Er ist ein erfolgreicher Hollywood-Schauspieler, ehemaliger Mr. Universum und hat ein Faible fürs Anpacken. Im Interview spricht RALF MOELLER über sein Engagement fürs Handwerk, Kettensägen am Filmset, Dankbarkeit gegenüber seinen Eltern und was wir alle vom American Football lernen können.
club!: Herr Moeller, Ihr Vater war Schlosser und Schweißer. Sie selbst sind ausgebildeter Schwimmmeister, wurden dann ein erfolgreicher Bodybuilder. Handwerker zu werden wie Ihr Vater war keine Option?
RALF MOELLER: Klar war das eine Option, und in meiner Zeit als Schwimmmeister musste ich auch oft mein Handwerksgeschick beweisen. Aber meine großen Leidenschaften waren schon damals der Sport und das Bodybuilding und mein Traum von einer Karriere in Hollywood. Daher hatte ich andere Ziele. Aber mit meiner Initiative Motivation Handwerk, die ich mit Hans Schäfer Workwear gestartet habe, schließt sich jetzt der Kreis wieder und es freut mich sehr, etwas für das Handwerk zu tun.
Hat es Ihnen im Leben geholfen, aus einer „handfesten“ Familienstruktur zu kommen?
MOELLER: Ja sehr, und daher bin ich während der Corona-Zeit auch zu meinen Eltern gezogen, um mich um sie kümmern zu können. Ich glaube, das zeigt, welche Dankbarkeit ich gegenüber ihnen empfinde. Und natürlich haben sie mir die Werte mitgegeben, die mich bis heute leiten und die mich ausmachen. Mein Vater ist leider inzwischen verstorben, aber ich besuche regelmäßig meine Mutter.
Sie sind Hollywoodstar, Ex-Mister Universum, leben in Los Angeles. Trotzdem engagieren Sie sich schon lange sozial und derzeit besonders für das Handwerk in Deutschland. Warum?
MOELLER: Ich liebe es, Menschen zu motivieren. Schon bei der Initiative „Starke Typen“ der Bundesregierung habe ich Jugendliche in Schulen für Sport und Ausbildung motiviert.
Und bei meiner aktuellen Initiative „Motivation Handwerk“ geht es genau darum, junge Menschen für das Handwerk zu begeistern und ihnen aufzuzeigen, wie kreativ Handwerksberufe sind. Zumal sie auch gesünder sind als reine Schreibtischjobs, denn man ist in Bewegung. Und weil mein Vater eben selbst Handwerker war, weiß ich aus erster Hand, dass das Handwerk für jeden Einzelnen, aber auch für die ganze Gesellschaft von großer Bedeutung ist.
Handwerk hat goldenen Boden hieß es früher und weckte Ausbildungsbegehrlichkeiten. Trotz aller Bemühungen scheint das Handwerksimage heute nicht mehr attraktiv genug zu sein für den Nachwuchs. Was sind die Gründe?
MOELLER: Bei meinen Betriebsbesuchen für die Aktion „Motivation Handwerk“ spreche ich mit vielen Handwerkern, egal, ob Auszubildende, Gesellen oder Meister. Was die am meisten stört ist, dass das Handwerk über Jahrzehnte schlechtgeredet wurde. Es gab ja einen regelrechten Akademisierungswahn. Jeder sollte studieren, und wer nicht studiert, hat schon versagt. Das motiviert natürlich niemanden, ins Handwerk zu gehen. Und natürlich wurde auch niemandem für seine Entscheidung, ins Handwerk zu gehen, gratuliert. Mittlerweile ist das etwas besser geworden. Eine Ausbildung kann in ein Studium münden und Master und Meister gelten als gleichwertig. Das sind schon erste, wichtige Schritte. Aber dieses Schlechtreden aus der Vergangenheit hängt dem Handwerk noch immer nach. Ich würde heute jedem raten, zuerst eine Ausbildung zu machen und sich dann noch eimal zu überlegen, ob man studieren will oder nicht. Denn Aufstiegs- und Verdienstchancen sind sehr gut im Handwerk. Und man hat super Optionen, sich selbstständig zu machen.
Haben Ihr Engagement und das Ihres Partners Hans Schäfer sowie die Kampagnen der Verbände schon etwas geändert? Die Rede war von mehr als 20 000 unbesetzten Ausbildungsstellen allein in diesem Jahr.
