Am liebsten möchte GORDON ISLER jedes Jahr ein Menschenleben retten. Der Finanzberater gründete den Verein „Hamburger mit Herz“ und kümmert sich seitdem um gemeinnützige Projekte sowie Einzelschicksale in der ganzen Welt.

Unternehmer mit Herz: Gorden Isler, 30, gründete vor zwei Jahren einen gemeinnützigen Verein, um Menschen zu unterstützen, die in Not geraten sind.

Ein Wort lässt aufhorchen in den Erzählungen von Gorden Isler. „Ich habe in meiner Kindheit sehr viel Güte erfahren“, sagt der 30-jährige Finanzberater und lehnt sich in dem lilafarbenen Sessel zurück. „Das hat in mir gewirkt und da hatte ich die Idee, nicht nur zuzugucken, sondern anzupacken und etwas zu bewirken.“ Es ist ein trüber Morgen in Hamburg, der Business Club hat gerade seine Türen geöffnet. Isler, in dunklem Pulli und dunkler Hose, trinkt einen Schluck Latte Macchiato und lächelt. Es ist das Wort „Güte“, das für einen kurzen Moment stutzig macht. Vielleicht, weil es ein wenig altmodisch klingt. Vielleicht, weil es bei gängigen Geschäftstreffen eher selten zu hören ist – besonders aus dem Mund eines jungen Unternehmers wie Isler. Doch für den gebürtigen Brandenburger ist eben diese Güte jeden Tag brandaktuell.

Vor gut zwei Jahren gründete Isler den gemeinnützigen Verein „Hamburger mit Herz“. Die Idee: Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, Unterstützung zukommen zu lassen. „Bildung und Gesundheit stehen in unserer Satzung“, erklärt er und ergänzt: „Es geht vorrangig um Kinder.“ Eine Besonderheit: Während sich die meisten anderen Organisationen ausschließlich um spezielle Gruppen von Menschen kümmern, widmet sich „Hamburger mit Herz“ auch Einzelschicksalen.

Sein erstes großes Projekt schloss der Verein im vergangenen Jahr erfolgreich ab. An seinem Ende verdankte ein Mädchen aus Äthiopien Isler und seinen Unterstützern sein Leben. Die kleine Tiruye Mulat lief ihnen im Januar 2012 zufällig in die Arme. Isler war mit seiner Lebensgefährtin in dem kleinen Ort Mekerie in Äthiopien unterwegs – einem ärmlichen Dorf, in dem es weder Strom noch fließendes Wasser gab. Ausgestattet mit Foto- und Videokamera wollte das Paar für den „Förderverein der Schule Mekerie e.V.“ die Fortschritte des Projekts dokumentieren und es in Deutschland bekannter machen. Die Verbindung kam durch Islers ehemaligen Biologielehrer zustande, der sich in dem Bergdorf engagierte. „Es war beeindruckend“, erzählt Isler. „Die Menschen haben fast nichts und teilen es noch mit dir.“ Ein Dorfbewohner sagte: „Ich hatte einfach nicht das Glück, in deinem Land geboren zu werden.“ Der Satz brannte sich ein. Isler wollte helfen – und traf Tiruye.

Schwer erkrankt an einer Herzklappenentzündung war sie in ihrem Heimatort dem Tode geweiht. Dies war der Zeitpunkt, an dem Isler beschloss, aktiv zu werden. Er startete eine Spendenaktion, sammelte knapp 25 000 Euro, ließ das Kind nach Deutschland fliegen und in Berlin operieren. Ein großer Erfolg, der mit starker Überzeugungsarbeit und trotz bürokratischer Widrigkeiten hart erkämpft worden war. „Ich dachte, es würde leichter sein, Spenden zu sammeln“, gesteht Isler. Für ihn ist die Aufgabe, anderen zu helfen, seit langem eine Herzenssache.

„Ich hatte schon immer eine Spendenbox auf meinem Schreibtisch“, erzählt er. Aber die allein reichte ihm auf Dauer nicht. Nach dem Abitur verließ er seine Heimat im Osten der Bundesrepublik, ging erst nach Berlin und kam 2003 nach Hamburg. Eine Zeit lang arbeitete er im Vertrieb eines großen Unternehmens bis er 2006 die Firma Fairvendo gründete.

Nach der gelungenen Operation von Tiruye sind die „Hamburger mit Herz“ bereits dabei, das nächste Leben zu retten – das von Irina aus der Ukraine. Die 21-Jährige leidet seit ihrer Geburt an Neuromuskulärer Skoliose, wiegt lediglich 27 Kilogramm und braucht ebenfalls eine lebenswichtige Operation. Kosten: 34 000 Euro, die Isler nun aufbringen will. „Unser Prinzip ist es, mit Veranstaltungen und Events Spenden zu sammeln“, erklärt er. Im November fand im Business Club ein Benefiz-Skat-Turnier unter der Schirmherrschaft der ISPA-World, dem Weltverband der Skatspieler, statt. Dessen Präsident, Rainer Grunert, hatte die besten Karten. Nach dem Sieg versteigerte Grunert seinen Pokal. Er ging für 150 Euro an den Unternehmer Bernd Wolfgang Steuten. Mit dabei waren zudem der Deutsche Skatmeister Kai Witt sowie einige Bundesligaspieler und Gäste. Am Ende kamen 12 100 Euro für den guten Zweck zusammen. „Ein toller Erfolg“, freut sich Isler, der bereits weitere Aktionen plant. Am 23. März veranstaltet „Hamburger mit Herz“ ein Indoor-Soccer-Event. Eintrittsgelder und Anmeldegebühren wandern zu 100 Prozent als Spende in den Topf. Ein Vorteil von Islers Verein: Es fallen nahezu keine Verwaltungskosten an. „Wir arbeiten mit Partnern zusammen, die statt Geld ihre Dienstleistung spenden“, erklärt er. Ob Flyer-Druck, Portogebühren oder Steuerberatung – überall helfen Geschäftspartner und Bekannte ehrenamtlich bei den Projekten.

Die Erfahrungen in Äthiopien haben Isler auch persönlich geprägt. „Es ist schon komisch, wenn man in einem Auto fährt, das so viel kostet wie eine Schule für 6000 Kinder in Afrika“, sagt er. „Man sollte sich vielleicht bei großen Anschaffungen öfter fragen, ob das jetzt wirklich sein muss.“ Er selbst düst nun in einem „kleinen Peugeot“ zu Terminen und Veranstaltungen. Beim Skat-Event im Business Club war Tiruye als Ehrengast dabei. Im November soll eine zweite Auflage folgen. Der Plan ist, dann die operierte Irina einzuladen. Auch langfristig hat Isler eine Vision. „Ich wünsche mir, dass uns irgendwann jeder in Hamburg kennt“, erzählt er. Und: „Wenn ich 60 bin, sagen zu können, ich habe 30 Kinder gerettet – das wäre toll.“ Daher wird er weiterhin so viel Zeit und Geld wie möglich in seine Projekte investieren – an deren Ende immer ein Menschenleben steht.

Text: Nina Schwarz Foto: Martina van Kann