Wer nicht nur alles über Bier wissen, sondern auch selbst einmal brauen möchte, dem sei ein Besuch in der HOLSTEN BRAUWELT empfohlen.

Theorie und Praxis: Bei den Seminaren erklärt Diplom-Braumeister Rüdiger Weck, wie das Bier entsteht. Danach können die Teilnehmer ihr eigenes Bier brauen – und anschließend in der gemütlichen Gaststube verkosten.

Die Welt von Rüdiger Weck liegt versteckt, ganz am Ende eines langen Flures und verborgen hinter einer schweren Tür. Fast ein wenig überraschend stehen dort gemütliche Lederstühle an massiven Holztischen und aus großen Industrielampen kommt weiches Licht.

Der 41-Jährige ist Chef der Holsten Brauwelt. Und dass er sich tatsächlich keinen schöneren Job vorstellen kann, als genau hier Braumeister zu sein, merkt jeder, der sein Reich betritt, um sich in die Bierkunst einweihen zu lassen.

„Unsere Seminare werden nicht nur von Hamburgern besucht, sondern auch von Menschen aus Österreich, Dänemark oder Holland“, sagt Weck, der nach dem Abitur eine Ausbildung in einer Gasthausbrauerei absolviert und anschließend 1999 in Berlin auch noch ein Studium zum Diplom-Braumeister abgeschlossen hat. Nicht bloß, weil er dasselbe Lieblingsgetränk hat wie Millionen andere Deutsche auch, sondern vor allem deshalb, weil er sich seit Schulzeiten für Naturwissenschaften interessiert. Nicht verwunderlich, dass sein Allerheiligstes also nicht der gemütliche Gastraum ist, in dem der Fachmann Bierkennern (4-Stunden-Seminar für 35 Euro pro Person) und Bierexperten (8-Stunden-Seminar für 85 Euro pro Person) Grundlegendes übers Brauen erklärt und Verkostungen durchführt.

Sein eigentliches Reich ist der Laborbereich dahinter, ein schmuckloser Raum mit Lager- und Gärtanks, mit der Maisch- und der Sudpfanne. Dort erklärt er routiniert, wie in einem komplexen Zusammenspiel aus geschrotetem Malz und Hopfen ein frisches Pils wird, ein gehaltvolles Weizen oder ein starkes Bockbier. Und seine Augen leuchten ein bisschen, wenn er aus einem Dutzend verschiedener Sorten ein paar Malze auswählt, um die Besucher an Körnern schnuppern zu lassen, sie zum Kosten aufzufordern. „Das eine Malz hat süße Aromen, das nächste erinnert vielleicht an Bitterschokolade. Je nach Mischung bestimmt man den Grundcharakter eines Bieres und legt fest, ob es heller oder dunkler ist.“ Der Braumeister freut sich, wenn ein Gast an einer der vielen Hopfensorten zuerst den Duft von Honigmelone wahrnimmt und diesen später auch im Geschmack eines Bieres erkennt. Wenn er Cassis herausschmeckt oder Banane. „Es gibt kein richtig oder falsch. Was ein Mensch riecht und schmeckt, hat auch viel mit Erinnerungen zu tun.“

Bierenthusiasten, die einen ganzen Tag bleiben, dürfen sogar eine eigene Sorte erfinden. „übrigens sind die Seminarteilnehmer bei Weitem nicht nur Männer, das Verhältnis ist fast ausgeglichen“, sagt Rüdiger Weck, nach dessen Meinung es auch kein typisches „Frauenbier“ gibt. Und wenn aus der Runde einmal mehr der Wunsch kommt, ein Pils zu kreieren, dann ermutigt er seine Gäste, ein wenig mehr zu spielen. Mit der Farbe, den Aromen, dem Alkoholgehalt. Maximal dreimal pro Woche gibt der gebürtige Oldenburger seine „One-Man-Show“, wie er es selbst nennt. Ansonsten ist die Brauwelt auch der Ort, an dem er selbst an neuen Rezepturen etwa für spezielle Sondereditionen tüftelt – auch auf dem traditionellen Biermarkt gibt es schließlich Modeerscheinungen.

„Tatsächlich wechseln sich bestimmte Trends immer schneller ab. Waren Mischgetränke zuletzt besonders beliebt, sind jetzt sogenannte Craft-Biere im Kommen.“ Alte Sorten wie das bittere India Pale Ale würden wieder modern, das Handwerkliche stünde zunehmend im Vordergrund. Genau das Ding des Bierkenners, der sich auch im gehobenen Restaurant nicht zu fragen scheut, welches Bier denn zur Speise zu empfehlen sei. „Ich würde mir wünschen, dass man in guten Restaurants nicht nur über die Herkunft des Weins, sondern auch über die der Biere aufgeklärt wird.“

Wen Rüdiger Weck zum Bier-Experten ausgebildet hat, der weiß jedenfalls ganz gewiss, wo sein Lieblingsgetränk herkommt. Denn vier bis sechs Wochen später bekommt er ein Paket aus der Brauwelt zugeschickt. Darin enthalten: Das eigene Bier mit auf Wunsch persönlich gestaltetem Etikett. Dass der Fachmann für wohlschmeckende Inhalte manchmal auch Spaß an „Äußerlichkeiten“ hat, zeigt sich Besuchern übrigens bei einer Führung über das Holsten-Gelände. Das „Oufit“ der beiden fast legendären Palettierroboter Uwe und Stani, der eine in HSV-, der andere in St. Pauli-Farben, hat sich nämlich der junge Braumeister ausgedacht.

 

Text: Alexandra Maschewski

Alexandra Maschewski kennt sich aus mit den schönen Dingen des Lebens. Ihre Reportagen zu den Themen Food, Design und Mode erscheinen in der Welt am Sonntag und im Hamburger Abendblatt.