Alle sprechen von SOCIAL MEDIA. Aber welche Rolle spielen Kanäle wie TikTok, Instagram oder LinkedIn im Jobkontext? Wir erklären, warum und auf welche Weise sich Unternehmen mit den sozialen Netzwerken auseinandersetzen sollten.
Für viele Menschen gehören Social-Media-Kanäle längst zum Alltag. Sie konsumieren Lifestyle-Themen auf Instagram, informieren sich auf X oder netzwerken bei LinkedIn. Nice-to-have? Oder längst ein unverzichtbarer Bestandteil auch in der Kommunikation von Unternehmen? Die Antwort von Julia Offen, Geschäftsführerin Strategische Kommunikation der Handelskammer Hamburg, ist eindeutig: „Kunden und Geschäftspartner erwarten, dass Unternehmen dort präsent sind, wo sie sich informieren und austauschen – und das ist auf Social Media. Wer sich dem entzieht, verliert Sichtbarkeit, Reichweite und letztlich Geschäftsmöglichkeiten.“
Im Fokus: Authentizität und Glaubwürdigkeit
Von dieser Einschätzung sollen sich keineswegs nur große Player oder bestimmte Branchen angesprochen fühlen. Nicht ohne Grund offeriert die Handelskammer diverse Programme und Angebote, die das Thema Kommunikation und Social Media einschließen – und die sich ausdrücklich auch an Start-ups, junge Unternehmen und KMU richten. Hochaktuelle Trends im Social-Media-Marketing wie integrierte Shoppingfunktionen von Plattformen wie Instagram und TikTok oder KI-gestützte Tools werden dort nicht ausgespart. „Von automatisierten Text- und Bildgenerierungen bis hin zu datenbasierten Performance-Insights verändert KI die Art und Weise, wie Content produziert und ausgespielt wird“, sagt Julia Offen.
Sie beobachtet einen grundsätzlichen Wandel in der Art der Kommunikation. „Authentizität wird zunehmend wichtiger als perfekt inszenierte Werbekampagnen. Ungefilterte, echte Einblicke und persönliche Geschichten kommen besser an als klassische Hochglanzwerbung, da Kunden zunehmend nahbare und glaubwürdige Inhalte bevorzugen.“ Nur ein Stichwort sei das sogenannte „Personal Branding“. „Menschen folgen Menschen – nicht nur Unternehmen. Wenn Geschäftsführer und Mitarbeiter als authentische Stimmen ihrer Branche auftreten, stärkt das nicht nur die Unternehmensmarke, sondern auch das Vertrauen in die Personen dahinter.“
Die Bereitschaft, sich mit dieser Art von Themen auseinanderzusetzen, sei insgesamt groß, allerdings gebe es auch Zurückhaltung bzw. eine gewisse Skepsis – besonders bei denjenigen, die nicht mit Social Media aufgewachsen seien. „Die nächste Generation von Unternehmern ist deutlich aufgeschlossener und versteht Social Media als integralen Bestandteil der Markenführung.“
Wo beginnen?
„Einfach machen.“ So lautet der erste Rat, den Rolf Hermann Unternehmen mit auf den Weg gibt. Der 42-Jährige ist Teil der Geschäftsleitung von OMR Education, dem Fort- und Weiterbildungsbereich der Medienmarke OMR. Seit mehr als acht Jahren beschäftigt er sich dort mit den Veränderungen der Digitalbranche, und wie man entsprechende Inhalte professionell erlernen kann. Welche Bedeutung Marketing- und Digitalthemen im Unternehmenskontext haben, zeigt die Entwicklung des Bereichs bei OMR: In acht Jahren ist das Team dort von drei auf mehr als 50 Beschäftigte gewachsen.