MOELLER: Es sind leider noch mehr unbesetzte Stellen, und die dramatische Lage kann sich nicht in wenigen Monaten ändern. Aber ich habe schon von etlichen Jugendlichen gehört, dass meine Aufklärungskampagne sie dazu bewogen hat, doch erst einmal eine Lehre zu beginnen. Gemeinsam mit Hans Schäfer Workwear habe ich schon große Fortschritte für unsere Initiative gemacht. Wir bauen ein starkes Netzwerk aus Verbänden, Kammern, Politikern, Fachmedien und Entscheidern in der Branche auf. Der Nachwuchsmangel ist ein ü̈bergeordnetes Problem, das niemand allein lösen kann. Es gibt also noch viel zu tun, und wir versuchen, mit der Kampagne, unseren Beitrag zu leisten. Das Feedback aus dem Handwerk zu der Initiative ist großartig. Aktuell kann man sich noch immer für einen Besuch von mir bewerben. Einfach mal „Motivation Handwerk“ in die Suchmaschine eingeben. Die Bewerbung geht ruckzuck.
Ein weiteres, aktuelles Problem: Wir haben in Deutschland eine Dienstleistungsgesellschaft. Wie kann sich das Handwerk dennoch wieder besser etablieren?
MOELLER: Eigentlich haben wir keine Wahl. Ohne das Handwerk kann niemand eine Dienstleistung erbringen. Wer baut das Büro? Wer legt die Kabel für Strom und Internet? Wer zieht die Mauern, deckt das Dach, schneidet die Haare? Wer wartet und modernisiert die ganze Infrastruktur? Das Handwerk legt für den Dienstleistungssektor überhaupt erst die Grundlage. Es ist nur eine Frage der Vernunft, und das müssen wir als Gesellschaft endlich realisieren.
In einem Ihrer Podcasts fordert die Tischlerin Isabelle Vivianne mehr Role-Models aus dem Handwerk für Frauen. Gilt das auch für Männer? Oder müssen mehr Promis wie Sie Werbung machen?
MOELLER: Das sind ja ganz unterschiedliche Fragen. Bei Role-Models wie Isabelle geht es um die Steigerung des Anteils der Frauen in den handwerklichen Berufen. Das ist super wichtig, und hier müssen Klischees aufgebrochen werden. Frauen im Handwerk sollten zu einer Selbstverständlichkeit werden. Aber was wir mit unserer Initiative versuchen, ist die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Thema Nachwuchsmangel im Handwerk zu lenken, und zwar unabhängig von Herkunft oder Geschlecht.
Kann das Engagement in den Sozialen Medien, also Tik-Tok, Instagram und Co., für mehr Begeisterung für den Handwerksberuf sorgen?
MOELLER: Man muss die Leute dort abholen, wo sie sich informieren und das sind nun einmal die Sozialen Medien. Daher hilft das bestimmt. Und die Influencer, die sich in dem Metier entwickelt haben, geben auch schon tolle Einblicke ins Handwerk, aber oftmals fehlt ihnen noch die große Bühne. Sie werden häufig nur von Menschen wahrgenommen, die sich schon für das Handwerk interessieren. Wir wollen ja auch Menschen für das Handwerk begeistern, die diesen Karriereweg vielleicht gar nicht so auf dem Schirm haben.
Was sind Ihre speziellen Ideen?
MOELLER: Wir wünschen uns noch mehr Kontakte von Schülern mit dem Handwerk, egal auf welche Schule sie gehen. Es gibt schon unterschiedliche Pflichtpraktika während der Schulzeit, warum also nicht ein Pflicht-Handwerkspraktikum? Wir müssen den jungen Menschen vermitteln, wie erfüllend Berufe in der Branche sein können. In jedem Betrieb, den ich bisher besucht habe, lieben die Menschen ihre Arbeit. Und viele haben mir gesagt, dass das an der unmittelbaren Bestätigung liegt, die das Handwerk bietet. Man sieht sofort, was man gemacht beziehungsweise geschaffen hat.
KI und Roboter bestimmen mutmaßlich die Zukunft, vielleicht auch im Handwerk. Ist die Branche mit ihren 130 Gewerken dafür gerüstet?
