„Alles hat seine Zeit. Ich bin keiner, der aufgeregt ist. Ich habe den Krieg erlebt und überlebt, bin belastbar.“
Viele Hamburger und Besucher der Stadt kennen Dieter Bruhn, alias Aale Dieter, vom Fischmarkt am Hafen. Inzwischen ist der Fischverkäufer, Entertainer, Sänger und Autor eines Kinderbuches 85 Jahre alt. Doch aufzuhören ist für den Ur-Hamburger keine Option.
„Ich habe immer danach gelebt, wer rastet, der rostet. Mein Kurzzeitgedächtnis lässt zwar nach und das ein oder andere Wehwehchen hat man auch, aber ich bin gesund und deshalb stehe ich wie schon seit fast 66 Jahren jeden Sonntag auf dem Fischmarkt. Viele denken sich: „Jetzt bin ich Rentner, habe endlich meine Ruhe.“ Und nach sechs, sieben Jahren sind sie tot. Das mache ich anders. Ich gehe trotz meiner 85 Jahre einmal in der Woche ins Fitnessstudio und stemme Gewichte – meist morgens gegen 6.30 Uhr. Das ist meine Routine. Ich bin Frühaufsteher, komme mit drei Stunden Schlaf aus. Sonntags bin ich ab 03.30 Uhr auf dem Fischmarkt. Inzwischen hilft mir mein Sohn allerdings beim Aufbau.
Auf andere Märkte in Deutschland fahre ich nicht mehr. Nur zu besonderen Events, wie zuletzt „75 Jahre Bundesrat“ in Bonn, da komme ich gern, wenn ich gefragt werde. Aber solche Originale wie ich oder der Bananen-Fred, die sterben aus. Alles hat seine Zeit. Ich bin keiner, der aufgeregt ist. Ich habe den Krieg erlebt und überlebt, bin belastbar und dankbar für meine gute Verfassung. Ein Verkäufer mit Unterhaltungswert, der in Talkshows war, gesungen hat und früher ein erfolgreicher Trabrennfahrer war. Dadurch kenne ich viele berühmte Menschen, Politiker, wie unsere Kanzlerin, aber auch Schauspieler wie Harald Juhnke oder Günter Strack, die inzwischen verstorben sind.
Aber jetzt kommt erst einmal Weihnachten. Ich bin der Koch bei uns, es gibt Hausmannkost wie bei Muttern gelernt. Traditionell mache ich Heiligabend eine Barbarieente mit Rotkohl und Kartoffeln für mich, meine Frau mag lieber Klöße dazu. Danach machen wir es uns mit dem Tannenbaum gemütlich. Meine beiden Töchter mit ihren Familien sehen wir an den Feiertagen. Anfang des Jahres fliege ich, wie schon seit zwölf Jahren nach Madeira in den Urlaub. Dort ist es wunderschön, und wir kennen viele Leute. Auf dem Fischmarkt ist um diese Zeit ja nicht viel los. Leider kommt meine Frau nicht mit. Sie mag nicht mehr fliegen. Danach geht es wieder auf den Fischmarkt. So wie immer.