„Wir sehen im Markt, dass die Relevanz absolut da ist. Speziell in Deutschland bewegen wir uns in einer Welt zwischen Faxgerät und KI.“ Rolf Hermann konstatiert dies – tatsächlich ohne jegliche Bewertung. „Wir sitzen hier nicht im Elfenbeinturm und schmeißen mit Steinen. Lieber nutzen wir unser Netzwerk und geben Wissen weiter, das praxiserprobt ist.“ OMR Reports, Seminare, E-Learnings – pro Jahr nutzen bis zu 50.000 Menschen das Angebot, das ein Team aus Marketers, Redakteuren und Spezialisten für Erwachsenenbildung auf die Beine gestellt hat. „Zu uns kommen Solo-Selbständige, die sich digital fit machen wollen, genauso wie DAXKonzerne, für die wir individuelle Lernlösungen bauen.“
Die passenden Antworten finden
Hier wie dort beginne eine nachhaltige Transformation mit Führungskräften bzw. Umsatzverantwortlichen, die die eigene Situation reflektieren und erkennen, dass sie umdenken müssen. „Häufig wird das Thema nicht ernst genommen, da Entscheider Social Media selbst nicht nutzen und zum Beispiel ein anderes Einkaufsverhalten haben.“ Ohne Selbstreflexion und die Beschäftigung mit der Frage, wo man die eigene Zielgruppe am besten erreiche, funktioniere es jedoch nicht. „In jeder Branche werden nicht nur Kunden, sondern auch die Mitarbeiter jünger. Das Nutzungsverhalten ändert sich, deshalb braucht man die richtigen Antworten. Und die sind im Social-Media- bzw. Online-Marketing verankert.“
Jedes Unternehmen müsse für sich klare Ziele definieren. Soll es um eine Verbesserung des Abverkaufs gehen? Um den Aufbau einer Community? Ist Markenaufbau und Branding das Ziel, oder steht vielleicht das Werben um Nachwuchs im Vordergrund? Rolf Hermann ist überzeugt: „Neue Talente wirst du ohne aktive Social-Media-Kultur im Unternehmen nicht erreichen, denn sie bewerben sich intrinsisch bei dir.“ Um eine wie auch immer geartete Strategie verfolgen zu können, müssten zunächst Strukturen geschaffen werden. „Damit ist nicht gemeint, dem Jüngsten im Unternehmen ein Smartphone in die Hand zu drücken.“ Man müsse herausfinden, ob es nicht vielleicht jemanden im klassischen Marketing gibt, der eine hohe digitale Affinität besitzt und sich bereits „im Social-Media-Game“ auskennt. Oder – bei entsprechenden Möglichkeiten – sogar eine extra Stelle schaffen oder externe Dienstleister zu Rate ziehen.
Anschließend sei zu klären, welche der vielen Kanäle überhaupt bespielt werden sollen. „Es geht darum zu klären, wo ich die definierte Zielgruppe erreichen kann. Passt die Plattform zum Unternehmen? Und passe ich zur Plattform?“ LinkedIn für den B2B-Bereich, Facebook für lokale Unternehmen, Instagram und TikTok für jüngere Zielgruppen, YouTube für Storytelling und erklärungsbedürftige Produkte – die Bandbreite an Ausspielmöglichkeiten ist groß. Man müsse diese erst einmal verstehen, um passende Inhalte zu kreieren. „Auch wenn sich sicher nicht sofort alles bedienen lässt und Schwerpunkte gesetzt werden müssen, macht es absolut Sinn, immer an den Verbund zu denken“, sagt Rolf Hermann.
„Wie kann ich mit einem Thema oder mit einem Content-Piece möglichst viele Kanäle bespielen?“ Dabei kann KI nicht nur ein Tool sein, um „geistige Routinearbeiten auszulagern“, sondern auch ein „kreativer Sparringspartner“, der die eigene Arbeit optimiert. Allerdings dürfe eines nicht vergessen werden: „Um guten Content zu kreieren, der mein Produkt und mein Unternehmen optimal präsentiert, muss echtes Geld eingesetzt werden. Im ,OMR EducationPodcast‘ spreche ich mit verschiedenen Leuten aus der digitalen Welt. In einer Episode hat mir ein Digitalexperte erzählt, dass es in Traditionsunternehmen mitunter leichter sei, 50.000 Euro für einen Messestand zu bekommen als 150 Euro pro Monat für ein Social-Advertising-Budget.“ Dabei sei der große Vorteil bei dieser Art zu werben, dass alles datenbasiert ist. „Egal was du machst, du bekommst eine direkte Rückmeldung und siehst, wie viele mit dir interagieren oder bei dir einkaufen.“
Durchhaltevermögen zeigen
Anhand der Daten ließe sich das eigene Vorgehen kontinuierlich optimieren. „Die Social-Media-Welt sieht kreativ und bunt aus, aber am Ende ist sie komplett datengetrieben und hat wenig mit Gefühl zu tun, sondern ist tatsächlich ein Handwerk, das man lernen kann.“ Rolf Hermann ist es ein Anliegen, auch eine „unromantische Wahrheit“ zu erwähnen: „Ein erster Erfolg führt nicht automatisch zu Tausenden von treuen Followern. Wichtig sind Konstanz und Durchhaltevermögen, damit die Leute dich finden und Routinen entstehen.“
Ein in der Branche immer wieder genanntes Erfolgsbeispiel sei das Unternehmen Ziehl-Abegg aus Baden-Württemberg: Der Hersteller visuell nicht besonders attraktiver Produkte wie Ventilatorensysteme erreicht mit seinem Spaß-Content auf TikTok bis zu 70.000 Menschen. „Ein positiver Beweis dafür, dass man agil im Kopf sein muss, um zwischen all den Wettbewerbern aufzufallen oder um neue Talente anzuziehen“, sagt Rolf Hermann. Die Zeiten, in denen man Kunden nur mit Facebook-Ads und Gutscheincodes erobert habe, seien lange vorbei. „Ob über Social Media, den Newsletter oder die Website – nie war es wichtiger, sich als Unternehmen den direkten Kundenzugang zu sichern.“ Der 42-Jährige will allen Mut machen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen: „Ich kenne keine andere Branche, die so bereitwillig untereinander Wissen teilt, wie die Marketing-und Digitalszene.
