Wer seine Küche kosten möchte, muss rausfahren nach Rothenburgsort. Im „100/200“ verwöhnt Sterne-Koch Thomas Imbusch die Gäste im denkmalgeschützten Loft an den Elbbrücken mit Genusskultur. So lautet jedenfalls sein Motto.

Die Elbe verbindet den Küchenchef auch mit seinem neuen Gastkoch. Im Business Club an der Elbchaussee im feinen Teil von Ottensen hat Nils-Kim Porru schon seit acht Jahren das kulinarische Sagen. Das „100/200“ von Ein-Sterne-Koch Thomas Imbusch – der Name bezieht sich auf Hitzegrade – liegt geografisch gesehen deutlich weiter östlich im etwas rauen Rothenburgsort. Dort bekocht Imbusch seine Gäste seit August 2018. Und so verschieden wie die Standorte sind die Köche und ihre Auffassung vom Kochen. Es dürfte spannend werden wie immer.
„Ich kenne den Kollegen Imbusch nur von seiner Küche her, als er noch für Tim Mälzer im ‚Off-Club‘ in Bahrenfeld gekocht hat“, sagt Porru. „Er hatte eine sehr klare Linie. Mir gefiel das – und deshalb habe ich ihn gefragt, ob er nicht einmal mit mir zusammen für die Clubmitglieder auftischen möchte. Zu meiner Freude hat er zugestimmt.“ Ein bisschen Ungewissheit ist also da bei Porru, was der Kollege so zu bieten hat. Zumal man in der Branche weiß, Thomas Imbusch, der Mann mit der dunklen Brille und dem Bart, hat als Gastronom das Image eines etwas strengen Familienvaters, der findet, dass „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“.
Diese gewollte „Strenge“ des Chefkochs merkt der Gast schon bei der Reservierung. Wer im „100/200“ essen möchte, muss ein „Ticket“ kaufen: 144 Euro pro Person ohne Getränke. Weil es keine Speisekarte gibt, sollte man schon bei der Buchung mitteilen, was man mag und was nicht. Und weil Sterneköche leidvolle Erfahrung mit Buchern haben, die ohne Absage einfach nicht kommen, hat Imbusch reagiert. Wie bei einem Fußballspiel verfällt das „Ticket“, kann allerdings an jemand anderen weitergegeben werden. Einzige Bedingung: 72 Stunden (drei Tage) vor dem geplanten Besuch bitte mitteilen.
Wer diese Hürden genommen und sich an etwas wilden Gewerbeflächen und LKW-Parkplätzen vorbei bis zum Brandshofer Deich vorgetastet hat, bekommt dann Feines vorgesetzt. Für die kleinen Appetizer – auch Amuses Bouche genannt – wird man an den Herd gebeten, der mitten im Raum steht. Von ein paar Hochstühlen am Rand hat man auch Blick auf die Töpfe und Pfannen, die emsig im Einsatz sind – die restlichen Tische stehen großzügig im Raum verteilt, der im oberen Stockwerk eines alten Lagerhauses liegt. Von manchen Plätzen hat man Blick auf allerlei Brücken, die das Gewerbegebiet Rothenburgsort über Billhafen, Oberhafenkanal und Elbe mit dem Süden verbinden. Besonders schön ist ein Sonnenuntergang, der in der Ferne Türme und Elbphilharmonie eindrucksvoll beleuchtet.
Imbusch besteht auf nachhaltiger Küche: Auf frischestem Fisch, Fleisch von glücklich aufgezogenen Tieren, schönem Gemüse, teils fermentiert, teils selbst eingeweckt, und selbst gebackenem Brot (köstlich!). Tiere werden zur Gänze verarbeitet, so dass es passieren kann, dass Rind – jetzt im Herbst möglicherweise auch Wild? – vielleicht „aus“ ist, aber natürlich gibt es Ersatz. Und da nach Marktlage und Saison eingekauft wird, ist die Vorschau eben schwierig. Stichwort: Speisekarte. Gefragt, welche Gänge des für den Abend im Club geplanten Vier-Gang-Menüs er kochen werde, antwortet Imbusch wenig überraschend: „Ich weiß es nicht.“ Und was ungefähr wird er kochen? „Das weiß ich nicht.“ Wie gesagt: Es wird spannend.
Da Porru nun auch nicht weiß, ob er Vorspeise und Hauptgericht, oder Zwischengericht und Dessert auftragen soll, bleibt die Frage „Was gibt’s zu essen?“ erst einmal ungeklärt. Aber geben wird es etwas. Versprochen!

 

Text: Gisela Reiners Foto: Archiv