Interview mit Frank König, Geschäftsführer der Illies Engineering India und ehrenamtlicher Hamburg Ambassador in Indien.

club!: Das Unternehmen Illies, ein vor rund 150 Jahren in Asien gegründetes Handelshaus, vertreibt in Indien „erklärungsbedürftige Investionsgüter“, wie es im Firmenporträt so schön heißt. Es geht um Anlagen in der Agrar-, Textil-, Baustoff-, Pharma- oder Luftfahrtindustrie. Wie hat sich Ihre Niederlassung in Mumbai entwickelt?
Frank König: Seit 2008 hat sich die Zahl unserer Mitarbeiter auf fast 40 knapp verdoppelt. Neben Mumbai haben wir Büros in Delhi und Chennai eröffnet, sind aber an insgesamt acht Standorten in Indien vertreten. In einem Land dieser Größe mit vielen verschiedenen Sprachen und Mentalitäten und Gepflogenheiten ist es wichtig, lokal gut aufgestellt zu sein. Die Finanzkrise 2008/2009 hat Indien zwar auch getroffen, aber in geringerem Ausmaß als andere Länder.

Wo liegt Indiens größtes Potenzial? Wird der neue Premierminister Narendra Modi hilfreich sein? Was sollte sich ändern?
Das wirtschaftliche Potenzial ist in so gut wie allen Bereichen enorm. Vor allem beim Ausbau der Infrastruktur, Energiewirtschaft, des Gesundheitswesens, des Tourismus und der Lebensmittelverarbeitung gibt es große Chancen. Modi hat, so weit ich das beurteilen kann, bisher alles richtig gemacht. Seine Pläne zum Abbau der Bürokratie, zum Ausbau der Industrieproduktion und zur Erleichterung von Investitionen sind begrüßenswert. Es wird Modis Aufgabe sein, die Menschen davon zu überzeugen, dass er nur Voraussetzungen schaffen kann, jeder einzelne aber am Erreichen seiner Ziele mitarbeiten muss. Das wäre eine große gesellschaftliche Veränderung. Viele Menschen hier sind passiv, erwarten von der Regierung, dass sie alles für die Menschen regelt.

Warum ist der Abbau von Bürokratie so wichtig?
Sie ist ein enormer Hemmschuh der wirtschaftlichen Entwicklung, macht alles unsäglich kompliziert. Modi will sie bekämpfen. Hier ist Verbesserung dringend nötig. Es wird schon mehr und mehr online gearbeitet. Das macht die Vorgänge nicht unbedingt schneller, aber die Korruption nimmt ab. Veränderungen brauchen Zeit. Die Planung war in Indien noch nie das Problem, nur die Umsetzung. Es bleibt dabei: Indien ist kein Markt, den ein Investor nebenbei erobern kann. Man braucht Zeit, Geduld und ausreichende Managementkapazität.

Ihre Frau hat als erste ausländische Studentin an der JJ School of Arts, der ältesten und besten Kunsthochschule Indiens, ihren Master of Fine Arts mit Auszeichnung gemacht. Gibt es Berührungspunkte der Kunstszenen in Mumbai und Hamburg?
Vor meiner Frau kann ich nur den Hut ziehen. Sie hat schon in Hamburg und München studiert. Sie stellt in Indien und in Europa aus. Die hiesige Kunstszene ist jedoch noch sehr auf indische Kunst und Künstler fixiert. Die Berührungspunkte zwischen Mumbai und Hamburg sind sehr begrenzt. Von indischer Seite gibt es ein großes Interesse, das zu ändern. Die Resonanz aus Hamburg ist leider noch sehr zurückhaltend.

Zahlen und Fakten: Wirtschaftsduo Hamburg – Indien
Die Handelsbeziehungen mit Indien haben in Hamburg eine lange Tradition und reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. 1888 wurde die Schifffahrtslinie Hamburg- Kalkutta gegründet, 1952 eröffnete das indische Generalkonsulat in Hamburg. Aufgrund der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung Indiens wurde der Handel in den letzten Jahrzehnten enorm verstärkt. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Hamburger Hafen. Der Umschlag mit dem südasiatischen Staat macht ca. drei Prozent des gesamten Hamburger Hafenumschlags aus. Davon sind 60 Prozent Import und 40 Prozent Export. Etwa 40 indische Unternehmen sind in der Metropolregion Hamburg ansässig. Zu den bekanntesten gehören Tata Consultancy Services, Suzlon Energy Ltd. (Senvion) und mehrere Bekleidungs- und Gewürzimporteure. über 450 Hamburger Unternehmen unterhalten regelmäßige Geschäftsbeziehungen zu Indien und knapp 100 sind mit Vertretungen, Niederlassungen oder Produktionsstätten vor Ort.

Text: Gisela Reiners