Marketing-Verantwortliche sind oft überfordert
Ein großer Vorteil – schließlich entstehen stetig neue Technologien, und Trends von heute können bald schon „Schnee von gestern“ sein. Im „Social Media Trend Report 2024“ der Münchner Agentur Mawave werden gleich zehn verschiedene Trends benannt: Dabei geht es nicht nur um KITools wie ChatGPT oder bereits genannte Corporate Influencer, sondern auch um Finessen wie die aktuell präferierte Länge von Videos für TikTok oder die Kombination von Social-Media-Content mit sogenannten Out-of-Home-Plakaten.
Entwicklungen, die auch crowdmedia beobachtet. Die Hamburger Agentur mit ihren rund 15 Mitarbeitern hat Kunden, die sie bereits seit Gründung vor zehn Jahren betreut. „Man braucht eine gewisse Tiefe, um Unternehmen, Prozesse und Branchen wirklich zu verstehen“, sagt Managing Director Svenja Schneider. Erst dann könne man gemeinsam die passende Strategie erarbeiten. Die 36-Jährige betont ihrerseits, dass das „Dranbleiben“ die größte Herausforderung sei. „Die Motivation ist durchaus vorhanden, aber gerade Marketing-Verantwortliche in mittelständischen Unternehmen sind häufig überfordert. Der Druck, die sprichwörtliche ,eierlegende Wollmilchsau‘ zu sein, ist der größte Killer, wenn es um Kontinuität geht.“
Die Expertin mahnt insgesamt eine höhere Geschwindigkeit an: „In Deutschland sind wir leider oft einige Schritte zurück, was Innovation und Digitalisierung angeht.“ In den USA oder besonders auch in Asien seien viele digitale Kanäle im Alltag schon deutlich etablierter. Dabei müsse natürlich bedacht werden, dass man in der EU durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) häufig limitierter sei. „Das ändert jedoch nichts daran, dass in den Mindsets von Unternehmen eine andere Pace, ein anderes Tempo, erforderlich ist, um auch international konkurrenzfähig zu bleiben.“
Immer unter der Voraussetzung, dass man sich bewusst für die Bespielung der Social-Media-Welt entschieden habe. Svenja Schneider nennt den Seifenhersteller „Lush“ als Beispiel für einen Akteur, der auf Insta und Co. verzichtet – aus ethischen Gründen und als ein Zeichen gegen die Fremdbestimmung durch Konzerne wie Meta. Dennoch: Aus unternehmerischer Sicht stellt es in den Augen der crowdmedia-Geschäftsführerin ein hohes Risiko dar, nicht zumindest zu bewerten, welches Potenzial eine Social-Media bzw. Online-Marketing-Strategie haben könnte. „Diese Art von Kundenkontakt ist nicht ,Nice to have‘. Es geht um bares Geld, das man generieren kann.“
SO FUNKTIONIERT’S
- SELBSTREFLEXION
Benötigt mein Unternehmen eine Social-Media-Strategie für Themen wie Verkauf, Markenentwicklung oder Recruiting?- DEFINITION DER ZIELGRUPPE
Wen möchte ich erreichen, welche Bedürfnisse und Erwartungen haben meine potenziellen Kunden?- VERANTWORTLICHKEIT
Werden Zuständigkeiten inhouse oder extern angesiedelt? Ein Redaktionsplan hilft dabei, Inhalte strategisch und strukturiert zu erstellen, anstatt spontan zu posten. Ebenso wichtig sind klare Prozesse für das Community-
Management.- WELCHE KANÄLE?
Instagram, TikTok oder LinkedIn – nicht jede Plattform eignet sich für jedes Unternehmen und für jeden Zweck.- CONTENT-STRATEGIE
Welche Themen passen zur Marke, welche Inhalte bieten Mehrwert, wie kann ich meine Expertise oder mein Angebot ansprechend auf einem Kanal präsentieren?- KONTINUITÄT UND WEITERENTWICKLUNG
Regelmäßigkeit schlägt Perfektion. Statt sich in aufwendiger Produktion zu verlieren, ist es sinnvoller, kontinuierlich sichtbar zu sein. Wichtig: Erfolge messen und die Strategie stetig optimieren. Social Media ist kein starres Konzept, sondern lebt von Anpassung.
TIPPS
- Die Handelskammer Hamburg
bietet Webinare an, die auch Social-Media-Fragen beantworten: www.ihk.de/hamburg/servicemarken/webinar-mediathek.- OMR Education
ist Experte für Social-Media-Marketing-Weiterbildungen wie ELearning-Kurse, Online-Seminare, aber auch geförderte Weiterbildungen: education.omr.com. Auf der Website findet man außerdem Fachliteratur in Form der sogenannten Praxis-Guides und den „OMR Education Podcast“.- crowdmedia
informiert in einem Newsletter alle 14 Tage über aktuelle Themen und Entwicklungen von Online-Marketing. Darin werden auch kostenlose Webinare kommuniziert: www.crowdmedia.de.