniger das Bedürfnis, dazu gehören, als das, sich abzuschotten. Der Klub ist der ultimative Rückzugsort, ein leises, geräumiges Paradies ohne Touristen, unerwünschte Eindringlinge; eine Bastion gegen die Schnelllebigkeit und Trends, eine Art zweites Wohnzimmer. Alles, was unangenehm ist, muss draußen bleiben, zugunsten einer langsam-getakteten, beruhigend altmodischen Gediegenheit. Natürlich werden in solch entspannter, konspirativer Atmosphäre „en passant“ auch Geschäfte gemacht, „aber das muss nicht sein“, sagt Berridge. „Man freut sich auch, dass man einen Platz hat, um Freunde zu empfangen oder zum Essen einzuladen.“ Mit Krawatte beziehungsweise Abendkleid, versteht sich.

SERVICE, MEHRWERT, GENUSS

Das erwartet Mitglieder des Business Club Hamburg bei ihrem London-Besuch

Der Business Club Hamburg ist ab sofort Partner des National Liberal Club in London. Um den Partnerclub besuchen zu können, benötigen Clubmitglieder ein Legitimationsschreiben des Business Club Hamburg. Der NLC ist von Montag bis Freitag von 10 bis 23.30 Uhr geöffnet. Er liegt in unmittelbarer Nähe der Themse, nur wenige Gehminuten von der U-Bahn-Station Embankment und dem Trafalgar Square entfernt. Business Club- Mitglieder können alle Angebote des NLC kostenfrei nutzen. Im Business Room stehen sowohl Mitgliedern als auch Gästen vier PC, WLAN-Anschluss und Kopierer zur Verfügung. Der Smoking Room (Achtung: Nichtraucherraum!) ist ein geräumiger Raum, in dem Bücher, Zeitungen und Zeitschriften ausliegen, die man beim „Afternoon Tea“ lesen kann. Wer es ruhiger möchte, zieht sich in eine der Nischen zurück. Bei schönem Wetter kann man auf der Clubterrasse mit Blick auf die Themse mit Gästen zu Mittag oder zu Abend essen. Wenn man im Club eine Mahlzeit zu sich nimmt, kann man kostenlos einen Raum für einen Geschäftstermin bekommen. Ansonsten beträgt die Miete für einen Raum bis zu zwölf Personen zwischen 96 und 181 Euro (je nach Ausstattung). Wer sich entspannen möchte, kann eine Partie Billard im gemütlichen Billardzimmer spielen oder einen Drink an der Bar nehmen. Das in der Nähe liegende „Club Quarters“ in der Northumberland Avenue bietet den Mitgliedern des NLC und seiner Partnerclubs günstige Konditonen für die Übernachtung an. Preise: „Club Room“ 168 Euro (am Wochenende ab 87 Euro), „Standard Room“ 185 Euro (am Wochenende ab 98 Euro), Suite 241 Euro (am Wochenende 121 Euro).

The National Liberal Club,
Whitehall Place, London
SW1A 2HE, www.nlc.org.uk
 

Text: Raphael Honigstein

Raphael Honigstein ist London-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und Autor der britischen Zeitung „The Guardian“.