MOELLER: Natürlich wird sich die Arbeitswelt verändern. Aber ich bin mir sicher, dass es länger Handwerker als Büroangestellte geben wird. Schon als Henry Ford das Fließband eingeführt hat, rechneten die Menschen mit Massenarbeitslosigkeit. Und auch die Automatisierung seit den 1990er-Jahren in der Industrie hat noch nicht dazu geführt, das Handwerk verschwinden zu lassen. Natürlich werden sich die Tätigkeiten verändern und vermutlich wird nicht jedes dieser mehr als 130 Gewerke auf ewig bestehen. Aber wir werden immer Menschen brauchen, die praktisch denken, fest anpacken und vor allem auch kreativ sind. Maschinen helfen schon heute, die Arbeit in vielen Bereichen einfacher zu machen, daher werden eine Menge Handwerksberufe auch einfacher für Frauen.
Fachkräftemangel, Ausbildungsmisere, verkrustete Strukturen – sind wir Deutsche zu negativ für positive Veränderungen? Und was können wir in dieser Beziehung von den Amerikanern lernen?
MOELLER: In vielen Bereichen leben wir in Deutschland teilweise in einer Fantasiewelt. Wir reden uns falsche Dinge schön und die richtigen Dinge schlecht. Was die Amerikaner unglaublich gut können, ist einfach machen. Ganz pragmatisch. Und diese Hands-on-Mentalität, die vermisse ich in Deutschland zunehmend. Übrigens eine Sache, die man im Handwerk unglaublich gut lernen kann.
Sie entsprechen optisch dem Bild eines Mannes, der anpacken kann, also geradezu das Idealbild eines Handwerkers. Auch im Film?
MOELLER: Eher nicht, dann hätte ich vielleicht mal einen Handwerker gespielt. Aber wer weiß, vielleicht kommt das noch. Den Handwerker an sich gibt es sowieso nicht. Es ist ein bisschen wie im American Football: Für jeden Typen gibt es die richtige Position, die seinen Fähigkeiten und Interessen gerecht wird.
Sie leben in Hollywood und in Europa. Wo sind Handwerker anerkannter?
MOELLER: Am anerkanntesten sind deutsche Handwerker in den USA. Da wird man sich wieder bewusst, welche enorme Qualität wir hier in der Ausbildung haben. Aber klar, wenn wir ihnen nicht die Anerkennung zuteil werden lassen, dann suchen sich viele Experten eben einen Ort, wo man das tut. Aber weltweit werden deutsche Handwerker mit offenen Armen begrüßt. Ein Grund mehr, den Handwerkern mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Das merken dann ja auch die Jungen und ziehen vielleicht eine handwerkliche Ausbildung wieder in Erwägung. Gerade in der Jugend ist Anerkennung super wichtig. Ich selbst kenne das nur zu gut. Ich würde mir wünschen, dass man jungen Menschen, die sich für einen Handwerksberuf entscheiden, gratuliert und nicht fragt: „Willst du nicht lieber doch studieren?“
Stark wie Sie sind, mussten Sie an Filmsets auch mal selbst mit anpacken?
MOELLER: Das geht leider versicherungstechnisch nicht und wäre dann mein letzter Tag an einem Set gewesen. Aber für die ARD-Serie „Motorsägen Masters“, in der acht der talentiertesten Kettensägen-Schnitzer Deutschlands aus Baumstämmen Skulpturen gesägt haben, habe ich mich auch versucht. Es hat einen Megaspaß gemacht, und die Skulptur steht jetzt bei mir zu Hause. Das Erlebnis, etwas selber zu schaffen, ist wunderbar und motivierend.
RALF MOELLER, 66, stammt aus dem nordrheinwestfälischen Recklinghausen. Nach seiner Ausbildung zum Schwimmlehrer begann er mit dem Bodybuilding.1984 wurde er deutscher Meister, zwei Jahre später Mr. Universum. Sein TV-Debüt gab er 1989 im Tatort an der Seite von Götz George. Anfang der 1990er Jahre zog Moeller nach Los Angeles, um in Hollywood Karriere zu machen. Seine größten Erfolge feierte er mit Gladiator und The Scorpion King. Der Schauspieler unterstützt soziale Projekte wie Skate aid, das nationale
und internationale Jugendprogramme fördert, er engagiert sich für den Weißen Ring und ist Mitbegründer der Initiative „Starke Typen“, die Kinder und Jugendliche in sozialen Brennpunkten unterstützt. Für sein soziales Engagement erhielt Moeller den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.