Hafenmanager und Hobbykoch GUNTHER BONZ lud Nils-Kim Porru zum Kochen in den Hafen-Klub ein. Die beiden zauberten ein Surf & Turf in der Kaviardose.

„Was soll ich machen? Gemüse schnibbeln? Das kann ich gut, aber auch was anderes.“ Gunther Bonz wird ganz kribbelig. „Der Hafenlöwe“, wie er in der Branche genannt wird, legt rasch das Jackett ab und beugt sich gespannt über die Küchenplatte. Nils-Kim Porru packt zusammen mit Tim Kownatzky, der seinen Chef aus der BCH-Küche heute in die des Hafen-Klubs an den Landungsbrücken begleitet, seine Schätze aus – und Bonz bekommt glänzende Augen. Der mächtige Mann, der Hamburgs Wirtschaft seit Jahrzehnten mitbestimmt, freut sich sichtbar über das Projekt „Surf & Turf“ (Fisch und Fleisch in einem Gericht), das Porru sich ausgedacht hat.
Und das macht was her! Im Mittelpunkt steht eine Kaviardose in ihrem berühmten Blau. Sie dient aber nicht als Verpackung der teuren Fischeier, sondern quasi als Bühne, auf dem sich das Schauspiel von Beeftatar mit allerlei köstlichen Begleitern und marinierter Hamachi (Goldmakrele) mit ebenso spannendem Drumherum entfaltet. Auf dem Deckel füllt das mit Chili leicht gewürzte Beeftatar mit einer Decke aus Crème fraîche und Schnittlauch, dem Rote-Bete-Kissen, den Kartoffelgittern, einem ordentlichen Löffel Ossietra-Kaviar samt Wachtelei nur einen Teil des Randes. Die Scheibchen der Goldmakrele decken den Dosenboden und werden umrahmt von allerlei Grünem, das so unglaublich frisch und köstlich aussieht, dass es auch Gunther Bonz zum Strahlen bringt.
Der 62-Jährige ist zwangsläufig sehr welterfahren. Kaum war der Verwaltungsjurist 1983 in den Hamburger Staatsdienst eingetreten, verschlug es ihn schon im Austausch nach Colorado in die USA. Später als Staatsrat der Wirtschaftsbehörde sitzt man auch nicht nur am Schreibtisch, aber als Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), als Generalbevollmächtigter von Eurogate und als Präsident der europäischen Hafenbetreiber (Feport) ist die Welt das Feld. Eurogate ist Europas größte Containerterminal- und Logistik-Gruppe, die in den wichtigsten Häfen Europas mitmischt. Es macht Spaß zuzuhören, wenn Bonz durch die großen Fenster des Hafen-Klubs schaut und zu fast allem, was auf dem Wasser schwimmt, etwas zu erzählen weiß.
Doch wie viele Hanseaten hat auch der Marienthaler die Heimat im Herzen, wenn er die Welt bereist. Und auch wenn er sicherlich schon in viele feine Kochtöpfe geschaut hat, kocht er doch am liebsten selbst. Er kennt Hamburgs Märkte, weiß, welcher lohnt, welcher nicht, kennt die Händler seines Vertrauens und kann obendrein so wunderbar von schönen Gerichten erzählen, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft. „Nehmen Sie mal eine große Kasserolle, legen Hühnerbeine hinein, geben reichlich verschiedenes Gemüse wie Zwiebeln und Knoblauch in Stücken dazu, vor allem aber frischen Fenchel, gießen ordentlich Weißwein drauf – und lassen es eine Stunde bei 180 Grad im Ofen schmoren.“ Gute Idee!

