Die griechische Küche überzeugt mit mediterraner Leichtigkeit und bietet dennoch herzhafte Geschmackserlebnisse. Octopus, Oliven und Ouzo sind Klassiker, die ihren Reiz nicht verlieren.

Ein Koch unter Göttern und Helden: Fotoshooting mit Nils-Kim Porru in der Antikensammlung der Kunsthalle zu Kiel.

Beim Gespräch über die griechische Küche blickt Chefkoch Nils-Kim Porru versonnen. Es scheint, als würden vor seinem inneren Auge gerade grüne Berghänge vorbeiziehen, an denen kräftige Kräuter wachsen wie Rosmarin, Thymian und Basilikum, die wiederum den Lämmern und Ziegen, die dort grasen, einen besonderen Geschmack verleihen. Vielleicht denkt er auch
an hübsche Fischerorte mit weißen Häusern am Hafen, wo die Schätze des Mittelmeeres von der Sardine bis zum Tintenfisch angelandet werden.

„Die griechische Küche ist sehr bodenständig“, sagt er schließlich. „Fisch ist ein wesentlicher Bestandteil, für Rinder gibt es einfach nicht genug Weiden. Aber Zicklein, Lamm, Huhn und Kaninchen können auch hervorragend verarbeitet werden. Es gibt wunderbare Oliven, feinstes Öl, Schafs- und Ziegenkäse und großartige Kartoffeln. Schließlich ist das Klima mediterran, also gut für schöne Tomaten, Auberginen, Paprika, Gurken und Zucchini. Gemüse, in Öl und Kräutern mariniert, und dann gegrillt. Sehr lecker.“

Das klingt nicht nach der üblichen Moussaka, dem geschichteten Auflauf aus gewürztem Hackfleisch mit käsebestreuter Bechamel-Soße obendrauf, die schon mal ein bisschen matschig
gerät. Oder nach Keftedes, den griechischen Frikadellen, mit Minze, Petersilie und Oregano. Die kommen manchmal sehr fest daher. Auch Stifado ist nicht jedermanns Sache, ein Schmortopf aus Lammfleisch mit Zwiebeln und Zimt. Koch Porru lächelt. Er hat offensichtlich vor, die Zutaten zu nehmen und etwas Besonderes daraus zu machen, wie es vielleicht eine Hausfrau für den Sonntag planen würde – zum Beispiel einen Oktopussalat.

„Ich stelle mir vor, den Octopus in Rotwein zu köcheln. Dann wird er nicht zäh und gummiartig, sondern weich und lecker. Gewürzt wird ein bisschen pikant mit Cayenne-Pfeffer und Limette. Dazu kommen Stückchen von schwarzen Oliven und vom Feta. Den bekommt man auch hier inzwischen in sehr guter Qualität. Statt Petersilie könnte man vielleicht Koriander als
Würze nehmen – das gibt dem Geschmack eine etwas andere Richtung.“

Allmählich kommt der Küchenchef in Fahrt. Man sieht ihm förmlich an, dass er die schönen Aromen von sonnengereiftem Gemüse nachschmeckt. „Statt eines Schmortopfs, der in warmen
Ländern gern gegessen wird, weil Fleisch nicht lange haltbar bleibt, könnte man einen Aufl auf machen aus gegrillten Zucchini und Tomatenscheiben, darauf Feta, mit Öl, Honig,
Oregano und Zitronenabrieb, mariniert und alles im Ofen auf Backpapier gebacken. Dazu geröstetes Maisbrot.“ Wer ihm zuhört, hat jetzt reichlich Wasser im Mund.

Aber es geht weiter: „Ich weiß, dass griechische Köche den Grill lieben. Fisch, Fleisch, Gemüse – alles schmeckt herrlich, wenn es frisch vom Grill kommt. Mir schwebt da ein Lammrücken unter der Nusskruste vor, mit schwarzen Kapern und getrockneten Tomaten, dazu Spalten von Kartoffeln aus der Eisenpfanne. Um doch etwas zu schmoren, nehmen wir eine
Ziegenkeule und reichlich Rotwein, frisches Gemüse wird im Papier gegart. Das bleibt ganz saftig. Auch eine Kaninchenkeule eignet sich zum Schmoren zusammen mit getrockneten Aprikosen, Tomaten und viel Thymian. Dazu gibt es eine dunkle Soße mit Zitronenschale, Salbei und Knoblauch. Als Gemüse stelle ich mir gegrillten grünen Spargel vor. Man kann das Fleisch aber auch in Joghurt einlegen, mit Zitrone, Curry, Paprika und Petersilie aromatisieren und es am Spieß braten.“ Duftet es hier nicht schon köstlich?

Porru hätte da noch etwas beizusteuern: „Eine griechische Grillwurst“, sagt er und lacht. Mit dem Schlachter seines Vertrauens, Michael Wagner aus Eimsbüttel, hat er sich etwas ausgedacht, das es bisher nicht gibt. In die Wurst kommt Fleisch vom Schweinenacken, Ziegenfrischkäse, Feta, Oregano, ein Schlückchen Metaxa (griechischer Weinbrand), Stückchen von schwarzen Oliven und Zitronenabrieb. „Unser Lavasteingrill ist ideal für diese leckere Wurst, eine aufregende Kreation.“ Er lacht. „Daraus könnten die Griechen einen Exportschlager machen. Dann sind sie ihre Finanzprobleme in Nullkommanix los.“ Darauf einen Ouzo. Aber erst nach Porrus Dessert: In Portwein eingelegte frische Feigen, Mandelküchlein und Milcheis mit Honig, Zimt und einem Hauch von Oregano. Aber dann darf es endlich ein Ouzo sein. Jamas!

 

Text: Gisela Reiners      Fotos: Martina van Kann

Gisela Reiners war früher Politik-Chefin bei der Tageszeitung „Die Welt“. Sie schreibt heute als freie Autorin über ihre Leidenschaften Stil, Design und Kulinarik.