Unterdessen zupft Gunther Bonz, ausgestattet mit einer Küchenpinzette von Porru, an winzigen Blättchen von der Kapuzinerkresse, an Erbsensprossen und kleinen blauen Blütchen vom Borretsch und dekoriert nach Anweisung des Chefkochs den Dosenteil mit der feinen, im Vakuum gegarten Goldmakrele. Es werden Tupfen von Avocadocreme gesetzt, hauchdünne Apfelscheibchen sowie marinierte Gurkenröllchen platziert und Petersilienschwamm hinzugegeben. Das sind kleine grüne, luftige Kissen aus einer Mischung, die mit der Syphonflasche aufgeschäumt und dann getrocknet werden. Porru ist offenbar unermüdlich im Er- und Auffinden neuer Techniken und Kombinationen. Und neuer Zutaten: Diesmal hat er Sweet Pepper mitgebracht, die Sprossen der Süßkartoffel, zarte, gelbgrüne Blättchen mit rotem Rand und bittersüßem Geschmack.
„Es macht mir wirklich großen Spaß, in meiner Küche immer etwas Neues ausprobieren und kreativ sein zu können“, sagt Porru freimütig. „Wenn man bedenkt, wie wir da mal angefangen haben! Auf engem Raum haben wir Currywurst und Rinderbraten hergestellt. Jetzt habe ich deutlich mehr Platz, mehr Mitarbeiter und bin mit meiner Truppe total zufrieden. Dass wir uns immer weiterentwickeln, scheint sich auch bei den Kollegen herumzusprechen. So haben wir Mattias Roock mit einem und Karlheinz Hauser vom Süllberg mit zwei Sternen im Michelin als Gastköche gewinnen können.“
Gunther Bonz schwelgt. Er kann übers Essen reden. Und das mit dem Blick auf den Hafen, den er vermutlich so gut kennt wie keiner. Stets hat er sich für ihn in die Bresche geworfen, für die Elbvertiefung gekämpft, für die Erweiterung von Airbus. Ökologie sei wichtig, hat er stets betont, aber sie dürfe die Wirtschaft nicht zum Erliegen bringen. Dass er und die Grünen sich auf diesen Gebieten nicht immer grün sind, ist kein Geheimnis. Dass sein Job anstrengend ist, dürfte nachvollziehbar sein. „Da ist Kochen für mich die schönste Entspannung!“
Dazu gebracht hat ihn ein Schwager, ein Italiener aus dem Norden von Florenz. „Wir gehen zusammen einkaufen, auf einen Markt, ohne Zettel. Wir schauen mal, was es Schönes gibt.“ Er hat einen „Gurkenmann“ und einen bestimmten Apfelbauern aus dem Alten Land („Mit ihm muss ich über die Elbvertiefung diskutieren“) und einen Wildhändler aus Mecklenburg-Vorpommern, der selber jagt. „Aber zweimal im Jahr schlachtet er eins seiner Rinder und lässt es wunderbar abhängen. Das ist schon eine extreme Qualität.“ Am Ende der Einkaufstour, die an einem bestimmten Kaffeestand abschließt, wird vielleicht Pasta selbst gemacht, natürlich ebenso die Soße, die dazu gehört. „Das A und O!“ Vielleicht gibt es Trüffel darüber und noch einen köstlichen Käse zum Abschluss.
„Im Urlaub koche ich immer. Meine Frau Claudia und ich fahren gern nach Frankreich, irgendwo in ein Dorf mitten in der Camargue, wo kaum Touristen hinfinden. Wir versorgen uns selbst und finden es herrlich. Inzwischen bin ich richtig ein bisschen frankophil geworden.“ Das klingt wie eine kleine Entschuldigung, sind Hanseaten doch eher der Anglophilie verdächtig. „Aber Hamburg hat durch seine Einwohner aus aller Herren Länder kulinarisch so viel Interessantes zu bieten! Durch unseren Sohn sind wir auch an die indische und die Thai-Küche herangeführt worden. Es gibt da übrigens einen Chinesen, ganz tief im Gewerbegebiet des Hafens, findet man kaum, der kocht authentische Küche wie kaum jemand hier. Da gehen seine Landsleute in Scharen hin.“ Bonz kennt sich wirklich aus in seiner Stadt.
Zum Schluss verrät er noch sein Rezept für das ultimative Rührei: Eiweiß und Dotter trennen, Eiweiß in die gebutterte Pfanne geben, würzen, kräftig durchrühren, dann das Gelb obendrauf, weiter rühren, bis die Masse steif ist. „Schmeckt viel intensiver“, verrät der Feinschmecker. Bleibt nur die Frage: Wieso ist der Mann so dünn?

 

Gunther Bonz
Der 62-jährige Verwaltungsjurist war mehr als 20 Jahre in unterschiedlichen Positionen der Hamburger Wirtschaftsbehörde tätig. Von 2004 bis 2008 hatte er als parteiloser Staatsrat der Behörde maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Hafens. Im Juni 2009 wurde der anerkannte Hafenexperte zum Generalbevollmächtigten der Eurogate-Holding, Europas größter Reederei-unabhängigen Containerterminal- und Logistikgruppe, berufen. Zudem ist Bonz Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg und leitet als Präsident die Geschicke der FEPORT (Federation of European Private Port Operators), in der sich rund 1000 europäische Hafenbetreiber zusammengeschlossen haben.

 

 

Text: Gisela Reiners Foto: Martina van Kann